Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)
Stark den Krankheitsverlauf verfolgt und die Behandlung begleitet hat. Und als die gängigen Methoden wie chirurgische Entfernung der erkrankten Darmabschnitte oder Verabreichung von Kortisonpräparaten nicht den gewünschten Effekt zeigten, habe er weder Kosten noch Mühen gescheut, um sie alternativ behandeln zu lassen.«
»Danke. Aber du umgehst meine Frage, Rose. Wann und wie kommen die zwei Millionen ins Bild? Das ist eine Stange Geld.«
»Malene hat angedeutet, dass Stark den Ehrgeiz hatte, die einzig wahre Behandlung für diese als unheilbar geltende Krankheit zu finden. Tilde war in Privatkliniken, hier in Kopenhagen und in Jacksonville in Florida, sie wurde in Deutschland homöopathisch behandelt und in China mit Akupunktur. Stark hat eine Therapie mit lebenden Parasiten aus Schweinedärmenbezahlt. Alles Erdenkliche. Malenes Einschätzung nach hat das in den fünf, sechs Jahren, die sie zusammen waren, etwa zwei Millionen dänische Kronen gekostet.«
»Zwei Millionen. Das muss nicht stimmen.«
»Doch, Carl.« Assad schob ihm einen Stapel Überweisungsbelege hin. »Das stimmt. Die Beträge gingen von Starks Konto runter.«
»Okay. Und was soll ich daraus ableiten?«
Rose lächelte. »Dass Stark der beste Pokerspieler der Welt war oder dass das Kasino auf Amager einen Kunden mit scheißviel Spielglück hatte, was sonst?«
»Du lässt es zwielichtig klingen, Rose«, entgegnete Carl stirnrunzelnd. »Aber kannst du belegen, dass er sich das Geld wirklich nicht auf diese Weise beschaffte?«
»Wollen wir nicht einfach sagen, Stark beschaffte sich erkleckliche Summen, die er weiterbeförderte, ohne irgendjemandem Rechenschaft darüber abzulegen?«, schlug Rose vor.
Carl wandte sich an Assad. »Was ist mit dem Finanzamt? Du hast da mit den entsprechenden Leuten gesprochen, sagt Rose. Die müssen doch Belege für diese Einkünfte erhalten haben.«
Assad schüttelte den Kopf. »Nein. Die haben in dem fraglichen Zeitraum keine Einkommenserhöhung registriert, und Stark hatte auch nie eine Finanzprüfung am Hals. Vermutlich wussten die nichts von den Überweisungen, weil die fortlaufenden Einzahlungen jeweils nur wenige Tage auf dem Konto standen, und der Betrag entsprach exakt den Auszahlungen. Außerdem war zum Jahreswechsel nie mehr auf dem Konto als beim vorhergehenden Jahreswechsel.«
»Und vermutlich wurden bei ihm, als gewöhnlichem Gehaltsempfänger, auch nie routinemäßige Stichprobenkontrollen durchgeführt. Stimmt das?«
Assad nickte. »Aber da ist noch etwas. Mich hat das Bankschließfach stutzig gemacht, das er aufgegeben hat. Malene Kristoffersen erwähnte, er habe Schmuck aus dem Schließfachmit nach Hause gebracht, unter anderem die Eheringe seiner Eltern. Rose hat natürlich sofort nachgehakt, was aus dem Schmuck geworden ist.«
»Ja, und Malene versicherte mir, sie habe ihn nie zu Gesicht bekommen, was ich ihr glaube. Deshalb wurde der Schmuck nach dem Einbruch auch nicht als gestohlen gemeldet. Sie hätte ihn nicht mal beschreiben, ja, im Grunde nicht einmal bezeugen können, dass es ihn tatsächlich gab.«
»Stark kann doch bei einer anderen Bank ein Schließfach angemietet und die Klunker dort hinterlegt oder sie verkauft haben.«
Assad schüttelte langsam den Kopf. »Das glaube ich nicht. Malene ist der Meinung, dass der Schmuck tatsächlich existiert und dass er nicht gestohlen wurde. Stark muss ihn irgendwo im Haus versteckt haben. Sie sagte, sie hoffe noch immer, dass er eines Tages wiederkommt und selbst alles hervorholt.«
Carl fiel die Stirnfalte auf, die sich zwischen Assads Augenbrauen vertieft hatte. Er hielt offenbar nichts von diesem blinden Optimismus.
»Merkst du es jetzt endlich, Carl?«, fragte Rose. »Das stinkt zum Himmel!«
Ihr weiß geschminktes Gesicht leuchtete wie eine Energiesparbirne. Ob aus Genugtuung oder vor lauter Eifer, das hatte Carl noch nicht zu unterscheiden gelernt.
»Das ist ein wahres Spinnennetz von einem Fall«, fuhr Rose fort. »Malene liebte William Stark, und ihre Liebe wurde ganz sicher erwidert. Das gilt auch für die Stieftochter, für die er alles getan hätte. Und aus heiterem Himmel verschwindet er, wofür er laut Aussage seiner Freundin nicht den geringsten Grund hatte.«
»Warum glaubt Malene dann, er könnte zurückkommen? Wenn er keinen Grund hatte zu verschwinden, dann ist er wohl tot. Und dann kommt er auf keinen Fall zurück. Vielleicht ist sie nicht die Hellste? Oder das genaue Gegenteil: Vielleicht hat sie ihn verschwinden
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