Erwählte der Ewigkeit (German Edition)
Augenlider einen Spalt und spähte nach dem Pfleger. Er hatte sich abgewandt und packte gerade das dünne durchsichtige Schlauchende eines kleinen Infusionsbeutels aus. Er war ein ziemlicher Brocken, wie seine Stimme schon hatte vermuten lassen – groß und kräftig gebaut, und unter seinem himmelblauen Kittel wölbten sich massige Schultern.
»Also, Mr Chase. Hab hier einen feinen Schlaftrunk für Sie.« Er hängte den Beutel an einen der Infusionsständer neben dem Bett und beugte sich über Chase, um seinen linken Arm zu heben und das Schlauchende in die bereits gelegte Kanüle zu stecken. »Ich verspreche Ihnen, das ist verdammt guter Stoff … «
Chases Augen waren jetzt ganz geöffnet.
»Himmelherrgott!« Der Mann zuckte erschrocken zusammen und versuchte, vom Bett zurückzuspringen.
Weit kam er nicht. Blitzartig packte Chase ihn um den Nacken und zog ihn zu sich herunter. Mit letzten Kräften, aber es reichte aus.
Die Bettdecke auf seiner Brust dämpfte die heiseren Schreie des Mannes, und Chase schlug ihm die Fänge in den Hals.
Er trank hastig und in tiefen Zügen. Das kupfrige Blut strömte auf seine ausgedörrte Zunge wie Feuer, entzündete die ausgelaugten Zellen seines Körpers und befeuerte seine Sinne. Schlagartig durchströmten ihn Stärke und Macht – genau das war es, was die Sache so suchtgefährdend machte. Daran durfte er jetzt nicht denken. Jetzt zählte nur eines: hier schleunigst rauszukommen.
Die Versuchung, sich den Bauch vollzuschlagen, war so überwältigend wie für jeden Junkie, aber sobald Chase spürte, dass seine Kraft wieder auf ihrem Höhepunkt war, fuhr er mit der Zunge über die Bisswunden und verschloss sie. Der Mann war jetzt völlig schlaff, benommen vom Blutverlust. Um auf der sicheren Seite zu sein, legte Chase ihm die Handfläche auf die Stirn und versetzte ihn in einen tiefen Dämmerschlaf. Mit dem freien Arm schob Chase den schweren Körper von sich herunter und öffnete die Handschelle an seinem anderen Handgelenk mit einer Kombination aus mentalem Befehl und seinen übernatürlichen Kräften.
Nackt bis auf seine vielen Verbände setzte Chase sich auf und begann, sich die Schläuche und Kabel aus den Armen zu ziehen, befreite sich aus dem Gewirr der medizinischen Apparate und machte sich dann schnell daran, dem Pfleger den blauen Kittel auszuziehen. Er zog ihn selbst über und runzelte die Stirn, als er mit den Füßen in die weißen Crocs fuhr. Sie waren ihm mindestens zwei Nummern zu klein.
Barfuß hievte Chase den riesigen Mann in das Bett, in dem eben noch er gelegen hatte, und klemmte ihm das Herzfrequenzmessgerät an den Finger, bevor die Maschine Alarm geben konnte. Um sicherzugehen, dass der Mann beim Aufwachen nicht »Vampir!« schrie, löschte Chase noch schnell die letzten Minuten aus seiner Erinnerung. Dann zog er ihm die Bettdecke hoch bis unters Kinn, drehte sich um und ging auf die Tür zu.
Genau in diesem Augenblick drückte Schwester Pfefferminz von draußen die Tür auf.
»Weiß nicht, Darcy, ich komme eben von der Pause zurück«, rief sie über die Schulter in Richtung Schwesternstation, als sie den Raum betrat.
Chase drückte sich flach an die Wand hinter der Tür. Sein Körper war immer noch high von seiner Nahrungsaufnahme, jeder Muskel angespannt und aktionsbereit. Er wollte der Frau nichts tun, aber wenn sie ihn sah …
Sie blieb im Türrahmen stehen und starrte zum Bett, wo der riesige Pfleger immer noch bewegungslos schlief. »Mike? Bist du noch da?«, flüsterte sie, um den Patienten nicht zu wecken.
Als sie einen leisen Schritt in den Raum tat, drückte Chase sich tiefer in den Schatten hinter der offenen Tür. Mithilfe seiner übersinnlichen Gabe, die manchmal sogar effektiver war als die übernatürliche Kraft seiner Spezies, sammelte er die Schatten eng um sich und lenkte sie nach seinem Willen, als die Frau auf der Suche nach ihrem Kollegen im Raum herumspähte.
»Michael?« Sie runzelte die Stirn und fröstelte ein wenig in der Kälte von Chases Gabe, zog ihre weiße Weste enger um sich. »So viel zum Thema Licht ausschalten, wenn du fertig bist.«
Damit kehrte sie auf dem Absatz um, knipste das Licht aus und ging. Der Raum wurde dunkel, und Chase ließ die Schatten wieder los, die ihn vor ihr verborgen hatten.
Er sah aus dem Sichtfenster in der Tür, wie sie zur Schwesternstation zurückkehrte und eine lebhafte Unterhaltung mit den beiden jungen Schwestern dort anfing. Chase in seinem gestohlenen Pflegerkittel
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