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Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Titel: Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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vor Starks Bungalow. Er wusste, dass er hier ein Bett fand und etwas zu essen. Hier konnte er ein paar Tage verschnaufen.
    Das Taxi fuhr davon, und Marcos Blick ging zum Haus. Direkt davor parkte ein alter Mazda. Am Haus aufgereiht standen gefüllte schwarze Plastiksäcke. Gerade brachte eine Frau zwei weitere hinaus und fing dann an, das Auto zu beladen. Tildes Mutter!
    Marco huschte schnell hinter einen Baum.
    Wenn Tilde selbst nun auch da war, konnte er mit ihr über alles sprechen. Sollte er nicht einfach auf die Mutter zugehen und die Gelegenheit beim Schopf packen?
    Zögernd trat Marco hinter seinem Baum hervor. Nur fünfzig Meter waren es bis zu dem Auto, aber seine Beine waren schwer wie Blei. Was sollte er bloß sagen, wo sollte er anfangen? Wie zum Teufel erzählte man so etwas?
    »Was stehst du da und glotzt meine Mutter an?«, rief eine Mädchenstimme hinter ihm.
    Erschrocken wirbelte Marco herum und sah sich Tilde gegenüber. Ihre Schuhe waren komplett mit Schlamm bedeckt und die Hosenbeine fast bis zum Knie nass.
    »War offenbar gut, dass ich hier unten am See gewartet hab. Was willst du?«
    In ihrem flatterigen Hemd und mit den offenen Haaren hatte sie etwas Feenhaftes, aber ihr Gesichtsausdruck war hart und abweisend. So hatte Marco sie noch nicht gesehen, und so hatte er sich ihr erstes Treffen auch nicht vorgestellt.
    »Du bist doch der, von dem die Polizei ein Foto hat, stimmt’s?«
    Er schaute sie fragend an.
    »Wenn du mir was tust, schreie ich, kapiert?«
    Er nickte. »Warum sollte ich dir was tun? Ich will nur mit euch reden. Mit dir«, präzisierte er.
    »Warum?«
    Er schluckte, aber der Kloß im Hals wollte nicht verschwinden. Wie sollte er anfangen?
    »Die Polizei sagt, du wüsstest etwas. Woher kennst du William?«, fragte sie direkt.
    »Ich kenne ihn nicht. Aber ich weiß, was mit ihm passiert ist.«
    Sie versuchte, ruhig zu bleiben. Aber alles in ihr schrie, dass es nichts auf der Welt gab, was sie dringender erfahren wollte, und gleichzeitig nichts, was sie so sehr fürchtete. Dieser Widerstreit war offen in ihrem Gesicht zu lesen, und Marco konnte den Anblick kaum ertragen.
    Ihre Stimme zitterte. »Wenn du ihn nicht kennst, wie kannst du dann wissen, dass er es ist?«
    »Er hatte rote Haare, und er trug ein ganz besonderes afrikanisches Schmuckstück um den Hals. Als ich das Foto auf deinem Suchplakat gesehen habe, hab ich ihn sofort wiedererkannt. Das war er. Ich weiß es einfach.«
    Sie schlug sich eine Hand vor den Mund, mit der anderen ruderte sie wie nach Halt suchend mechanisch hin und her.
    »Du sagst, er hatte und er trug ?«
    Jetzt gab es kein Zurück mehr. »Es tut mir so leid, Tilde. Er ist tot.«
    Marco hatte einiges an möglichen Reaktionen erwartet: dass sie mit einem Aufschrei zusammenbrechen oder sich in ihrem Schmerz mit hämmernden Fäusten auf ihn stürzen würde. Aber nichts dergleichen geschah. Vielmehr war es so, als ob in ihr jäh etwas erlosch. Als ob der Funke erlosch, der ihren Optimismus und ihre Lebensfreude wieder hätte entflammen und ihre Hoffnung neu entfachen können. Es war, als fiele sie vollständig in sich zusammen. Keine Tränen, kein Auflehnen, keine Wut. Nur Ergebenheit in das unabwendbare Schicksal.
    »Und du bist dir sicher?«, fragte sie nach einer Weile leise.
    »Ja.«
    Da begann sie, still zu schluchzen.
    »Kannst du mich festhalten?«, flüsterte sie.
    Er nahm sie in den Arm, und sie weinte, während er ihr alles erzählte. Als er an den Punkt kam, an dem er ihr gestehen musste, dass sein Vater bei der Ermordung ihres Stiefvatersmitgeholfen hatte, konnte auch er die Tränen nicht mehr zurückhalten. Er hatte damit gerechnet, dass sie ihn bei diesen Worten wegstoßen würde, aber sie drückte sich nur noch fester an ihn, sodass er ihren Atem spürte und das schnelle Klopfen ihres Herzens.
    »Ich … ich wusste es«, stammelte sie. »Ich wusste schon die ganze Zeit, dass er … tot ist. William hätte uns nie einfach so verlassen, das wusste ich einfach.«
    »Ich fahre jetzt mit der ersten Ladung los, Tilde«, ertönte da plötzlich die Stimme ihrer Mutter vom Haus.
    Tilde löste sich aus der Umarmung, wischte sich mit dem Ärmel die Tränen vom Gesicht und bat Marco, kurz zu warten.
    »Ich bleibe hier!«, rief sie zurück und ging ein paar Schritte in Richtung Haus. »Okay?«
    »Okay. Aber geh rein, bis ich wiederkomme, ja? Ich bringe etwas zu essen mit. Was möchtest du?«
    Marco sah, wie sehr Tilde zitterte, aber ihre Stimme hatte sie

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