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Erwacht

Erwacht

Titel: Erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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wegzugehen. Aber irgendwie schaffte ich es. Ich verließ den Mann, von dem ich mich früher niemals freiwillig abgewandt hätte, und ließ ihn dort im nassen Gras knien.

KAPITEL NEUNZEHN
    »Doch war er eifersüchtig – ganz für sich; Denn Eifersucht ist ungern öffentlich.«
    LORD BYRON
     
    I ch wachte auf und bemerkte, dass Phoenix am Fußende meines Bettes saß. Ihn dort zu sehen, uneingeladen und in so privater Umgebung, hätte mich mehr stören sollen, als es tatsächlich tat. Anstatt verärgert zu sein, war ich ganz ruhig.
    »Beeinflusst du mich?«, fragte ich und räusperte mich zwischen den Worten.
    »Nein.«
    Ich war mir nicht sicher, ob das die ganze Wahrheit war. Er strich mit der Hand meinen Bettbezug glatt, nur um ihn dann mit der geballten Faust wieder durcheinanderzubringen. Er schmollte.
    »Tut mir leid wegen gestern Abend«, sagte ich, während ich mir das Gesicht rieb, um aufzuwachen. Danach waren meine Hände voller Wimperntusche, was mich auf die Tatsache aufmerksam machte, dass ich jetzt Panda-Augen hatte. Als ich gestern Abend, oder vielmehr heute Morgen, nach Hause gekommen war, hatte ich mir nicht die Mühe gemacht, mein Gesicht zu waschen.
    Er reagierte nicht. Er schaute mich einfach nur an. Ich war mir sicher, dass er meine Gefühle las. » Du warst doch derjenige, der gesagt hat, dass ich mit ihm reden soll«, sagte ich, während ich nach einem Papiertaschentuch griff.
    »Reden?« Er zog eine Augenbraue nach oben.
    Ich konnte nicht verhindern, dass ich rot wurde, als mir der Kuss von letzter Nacht wieder in den Sinn kam. Rasch machte ich mich daran, meine Augen abzutupfen, wobei ich mich hinter dem Taschentuch versteckte.
    »Keiner fühlt sich so schuldig wegen einer Unterhaltung«, sagte er ruhig.
    Ich tat, als hätte ich ihn nicht gehört, und beschäftigte mich weiterhin mit der äußerst hartnäckigen Wimperntusche.
    »Ich kann deine Erinnerungen lesen, Violet!«Er schlug mit der Hand auf die Matratze, und das ganze Bett begann zu hüpfen – und ich mit ihm. »Es wurden nicht nur Worte ausgetauscht.«
    Er stand auf, ging hinüber zu meinem Bücherregal und tat so, als würde er die Titel durchgehen. »Und die Reue, die du empfindest, bezieht sich nicht darauf, was du getan hast.«
    Ich versuchte, an nichts zu denken, versuchte, meine Gefühle unter Kontrolle zu bekommen und ihn auszusperren. Er funkelte mich an, total sauer.
    »Hör mal, Phoenix, wenn du mich schon durchschauen willst, dann solltest du wenigstens die Tatsachen auf die Reihe kriegen.«
    Er sah verwirrt aus. Ich setzte mich im Bett auf und mir wurde plötzlich bewusst, dass ich ein König-der-Löwen -T-Shirt trug und meine Haare vermutlich aussahen wie ein Vogelnest.
    »Es gab einen …« Ich wusste nicht, wie ich beschreiben sollte, was ich gesehen hatte. Den Gedanken an diese Leute, die mit herausgerissenen Eingeweiden da lagen. Den Mann, der mehr als leblos, der vollkommen verloren war. Allein die Erinnerung daran verursachte mir Übelkeit. Ich schlang den Arm um ein Kissen und zog es dicht an meinen Körper.
    »Grigori sind umgebracht worden. Als ich die Leichen sah, dachte ich … Es war … unerträglich. Ich hatte es nicht unter Kontrolle. Ich war verzweifelt und musste einen Weg finden, die Sinneswahrnehmungen zu stoppen. Deshalb …«
    » …setztest du deine Gefühle für Lincoln ein?«
    Beschämt schaute ich zu Boden. »Ja.«
    »Und es hat funktioniert?«, bohrte er weiter.
    »Ja.«
    Echter Zorn stand Phoenix ins Gesicht geschrieben. Ich schob mich im Bett nach hinten, bis ich an die Wand stieß. Ich zitterte, aber ich hielt seinem Blick stand.
    Nach ein paar Minuten ging er zur Tür. »Geh duschen, zieh dich an. Ich mache Kaffee.« Seine Stimme klang distanziert.
    Ich legte mich wieder hin und zog mir die Bettdecke über den Kopf. Ich wusste nicht, ob ich erleichtert oder noch besorgter sein sollte.
    Ich durchstöberte mein Zimmer auf der Suche nach sauberen Klamotten – etwas, das gerade viel zu sehr zur Gewohnheit wurde. Ganz normale Dinge wie Wäsche waschen schienen zurzeit einfach so unwichtig. Ich zog mir eine alte Jeans über, die um die Taille herum schlabberte. Ich trug sie nur selten, weil ich sie dauernd hochziehen musste. Außerdem herrschten draußen etwa dreißig Grad. Ich wusste, dass ich darin schwitzen würde, aber sonst hatte ich nichts, was als sauber durchgehen konnte. Während ich auf der Suche nach einem Gürtel auf allen Vieren herumkroch, stach mir das Kästchen meiner Mutter ins

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