Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erwacht

Erwacht

Titel: Erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
Vom Netzwerk:
… Glückseligkeit.
    Ich packte mein T-Shirt, um es für ihn auszuziehen. Er griff nach meinen Händen, hielt sie an meinen Seiten nach unten. Ich spürte, wie er zitterte, als er um Selbstbeherrschung rang. Er stieß ein tiefes Brummen aus und holte dann herausfordernd Luft; ich fühlte, wie die Gefühle davonglitten. Er zog die Barrieren zwischen uns hoch. All meine anderen Gefühle – Schuld, Gehemmtheit – strömten zurück. Es war übel, wieder auf dem Boden aufzuschlagen. Ein großer Teil von mir wollte, dass er den Hahn noch einmal aufdrehte und mich zur Glückseligkeit zurückbrachte. Aber da war noch dieser andere Teil.
    »Was hast du mit mir gemacht?« Ich hatte meine Atmung nicht unter Kontrolle.
    Er ließ sich einen Moment Zeit, hob sein T-Shirt auf und wandte sich um, während er es überstreifte und nach unten über seine Hose zog. Ich errötete, als er sich zu mir umwandte.
    »Das sind nicht alles nur meine Gefühle, weißt du?«
    »Das tut nichts zur Sache! Du hast mir die Kontrolle genommen.«
    Ich machte mich daran, noch einen Kaffee zu kochen, wobei ich versuchte, ihn nicht anzuschauen. In dem Moment, in dem ich nach der sauberen Tasse griff, schleuderte ich sie fast unwillkürlich quer durch die Küche. Die weiße Keramik zerschellte in winzige Scherben, die über die Bodenbretter tanzten.
    Er war überrascht, wandte den Blick aber nicht ab. Er beobachtete mich weiter, sah mich mit seinen dunklen Augen durchdringend an. »Ich weiß, dass du es genossen hast«, sagte er in dem verführerischen Tonfall, der mir schon vertraut war.
    »Das ist nicht der Punkt – ich konnte dich nicht aufhalten!« Bevor er noch den Mund aufmachen konnte, fügte ich hinzu: »Es spielt keine Rolle, was du zu wissen glaubst, Phoenix. Du weißt nicht alles über mich!«
    Ich nahm Kehrschaufel und Besen aus dem Schrank und begann, die Scherben zusammenzukehren.
    Phoenix machte keine Anstalten, mir zu helfen. Ich glaube nicht, dass ihm das überhaupt einfallen würde. Er nahm einen Apfel aus der Obstschale und rollte ihn zwischen den Fingern hin und her, während er mich beobachtete.
    »Ich würde dich nicht vor die Wahl stellen, ob du geküsst werden willst, und dann zulassen, dass es zu mehr kommt, als abgemacht war. Das wäre …«
    »Schlecht?«, half ich aus, als er nach dem richtigen Wort suchte. Er verstand es einfach nicht, merkte nicht, wie wichtig es für mich war, alles unter Kontrolle zu haben. Nur eine Person hatte es je wirklich verstanden.
    Er lächelte. »Violet, ich sage das nicht gern, aber schlecht ?« Er zog die Augenbrauen nach oben. »Schlecht kann ziemlich viel Spaß machen. Nein, das Wort nach dem ich gesucht hatte, war … geschummelt.«
    Ich wurde rot und fühlte mich plötzlich sehr jung und unerfahren. »Tu es einfach nie wieder.«

KAPITEL ZWANZIG
    »Denn von heute an in sieben Tagen will ich regnen lassen auf Erden vierzig Tage und vierzig Nächte und vertilgen von dem Erdboden alles Lebendige, das ich gemacht habe.«
    GENESIS 7, 4
     
    I ch verkroch mich in meinem Atelier. Es war der einzige Ort, an den mir Phoenix nicht folgen würde. Nach unserem katastrophalen Kuss – oder eher meiner katastrophalen Reaktion darauf – erwartete ich, dass er selbst den Weg hinaus fand. Deshalb war ich überrascht, ihn noch immer im Wohnzimmer vorzufinden, als ich eine Weile später wieder auftauchte.
    Ich hatte nicht das Herz oder die Energie, ihm zu sagen, dass er gehen sollte, also ignorierte ich ihn einfach. Ich hätte wirklich lernen müssen – in einer Woche, wenn die Schule wieder anfing, begannen auch die Prüfungen und ich hatte noch kaum ein Buch in der Hand gehabt. Letztendlich siegte jedoch mein übermächtiges Bedürfnis, mit einem weichen Kissen und einer flauschigen Decke auf die Couch zu kriechen, fernzusehen und dabei Salz-und-Essig-Chips in mich hineinzustopfen. Die Tatsache, dass Lincoln nicht bei mir war, wirkte sich ganz schlecht auf meine Ernährung aus – mal ganz abgesehen von allem anderen.
    Kaum hatte ich die Fernbedienung in die Hand genommen, als mich Phoenix bat, ihm die Mordszene der vergangenen Nacht genau zu schildern. Am liebsten hätte ich ihm einfach gesagt, dass er weggehen sollte. Ich war ganz und gar nicht beeindruckt davon, wie seine »Vertrau mir«-Masche geendet hatte, aber ich merkte, dass ich mich allmählich beruhigte. Dann wurde mir bewusst, dass dafür wahrscheinlich Phoenix verantwortlich war. Ich gab ein frustriertes Geräusch von mir und vergrub meinen

Weitere Kostenlose Bücher