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Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Titel: Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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dass er uns alle eines Tages verrät, begreif das doch endlich!«
    Wieder hörte er seinen Vater protestieren. Diesmal klang die Stimme noch verzweifelter. Fast schon flehend.
    »Zola, Marco wird niemals zur Polizei gehen. Und weglaufen wird er auch nicht, das sagt er nur so, du kennst ihn doch. Er ist ein helles Köpfchen. Manchmal ist er zu schlau, denkt einfach zu viel. Aber er will uns doch nicht schaden, Zola! Lass ihn in Ruhe, ja? Ich werde mit ihm reden.«
    »Ich sagte: Nein!« Zolas Antwort ließ keinen Widerspruch mehr zu.
    Marco sah sich auf dem Korridor um. Chris konnte jeden Augenblick mit dem Absinth auftauchen, den Zola zum Einschlafen brauchte. Er durfte Marco auf keinen Fall hier finden.
    »Samuel hat mir erzählt, er hätte jetzt schon öfter beobachtet, wie Marco bei Taschendiebstählen gezögert hat«, fuhr Zola fort. »Wenn das stimmt, kann das für uns gefährlich werden, das weißt du. Wer zögert, wird früher oder später geschnappt. Und wer zögert, wird auch nicht dichthalten, wenn es drauf ankommt. Glaub bloß nicht, dass Marco dem Clan gegenüber loyal sein wird, wenn etwas schiefgeht.«
    Jetzt legte Marco das Ohr an die Tür. Hoffentlich fing der Hund nicht an zu knurren. Redete Samuel wirklich so über ihn? Das war doch Blödsinn. Wann hätte er denn beim Klauen je gezögert? Nie! Aber Samuel, der hatte schon oft gezögert. Und er, Marco, hatte ihn verteidigt!
    »Marco ist jetzt alt genug für die Invalidennummer. Wir kennen die Vorteile.«
    »Zola, Miryam hatte einen Unfall! Das ist doch etwas ganz anderes!« Das war wieder die flehentliche Stimme seines Vaters.
    »Ach, meinst du?« Ein trockenes Lachen folgte auf die Bemerkung. Marco wurde eiskalt. Was wollte Zola damit sagen? Dass es kein Unfall war? Sie war doch gestolpert, als sie über die Straße rannte.
    Einen Moment war es drinnen ganz still. Marco konnte das schockierte Gesicht seines Vaters förmlich vor sich sehen. Aber der schwieg.
    »Jetzt hör zu«, fuhr Zola fort. »Wir müssen dafür sorgen, dass die Kinder eine gute Zukunft haben, nicht wahr? Und deshalb können wir uns weder Fehler noch Nachgiebigkeit leisten. Bald haben wir genug Geld zusammen, um uns auf die Philippinen abzusetzen. Meinst du nicht, du solltest dich mal wieder daran erinnern, dass das von Anfang an auch dein Traum war? Und in dem Traum ist auch Platz für deinen Sohn.«
    Es dauerte eine Weile, bevor Marcos Vater antwortete. Und es war nicht zu überhören, dass er kurz davor war einzuknicken. Die Schlacht war verloren. »Und deshalb muss Marco verstümmelt werden? Du siehst wirklich keine andere Lösung, Zola?«
    Marco ballte die Fäuste. Schlag ihm eins in die Fresse, Papa, los, dachte er. Du bist Zolas großer Bruder! Sag ihm, er soll die Finger von mir lassen.
    »Ich finde, das ist ein kleines Opfer für den Clan. Marco wird ein bisschen sediert, stolpert über die Straße, stürzt, ein Fahrzeug erwischt ihn am Bein – fertig. Eine Sache von wenigen Sekunden. Die Krankenhäuser in Dänemark sind gut, die werden das schon einigermaßen richten. Es muss nur nach was aussehen, von wegen ›Mitleidsbonus‹. Und wenn ich jetzt noch ein Wort von dir höre, kann es sein, dass auch dir demnächst ein Auto über den Fuß fährt, verstanden?«
    Marco hielt die Luft an. Er sah Miryams verkrüppelte Gestalt vor sich, sah, wie sie durchs Leben hinkte, und hielt mit Mühe die Tränen zurück. So war das also? Sie hatten sie absichtlich zur Invalidin gemacht.
    Jetzt sag doch was, Papa, schrie Marco innerlich, aber hinter der Tür war nur eine Stimme zu hören, die falsche.
    »Ein dummer Unfall, Teilinvalidität, Kassieren der Versicherungssumme, und schon sind wir ein Stück weiter. So wird’s gemacht«, fuhr Zola unbeirrt fort. »Und der schöne Nebeneffekt: Wir haben einen höchst effizienten Vollblutbettler in unseren Reihen, der nirgendwohin abhauen kann.«
    Marco spürte plötzlich leichte Zugluft und schnellte herum. Zu spät. Die Tür zur Küche war geöffnet worden, und die Gestalt, die auf den Flur trat, hatte ihn entdeckt.
    »Was hast du da zu suchen?« Chris’ Stimme gellte durch die Dunkelheit.
    Marco stieß sich von der Wand ab und sauste den Gang hinunter zur Haustür, aber Chris war ihm sofort auf den Fersen. Gleichzeitig wurde die Tür zum Wohnzimmer aufgestoßen.
    Wenn Marco seine Flucht gedanklich durchgespielt hatte, war er immer davon ausgegangen, dass er in einem der Nachbarhäuser Unterschlupf finden würde. Aber als er jetzt vom

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