Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)
Beinen, und mit dem Jetlag in den Knochen war das sicherlich kein Vergnügen.
»Du hast die Quittung wie gewünscht erhalten«, sagte er. »Mehr kann ich nicht tun. Wenn der Umschlag kommt, wirst du sehen, was drin ist.«
»Und was, wenn es nicht meine Wertpapiere sind?«
»Es sind deine Wertpapiere, René. Und jetzt lass mich bitte meine wenigen Tage hier im Bounty-Land genießen.«
René konnte ihn regelrecht vor sich sehen, diesen übergewichtigen Bürohengst, einen Genießer vor dem Herrn. Teis war jemand, der meinte, schon mit dem Vorrecht auf die Welt gekommen zu sein, bei der Verteilung der Güter immer als Erster dranzukommen.
Tja, aber er irrte sich gewaltig, wenn er glaubte, das könne auf seine, Renés, Kosten geschehen.
»Teis, du kannst Brage-Schmidt ruhig schon mal anrufen und ihm sagen, dass ich euch wegen Betrugs anzeige, wenn ihr mich übers Ohr haut. Nur dass ihr’s wisst: Ihr könnt mich nicht mit in eure Geschichten reinziehen. Ich habe mir eine Hintertür offen gelassen.«
»Lass es endlich gut sein, René. Wir sind alle drei tief in diese Sache verstrickt. Tausend Details weisen in deine Richtung,da kannst du dich nicht rausreden. Unsere Verbindungen sind über die Jahre viel zu eng gewesen.«
René hätte an dieser Stelle gern gelacht, aber seine unterdrückte Wut hinderte ihn daran. »Okay, wie du meinst. Aber weißt du was, Teis? Diesmal irrst du dich gewaltig. Behördlicherseits wird man nur sehen, dass du mir einige Male Tipps für Investitionen gegeben hast und dass ich aus diesem Grund Karrebæk-Bankaktien zur Unterstützung der Bank gekauft habe. Und weil du mir seit der Schulzeit noch einen Gefallen schuldig warst, hast du mich informiert, wenn die Kurse günstig waren. Das wird man leicht herausfinden, aber das macht nichts: Ist ja alles legal. Und wenn du an die Curaçao-Aktien denkst, die sind ja nicht notiert, mit denen kannst du mir also nicht drohen. Was bleibt also? Banküberweisungen? Schriftwechsel? Nein, Fehlanzeige. Nachweise über Telefongespräche, na klar. Aus alter Freundschaft habe ich versucht, dich von diesen Machenschaften abzuhalten. Schließlich hatte ich dich und William Stark schon lange im Verdacht, aber erst jetzt habe ich volle Gewissheit. Erst jetzt, wo ich den Beweis für William Starks jahrelangen Betrug gefunden habe. Ja, ich habe ihn schwarz auf weiß. Und werde die belastenden Dokumente unverzüglich der Polizei übergeben, wenn wir zu dem Punkt kommen.«
»Du bluffst, René, und das steht dir nicht gut. Also hör endlich auf mit dem Mist und entspann dich. Wir sitzen alle drei im selben Boot, und der Sturm hat sich in ein paar Tagen verzogen.«
Ja, wenn ihr den Jungen umgebracht habt, dachte René. »Ich frage dich nur einmal, Teis«, sagte er dann. »Wann habe ich je geblufft? Habe ich das Bluffen nicht immer dir überlassen?«
»Jetzt halt aber mal die Luft an!« Es war nicht das erste Mal, dass Teis Snap ihn anschnauzte, das letzte Mal lag allerdings schon sehr lange zurück. Trotzdem wusste René noch genau, wie Teis mit wutrotem Kopf aussah.
»Ich warne dich, René. Wenn du uns wirklich drohst, dannwirst du keine sichere Minute mehr haben, egal, wo du dich verkriechst.«
Dann unterbrach Snap die Verbindung.
***
Teis Snap hielt sein zusammengeklapptes Handy in der Hand, sah hinüber zu seiner Frau, die die Koffer packte, und verließ das Schlafzimmer. Das Telefonat, das er gleich führen würde, war vermutlich nichts für zarte Ohren.
»Was gibt’s?«, sagte die Stimme am anderen Ende.
»Der Umschlag ist abgeschickt. Aber vor zwei Minuten habe ich mit Eriksen geredet. Ich fürchte, der hat Lunte gerochen.«
»Aha. Na und? Wenn wir an die Lunte erst mal Feuer legen, fliegt er in die Luft. Fertig, aus.«
»Deshalb rufe ich an. Wir können nicht warten, bis der Junge umgebracht ist, wir müssen Eriksen vorher aus dem Weg schaffen.«
»Warum?«
»Weil er dabei ist, Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Und so wie ich ihn kenne, lügt er nicht, das kann der gar nicht. Langweiler sind schlechte Schauspieler. Deshalb glaube ich nicht, dass er uns was vormacht.«
»Was meinst du mit Vorsichtsmaßnahmen?«
»Er hat Material gesammelt, das William Stark und uns den Schwarzen Peter zuschiebt. Im Ernst: René muss weg, ehe er auf die Idee kommt, das Zeug gegen uns auszuspielen. Und das könnte schnell der Fall sein, spätestens, wenn er sieht, was in dem Päckchen steckt. Der wird Zeitungspapier bestimmt nicht als angemessenen Ersatz für das
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