Erwählte der Ewigkeit (German Edition)
verzog keine Miene, als Dragos sie anstarrte. Wenn sie auch nur das kleinste Anzeichen von Furcht gezeigt hätte, hätte er seinen Killern befohlen, sie auf der Stelle zu töten. Aber sie sah ihm ohne einen Funken Schuldbewusstsein oder Angst in die Augen.
Nein, der Blick, den sie ihm zuwarf, war ruhig und unbeeindruckt. Sie hatte etwas Faszinierendes, schwer Fassbares an sich, das ihn extrem neugierig auf sie machte. Er konnte sich eine Menge amüsante Arten vorstellen, die schöne Tavia Fairchild zu studieren.
»Mein Lakai sagte mir, du wärst auf die Toilette gegangen.«
»Ihr Lakai ist ein Langweiler. Ich hatte es satt, zu warten, bis Sie Ihre Besprechung beendet haben, also habe ich mich etwas umgesehen.« Ihr Mund kräuselte sich zu einem kühlen, selbstbewussten Lächeln, das direkt in seinen Schwanz schoss.
»Ihre Operation hier ist beeindruckend. Ich hoffe, Sie nehmen mir meine Neugier nicht übel.«
Er war nicht sicher, ob es so war, aber so, wie sie ihn jetzt ansah – teils willige Verführerin, teils angeleintes Raubtier – , fiel es ihm leicht, ihr zu vergeben. Außerdem war er zu euphorisch, um sich etwas daraus zu machen, ob sie ihm etwas vorspielte oder nicht. Alles, wofür er gearbeitet hatte, kam nun in einer wunderbar blutigen Gewaltorgie zusammen, genau nach Plan.
»Wie hat dir das Spektakel heute gefallen?«, fragte er und beobachtete ihre Reaktion genau.
»Unglaublich«, antwortete sie tonlos. Aber jetzt kam sie näher, ihre klaren, kühlen grünen Augen waren zielstrebig auf ihn gerichtet. »So viel Blutvergießen zu sehen – « Sie erschauerte ein wenig, und als sie ihn wieder ansah, tanzten bernsteinfarbene Funken in ihren Augen. »Das macht etwas mit mir, diese Art von Macht zu sehen. Ihr so nahe zu sein, löst in mir Gefühle aus, die ich gar nicht erklären kann.«
Ein beifälliges Knurren stieg ihm die Kehle hoch. »Es turnt dich an.«
Er verstand diese Reaktion. Und es überraschte ihn nicht, dass diese Frau sie zugab. Sie war Gen Eins, ihre Raubtiergene fast rein. Sie stammte von derselben außerirdischen Linie ab wie er selbst; der Älteste, aus dessen DNA er sie gezüchtet hatte, war der Gleiche gewesen, der vor Jahrhunderten seinen eigenen Gen-Eins-Vater gezeugt hatte. Tavia Fairchild und er teilten dieselben außerirdischen Gene; der Gedanke, dass sie vielleicht auch etwas von seinen dunklen Instinkten und Begierden teilte, war so verführerisch, dass er kaum erwarten konnte, es näher zu erkunden.
»Ich hatte gehofft, Sie würden mir mehr zeigen«, sagte sie und sah dann zu den vier Killern hinüber, die ihn flankierten, als könnte sie kaum erwarten, diese Ärgernisse loszuwerden. »Unter vier Augen, meine ich.«
Dragos war nicht fast siebenhundert Jahre alt geworden, weil er ein Narr war. Genauso wenig traf er normalerweise Entscheidungen mit dem Schwanz. Ein berechnender Teil von ihm wusste, dass, wenn er jetzt in seinen Kontrollraum hinunterging, er seinen Techniker-Lakaien tot und eine Sicherheitslücke in seinem Computersystem vorfinden würde.
Er wusste auch, dass Tavias Gefangenschaft bei Sterling Chase und dem Orden vermutlich nicht so erzwungen gewesen war, wie sie ihm weismachen wollte. Aber der Orden war für ihn nicht mehr von Belang. Seine Pläne waren schon zu weit gediehen, um noch aufgehalten zu werden, und Lucans Krieger waren vollauf mit dem Chaos beschäftigt, in das er mehrere Teile der Welt gestürzt hatte.
Tavia wollte ihm vormachen, dass sie gar nicht erwarten konnte, mit ihm ins Bett zu gehen. Er sah keinen Grund, sie zu enttäuschen. Er würde sie noch durchficken, bis sie blutete und um Gnade wimmerte, aber erst, sobald sein Aufstieg zur Macht erfolgreich abgeschlossen war.
Er streckte die Hand aus und streichelte ihre samtige Wange. »Ich werde dir noch viele Dinge zeigen, Tavia. Vom Augenblick an, wenn ich der Herr und Meister jedes Lebewesens auf diesem Planeten bin.« Er weidete sich an der Unsicherheit, die in ihren Augen aufflackerte.
»Wir brechen jetzt nach Washington, D. C. auf. Wenn du meine Königin sein willst, sollst du bei mir sein, wenn ich die Krone ergreife.«
Im Vergleich zur Situation in D. C. waren die Angriffe in Boston und New York City ein Kinderspiel gewesen.
Rogues überfluteten die Straßen der Innenstadt und der Außenviertel aus allen Richtungen. Die Opferzahlen waren hoch, die Kollateralschäden unermesslich. Um den Ansturm Dutzender ausgehungerter Vampire in diesem dicht besiedelten Gebiet zu bekämpfen,
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