Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)
hatte, wankte er energisch am sanft schlummernden Hardy vorbei nach oben.
Vor der Treppe tanzten eng umschlungen die Gastgeber.
»So schade, das mit Mona«, nuschelte Mika und klopfte Carl auf die Schulter.
»Ja«, schloss sich Morten an, »wir werden sie vermissen.«
Wie oft hatte er sie gesehen? Zweimal?
Und glaubten sie etwa, er würde sich für die aufmunternden Worte bedanken?
Mit einem Wahnsinnskater und einem Geschmack nach toter Beutelratte im Mund wachte Carl am Sonntag auf. Einen Moralischen hatte er außerdem, und überhaupt fühlte er sich völlig aus dem Tritt.
»Ey Mann, Carl, jetzt häng mal nicht rum wie ein Jammerlappen«, knurrte er. Aber es half nichts. Je stärker es in seinem Kopf pochte, desto klarer wurde ihm, dass Menschen wie Lars Bjørn und besonders Mona Ibsen direkte Nachkommen von Leuten wie Tycho Brahe sein mussten, die nichts als Unheil im Gepäck hatten.
So lag er noch ein paar Stunden unter der Decke. Entweder war ihm zu heiß oder zu kalt, mal fühlte er sich schlaff und schicksalsergeben und mal voller Hass.
Ehe du nicht mit ihr geredet hast, Carl, kommst du nicht wieder auf den Damm. Das sagte er sich zigmal – ohne jedoch nach seinem Handy zu greifen. Unterdessen erwachten die Menschen in den unteren Stockwerken nach und nach aus ihrem Koma und verschwanden nach draußen in den herrlichen Mai.
Carl schlief wieder ein und blieb im Bett, bis ein neuer Montag dräute.
»Assad«, rief er, »kommst du mal her?«
Keine Reaktion.
Lag der etwa schon wieder auf dem Gebetsteppich, das Gesicht gen Mekka? Carl sah auf die Uhr. Nein, nicht um diese Zeit.
»Assad!« Das kam jetzt mit Nachdruck.
»Er ist noch nicht zurück. Sag mal, kriegst du eigentlich gar nichts mehr mit? So schlimm, der Filmriss?«
Carl blickte auf. Rose stand an der Tür und pulte lose Hautfetzen von ihrem Nasenrücken. »Zurück? Woher?«
»Er war bei Starks Bank.«
»Warum denn das, um Himmels willen?«
»Er hat auch mit Leuten beim Nachlassgericht geredet und mit welchen vom Finanzamt.«
Warum in drei Teufels Namen konnte sie ihm nie eine einfache, klare Antwort geben? Warum musste man ihr die Würmer immer einzeln aus der Nase ziehen?
»Was habt ihr jetzt schon wieder ausbaldowert, Rose? Ich sehe es dir doch an.«
Sie zuckte die Achseln. »Ich habe mit Malene Kristoffersen telefoniert. Glücklicherweise sind sie und ihre Tochter vor zwei Tagen aus der Türkei zurückgekommen.«
»Gut. Können wir sie überreden hierherzukommen?«
»Ja, glaub schon. Vielleicht morgen.«
Carl schüttelte den Kopf. »Halleluja. Die Geschichte scheint ihr ja wohl echt am Herzen zu liegen.«
»Das tut sie. Und sie wäre sicher auch schon in zwei Stunden gekommen, wenn sie und Tilde nicht den ganzen Tag zu Untersuchungen im Krankenhaus wären. Die kleine Atempause kann man ihnen ja wohl gönnen.«
»Na, okay. Aber was hat das mit dem zu tun, was Assad macht?«
»Das erfährst du, wenn er aufkreuzt.«
Fünf Minuten später kam er, völlig außer Puste. Seine dunklen Locken sprangen wirr in alle Himmelsrichtungen, ein untrüglicher Indikator für ein extrem erhöhtes Aktivitätsniveau.
»Carl. Als Rose mit Starks Freundin geredet hat, waren wir beide der Meinung, dass da irgendetwas nicht stimmte.«
Ach wirklich? Warum überraschte ihn das nicht?
»Sie hat erzählt, Stark habe für ihre Tochter Tilde einige sehr teure Behandlungen finanziert. Gut fünf Jahre lang, bis er verschwand. Er hat deutlich mehr ausgegeben, als er hatte.«
»Aber Stark hat doch geerbt.«
»Ja, Carl. Aber erst 2008, in dem Jahr, in dem er verschwand. Und diese Behandlungen fanden hundert Jahre früher statt. Schon seit 2003. Er musste dafür fast zwei Millionen Kronen mehr hinblättern, als er gespart hatte, das haben wir eben bei der Bank festgestellt. Zuerst dachte ich, er hätte einen Kredit aufgenommen und ihn, als er die Erbschaft gemacht hat, zurückgezahlt. Aber so war es nicht.«
Assads Augen waren erwartungsvoll zusammengekniffen, wie immer, wenn er einen vielversprechenden neuen Fall in den Fängen hatte. Carl seufzte. Dieser Wochenanfang war wirklich das Allerletzte.
»Okay, versuch mir das mit Tildes Behandlungen und dem Geld mal zu erklären, Rose.«
Rose verschränkte ihre Arme. Aha, dann war jetzt also eine längere Erklärung zu erwarten.
»Tilde leidet an einer chronischen Krankheit, Morbus Crohn. Die versetzt ihren Darm in eine Art dauerhaften Entzündungszustand. Malene hat mir erklärt, wie unglaublich engagiert
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