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Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Titel: Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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Samuel windelweich geprügelt wurde. Wie ein Echo all der Ungerechtigkeiten, die Zola schon an ihnen begangen hatte, pflanzten sich die Geräusche von Zolas Zimmer bis zu ihrem Schlafraum fort. Marco selbst fürchtete sich nicht vor Prügel, denn in der Regel fiel sie bei ihm weniger schlimm aus als bei den anderen, so groß war der Einfluss seines Vaters dann doch. Dennoch lag er im Bett und knetete die Decke. Es war auch das schlechte Gewissen gegenüber Samuel. Schließlichwurde es still. Die Bestrafungsaktion war vorbei, denn Marco hörte, wie die Haustür ging. Einer von Zolas Gorillas musste sie geöffnet haben, um einen Blick in die Nachbarschaft zu werfen. Erst wenn dort alles ruhig war, schleppte er den gedemütigten und übel zugerichteten Samuel zum Nachbarhaus hinüber, wo dieser sein Zimmer hatte. Die Mitglieder des Clans waren sehr darauf bedacht, Gerede in dem gutbürgerlichen Viertel zu vermeiden und mit den dänischen Nachbarsfamilien auf freundschaftlichem Fuß zu stehen. Nach außen hin gab Zola schließlich den zurückhaltenden, eleganten Mann, und dieses Bild sollte unter keinen Umständen getrübt werden. Zola wusste nur zu gut, dass ein Weißer wie er, noch dazu, wenn er stattlich, attraktiv und englischsprachig war und aus den USA kam, zuverlässig als »einer von ihnen« betrachtet wurde. Er wusste, dass sich die Dänen vor so einem nicht fürchteten.
    Aus diesem Grund verlegte er die Bestrafungsaktionen stets in den Schutz der Dunkelheit und hinter Schallschutzfenster mit zugezogenen Gardinen. Und aus diesem Grund wurde immer sorgfältig darauf geachtet, dass die Schläge keine sichtbaren Spuren hinterließen. Dass es Samuel am nächsten Morgen schwerfallen würde, sich die Fußgängerzone hinunterzuschleppen, das sahen die Nachbarn ja nicht. Abgesehen davon war so was ja immer gut fürs Geschäft. Mitleid ließ sich gut in bare Münzen umwandeln.
    Marco richtete sich im Dunkeln auf, schlich sich am Zimmer seiner Cousins vorbei und klopfte an die Tür zum Wohnzimmer. Kam sofort eine Antwort, war es gut. Wurde gezögert, musste man auf der Hut sein.
    Dieses Mal verging sicher eine Minute, ehe Marco hineingerufen wurde, und er war bereits auf alles gefasst.
    Wie ein König residierte Zola am Teetisch, umgeben von seinem Hofstaat. Auf einem riesigen Flachbildschirm lief das Fernsehprogramm in voller Lautstärke.
    Vielleicht hellte sich seine Miene ein wenig auf, als er sah,dass es Marco war. Aber noch immer zitterten seine Hände. Es gab Clanmitglieder, die behaupteten, dass Zola es liebte zuzusehen, wenn anderen Gewalt zugefügt wurde. Marcos Vater hingegen beteuerte, das Gegenteil sei der Fall: Zola liebte die Seinen, so wie Jesus seine Jünger geliebt hatte.
    Marco war sich da nicht so sicher.
    Gerade dröhnten die Spätnachrichten aus dem Fernseher: »Drei Tage und Nächte saß Vizepolizeikommissar Carl Mørck vom Sonderdezernat Q, der Ermittlungseinheit der Kopenhagener Mordkommission für unaufgeklärte Fälle von besonderem Interesse, in diesem hermetisch verschlossenen Raum mit den mumifizierten Leichen und hatte …«
    »Chris, mach den Scheiß aus«, befahl Zola seinem Handlanger und deutete mit einem Nicken auf die Fernbedienung. Sofort war Ruhe.
    Zola tätschelte seine Neuerwerbung, einen dünnbeinigen Jagdhund, den niemand außer ihm anrühren durfte. Dabei sah er Marco entgegen. »Ganz schön mutig von dir, Samuel Geld abzugeben, Marco. Es ist dir ja wohl klar, dass es das letzte Mal war.«
    Der Junge nickte.
    Zola lächelte. »Du hast heute gut gearbeitet, Marco, setz dich.« Er deutete auf den Stuhl ihm gegenüber. »Was willst du denn, mein Junge? Du bist ja wohl nicht gekommen, um mir zu sagen, Samuel habe das nicht verdient.«
    Dann änderte sich sein Gesichtsausdruck, und mit einer knappen Geste bedeutete er Chris, Marco Tee einzuschenken.
    »Entschuldige, Zola, dass ich dich störe, aber ich wollte tatsächlich etwas zu Samuel sagen.«
    Zola ließ sich nichts anmerken, aber Chris richtete sich mit einem Ruck auf und wandte sich langsam zu Marco um. Er war größer und hellhäutiger als die anderen aus dem Clan. Wenn er sich zu voller Größe aufrichtete, zogen sich die meisten zurück, aber Marco hielt den Blick fest auf seinen Onkel gerichtet.
    »Aber du weißt doch, Marco: Samuel geht dich nichts an. Seine heutigen Einnahmen waren absolut unbefriedigend, weil er sich nicht angestrengt hat. Nicht so wie du.« Zola schüttelte den Kopf und ließ sich schwer gegen das

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