Erwarte mich in Paris (German Edition)
gewünscht, aber ich hatte es eigentlich nicht zu hoffen gewagt, dass solch eine Harmonie zwischen uns herrschen würde.“
Er verstummte kurz. Ich hörte das Prasseln der Regentropfen auf dem Dach und wartete, dass er weitersprechen würde.
„Ich dachte, mit derartigen Dingen in meinem Leben abgeschlossen zu haben.“
Auf meinen fragenden Blick reagierte er nicht. Stattdessen begann er nervös die Fernbedienung zwischen seinen Händen zu drehen. „Es fällt mir nicht leicht, darüber zu sprechen. Du weißt, ich gehe mit Worten eher sparsam um … Deshalb lass es mich dir so sagen.“
Er betätigte einen Knopf auf der Fernbedienung und Musik erklang. Nach wenigen Sekunden erkannte ich das Duett aus der Oper.
„Pur ti miro, pur ti godo, pur tu stringo, pur t’annodo“, begann Alain den Text leise mitzusprechen. „Verstehst du die Worte?“
„Ich bin der italienischen Sprache mächtig“, antwortete ich und trank mein Glas mit einem Zug leer. Augenblicklich wurde mein Mund wieder trocken.
„Hörst du die Sehnsucht mitschwingen? Ich schau dich an, erfreu mich an dir “, übersetzte er. „Das tue ich jetzt schon seit Monaten. Drück dich an mich, umschlinge dich. “
Einen Moment wurde er wieder still. „Das ist etwas, dass ich niemals wieder zu wünschen gehofft hatte … Aber ich tue es. Ich denke daran, täglich.“
Er sah mich an und Leidenschaft flackerte in seinem Blick. „Du hast dieses Gefühl wieder in mir geweckt. Ich hatte gedacht, es wäre gestorben.“
Unsicherheit überkam mich. Ich wusste plötzlich nicht mehr, was ich sagen, wohin ich schauen sollte. Machte Alain mir gerade eine Liebeserklärung?
„Ich weiß, was ich dir damals versprochen hatte. Ich habe es nicht vergessen. Ich werde dich nicht bedrängen, belästigen oder zu etwas nötigen, was du nicht auch möchtest.“ Er stand auf und ging ins Bad.
Ich fühlte mich zu ihm hingezogen, doch seine unnahbare Art machte es mir unmöglich, ihm meine tiefen Gefühle zu offenbaren. Wusste er denn nicht, was es zu bedeuten hatte, dass er mir Nacht für Nacht zusehen durfte? Ganz bestimmt hätte ich auch nichts dagegen gehabt, wenn er mich berührt hätte.
Warum nur machte er es uns so schwer?
Ich stand auf und folgte ihm. Verloren stand Alain vor dem großen Spiegel. Mit den Fingern strich er über die Einfassung des Waschbeckens. „Beiger Marmor. Schon das erste Mal, als ich dich sah, hat der Ton deiner Haut mich daran erinnert. Dass du nicht aus Spanien kamst, habe ich erst später erfahren.“
„Ich bin, was du möchtest“, sagte ich auf Spanisch. „Was immer du willst.“
„Du weißt nicht, wovon du redest. Nachts, wenn du schläfst, murmelst du den Namen eines anderen Mannes.“
Die Worte trafen mich, wie ein schmerzhafter Hieb. Ich hatte schon lange nicht mehr an Piero gedacht … Manchmal, kurz bevor ich einschlief, wanderten meine Gedanken zu ihm, und ich fragte mich, ob er jemals kommen und sein Versprechen einlösen würde. Doch ich hatte mich fast damit abgefunden, ewig hier zu bleiben. Ohne Piero.
„Das ist nur mein Unterbewusstsein“, sagte ich. „Ich bin glücklich bei dir. Ich habe alles, was ich brauche.“
Behutsam trat ich an ihn heran und umfing ihn mit meinen Armen. Noch nie war ich ihm so nah gewesen. Ich spürte seinen Körper, bemerkte, wie er sich kurz verspannte, dann jedoch wieder weich wurde.
„Du bist jung, du weißt nicht, was du brauchst.“
„Doch, ich weiß es. Und ich werde es dir sagen.“ Ich legte meinen Kopf auf seine Schulter und sah in den Spiegel, wo sich unsere Blicke trafen. „Schau mich bitte nicht nur an. Berühre mich! Ich bin ein Mensch aus Fleisch und Blut, genau wie du. Umarme mich!“, forderte ich.
Noch immer stand er unbewegt da. Langsam begann ich sein Hemd aufzuknöpfen. Als ich es ihm abstreifte, atmete ich erstaunt auf. Meine Hände ruhten auf einem straffen, festen Körper. Man sah ihm sein Alter nicht an. Nur das graue Haar, welches sich aus der Hose zu seinem Bauchnabel hinauf wand, zeigte, dass es sich hier um einen reifen Mann handelte. Überrascht ließ ich meine Hand über seinen Oberarm, die Schulter und seinen Rücken gleiten.
„Bitte, Nikola. Ich bin alt. Bring mich nicht in Verlegenheit.“
„Ich weiß nicht, was du meinst.“ Ich trat einen Schritt zurück und wartete, dass er sich zu mir umdrehte. Dann begann ich mich ebenfalls auszuziehen. Ich warf einen prüfenden
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