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Erwarte mich in Paris (German Edition)

Erwarte mich in Paris (German Edition)

Titel: Erwarte mich in Paris (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.A. Urban
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mit Blicken, mit Worten, Gesten und Geschenken, jedoch nie körperlich. Es war fast so, als versuche er es immer zu verhindern. So manches Mal hatte ich mich ihm, in der Erwartung einer Liebkosung, zugewendet. Doch das flüchtige Berühren meiner Hand oder Schulter waren das Einzige, zu dem er sich herabließ.  
    Doch eines hatte er sich zur Angewohnheit gemacht. In manchen Nächten kam er in mein Zimmer. Leise setzte er sich auf den Sessel neben mein Bett und beobachte mich beim Onanieren. Er griff nie in meine Handlungen ein, noch sagte er auch nur ein einziges Wort. Still saß er da, beobachtete, wie ich meinen Höhepunkt erreichte und wartete, bis ich eingeschlafen war. Am Morgen zeugte nichts mehr von seinem nächtlichen Besuch. Ich hatte mich an die seltsame Eigenart gewöhnt, dass er mich nie berührte oder zu etwas drängte. Ich hatte von ihm weder mehr zu erwarten, noch zu erhoffen. So dachte ich jedenfalls, bis zu diesem Tag.  
    Es wurde still, als der Vorhang sich zum zweiten Mal hob. Augenblicklich vertiefte ich mich in die Liebesgeschichte, die sich vor uns auf der Bühne abspielte. Ich glaubte, die tiefe Liebe zwischen Nerone und Poppea sehen und spüren zu können. Denn diese zwei Menschen spielten dies nicht nur, sie lebten ihre Zuneigung zueinander sogar auf der Bühne aus. Und dann begannen sie ein Duett zu singen. Zärtlich schmiegten sie sich aneinander. Ihre Stimmen schwebten gemeinsam empor. „ Pur ti miro, pur ti godo.”  
    Auf mich wirkten sie, als hätten sie die Zuschauer vergessen. Ich wurde heimlicher Zeuge ihrer unendlichen Liebe zueinander.  
    Und dann … ergriff Alain meine Hand. Es war das erste Mal, dass er dies ohne einen ersichtlichen Grund tat. Er nahm sie zwischen seine trockenen, warmen Hände und führte sie an seine Lippen. Sekunden verharrte er so, hielt mich und sah auf die Bühne. Dann entließ er meine Hand, als wolle er mich nicht zu sehr einengen. Das alles geschah, ohne dass er mich auch nur einmal angeschaut hatte.  
    Ich indessen blieb verwirrt und aufgelöst zurück. Ich glaubte zu schweben. Die himmlische Musik unterstützte diese Empfindung noch. Das Herz schlug mir bis zum Hals, und ich hatte Mühe zu atmen. Die Stelle meines Handrückens, auf die Alain seine Lippen gepresst hatte, brannte wie Feuer. Nur mit Mühe gelang es mir, mich wieder auf die Aufführung zu konzentrieren.  
     

Pur di miro
     
    Ich fühlte mich den Rest des Abends wie ein gespannter Bogen. Alain hatte mit dieser kleinen, unerwarteten Liebkosung eine Sehne in mir zum Sirren gebracht, die jeden Nerv ergriffen hatte. Ich spürte, dass heute noch etwas geschehen würde. Irgendetwas musste geschehen. Alain tat nie Dinge, die nicht irgendeinen Zweck erfüllten oder irgendwohin führen sollten. Doch er machte während der gesamten Rückfahrt keine Anstalten, mit mir zu sprechen oder etwas zu erklären. Wie immer saß er stumm neben mir und sah aus dem Fenster.  
    Es regnete. Die Wassertropfen glitzerten auf der Scheibe. Still verließ er das Taxi und betrat sein Haus. Als ich den Weg in mein Zimmer einschlagen wollte, ließ mich seine Stimme innehalten.  
    „Kommst du bitte mit, Nikola? Ich möchte dir etwas zeigen.“  
    Er trat in den Fahrstuhl und wartete, bis ich bei ihm war. Wir fuhren bis unters Dach, durchquerten das Studio und betraten Räumlichkeiten, die ich noch nie zuvor gesehen hatte, aber sofort als sein Schlafzimmer erkannte.  
    Der Raum war riesig, genauso groß wie das Studio nebenan. Auch hier bestand das Dach aus Glas. Über uns prasselte der Regen auf die dunkle Glasfläche und lief in dünnen Rinnsalen daran herab. Der Boden war aus beige, glänzendem Marmor. Ansonsten war dieses Zimmer fast genauso eingerichtet wie meines, nur viel weitläufiger. Auch das Bett war größer und beeindruckender. Rund und riesig stand es da und dominierte den hinteren Teil des Zimmers.  
    Ein beklemmendes Gefühl breitete sich in mir aus, als ich es erblickte. Doch als Alain diesen Bereich des Zimmers ignorierte, entschloss ich mich, es ihm gleichzutun. Ich würde mich überraschen lassen, was jetzt folgen würde. Und irgendetwas würde geschehen …  
    Alain ging zur Couch und öffnete eine bereitstehende Flasche Champagner. Sein auffordernder Blick ließ mich neben ihm Platz nehmen. Wir prosteten uns zu, dann griff er nach der Fernbedienung.  
    „Der heutige Abend mit dir war wundervoll – genauso wundervoll, wie die Zeit, die ich mit dir verbringen durfte. Ich hatte es mir

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