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Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Titel: Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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entgegensprang.
    Es war höchstens halb sieben. In die enge Straße fiel erstes Sonnenlicht. Gedämpft war der morgendliche Verkehr auf den großen Durchgangsstraßen zu hören. Die Stadt war erwacht.
    Er stopfte seine Sachen in einen schwarzen Plastiksack und machte sich, obwohl es noch viel zu früh war, auf den Weg zur Bibliothek in der Dag Hammarskjölds Allé. Dort gab es alles, was er brauchte: eine Toilette, wo er sich waschen konnte, und Computer, um Umgebungskarten der Orte auszudrucken, die er später aufsuchen wollte. Und nicht zuletzt konnte er in einem Schränkchen über dem Stromzähler seine Plastiktüte verstecken.
    Bis die Bücherei aufmachte, drückte sich Marco im umliegenden Botschaftsviertel herum. Er lief herum wie Falschgeldzwischen all den Wachleuten in Zivil, die dort an jeder Ecke herumstanden: Russen passten auf Amerikaner auf und umgekehrt.
    Als die Bibliothek endlich ihre Türen öffnete, erledigte er in kürzester Zeit alles, was er sich vorgenommen hatte, und machte sich dann unverzüglich auf den Weg. Das erste Stück ging er am Ufer des Sortedams-Sees entlang, bog irgendwann in die Ryesgade ab und orientierte sich von da aus weiter in Richtung Norden. Seine Augen schweiften unablässig hin und her, erfassten noch die geringste Bewegung.
    Er erreichte Starks Haus zu einer Zeit, in der Vororte immer wie ausgestorben dalagen. Gegen Mittag ließ es sich in den ruhigen, gepflegten Einfamilienhausgegenden am leichtesten einbrechen. Hier in Dänemark arbeiteten beide Elternteile, denn um sich einen gewissen Lebensstandard leisten zu können, waren meist zwei Einkommen nötig. Deshalb waren um diese Tageszeit die meisten Häuser verlassen. In Acht nehmen musste man sich nur vor Hunden, Rentnern und den wenigen nicht berufstätigen Ehefrauen. Aber für jemanden wie Marco, der sich von Kindesbeinen an in fremde Häuser eingeschlichen hatte, war das kein Problem. Mit unbekümmerter Miene ging er die Straßen entlang, als gehörte er dazu. Das war etwas, was diese ganzen Pfuscher aus dem Baltikum oder aus Russland einfach nicht konnten: Die erkannte man immer schon auf tausend Meter Entfernung – mit ihren immer gleichen altmodischen Trainingsanzügen, den schlecht sitzenden Jeans, abgewetzten Rucksäcken, übervollen Plastiktüten und ihrem ständigen Auftreten im Doppelpack. Denen war das Wort »Einbrecher« ja quasi auf die Stirn tätowiert.
    Nein, Marco wirkte entspannt und lässig, den Blick scheinbar gedankenverloren in die Ferne gerichtet, aber in Wirklichkeit jedes Detail höchst aufmerksam registrierend.
    In einer so schönen Gegend wollte er später auch mal leben:hübsche große Häuser, hohe alte Bäume am Ufer eines Sees, deren Zweige die Wasseroberfläche berührten, in den Gärten Schaukeln, Wippen und Spielhäuser mit kleinen Veranden.
    Und während Marcos Blick über dieses Wohlstandsidyll glitt, schob sich das Bild von William Starks Leiche vor sein inneres Auge. Es berührte ihn seltsam, dass der Tote, neben dem er gelegen hatte, einmal höchst lebendig dieselben Wege gegangen war, wie er in diesem Moment.
    Als er nur noch etwa hundert Meter von dem Haus entfernt war, in dem William Stark gelebt hatte, sah er im Nachbargarten eine Frau neben einem Pflanzkasten knien. Sie war ganz in ihre Arbeit vertieft. Marco zählte die Pflanzen. Oh Gott, noch etwa fünfzehn Stück. So umständlich, wie sie arbeitete, würde es ewig dauern, ehe sie fertig war und verschwand. Bis dahin konnte man die Einfahrt zu Starks Bungalow nicht hinaufspazieren, ohne dass sie es mitbekam. Ihm blieb also nichts anderes übrig, als später wiederzukommen.
    Er wollte gerade an Starks Haus vorbeigehen, als er sah, dass ein dunkelblauer Peugeot 607 in der Einfahrt parkte. Das machte ihm nun vollends einen Strich durch die Rechnung.
    Aber was, wenn er im Vorbeigehen jemanden durch die Fenster sah? Vielleicht sogar das Mädchen? Dann klingele ich einfach, beschloss er, soll die Frau doch denken, was sie will.
    Tatsächlich war Bewegung in einem der Zimmer zur Straße hinaus, doch zu weit entfernt vom Fenster, deshalb konnte Marco nicht mehr als Schatten und undeutliche Silhouetten erkennen. Dafür hörte er Stimmen, wenn auch nur ganz leise. Vielleicht war das Haus ja verkauft worden? Aber wenn man im Internet die Adresse eingab, erschien immer noch Starks Name. Natürlich konnte es auch vermietet sein. Falls dem so war, konnte er gleich wieder gehen.
    Marco entdeckte den Mann hinter der Scheibe, bevor der ihn

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