Erzaehl mir ein Geheimnis
gar nicht mehr gesehen … Ich meine, ich will Zeit mit dir verbringen.« Ich will, dass alles wieder so wird, wie es war.
»Jetzt gerade verbringen wir doch Zeit miteinander, oder?« Er lächelte. »Miranda, du bist immer so ernst.« Ich folgte seinem Blick auf die Tanzfläche, wo Delaneys Gelächter durch die Musik zu hören war. »Warum kannst du nicht mehr wie Delaney sein? Komm aus dir raus. Hab ein bisschen mehr Selbstvertrauen.«
»Klar«, sagte ich. »Selbstvertrauen. Kein Problem.« Ein bisschen Selbstvertrauen, schon unterwegs.
Wir holten uns Getränke, Delaney griff in ihre Tasche und holte einen Flachmann raus. Ich hatte Orangensaft. Alkohol würde mich jetzt echt ins Schleudern bringen.
»Rum mit O-Saft?«, fragte Delaney.
»Ich hab gehört, das soll echt lecker sein!«
Delaney zuckte mit den Achseln. Ich griff nach der Flasche, kippte sie und tat so, als würde ich etwas eingießen. Niemand merkte, dass ich meinen Daumen auf die Öffnung hielt. »Ist dein Bruder hier?«
»Dylan? Nö. Die haben gesagt, dass er schon früh abgehauen ist. Er kann also keinen Ärger wegen uns kriegen – schade. Ich glaube, du würdest ihn mögen.«
Die Musik war berauschend. Delaney schlängelte sich über die Tanzfläche und der Rest von uns verlor sich in ihrem Rücken. Wir hatten die Band Gravity Echo schon mal gesehen. Ein Gefühl von Schwermut und Fremdartigkeit bestimmte die Musik. Delaney schillerte wie ein Fabelwesen, ihr Oberteil reflektierte das Schwarzlicht und betonte die Silhouette ihres Körpers. Sie wiegte sich im Takt. Neben ihr würde mein Tanzen aussehen wie ein Grundschrittgestampfe von Siebtklässlern. Ich stellte mir vor, Bauchtänzerin zu sein, gefangen in der Musik, aber ich verdrängte den Gedanken sofort wieder.
Plötzlich spürte ich einen stechenden Schmerz im Bauch, mein Herz begann zu rasen. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, mit ihm zu reden, wenn wir uns sehen, aber der Krampf gab mir Hoffnung.
»Bin gleich wieder da«, rief ich in die Menge.
Die Klangschwaden der Band dröhnten gegen die Wände der Toilette, in meinem Schädel pochte es. Doch trotz des dämmrigen Lichts sah ich deutlich, dass mein Slip in leuchtendem Weiß strahlte.
Irgendwo musste ich die falsche Abzweigung genommen haben und in einem falschen Leben gelandet sein. Doch jeden Augenblick würde ich den Weg zurück finden. Mit etwas Glück müsste ich auch diesen BH nicht tragen, wenn ich dort ankam.
Wenn bis zum Schulanfang nichts passiert, dann mache ich den Test . Zwei Tage mehr.
Ich taumelte aus dem Klo zurück zur Tanzfläche. Dabei versuchte ich, mich genau daran zu erinnern, zu welchem Zeitpunkt ich normalerweise angetrunken war.
»He-y-e-ey«, übte ich mit leichtem Linksdrall. Doch der gute Moment war auch schon vorbei, als ich sah, wie Delaney sich an Kamran ranmachte.
Der dumpfe Schmerz in meinem Magen verwandelte sich in Feuer.
Rotes Licht blitzte auf die Menge und ich konnte die drahtigen Silhouetten im Schatten erkennen. Beide hatten ihre Hände in der Luft und sie rieb ihren Hintern an seiner Leiste, während sie tanzten. Sie trennten sich, lachten, und keiner der beiden bemerkte, dass ich an der Seite stand. Es war doch gar nichts , würde Kamran sagen. War nur Spaß . Mag sein, aber es hätte trotzdem mein Hintern sein müssen.
Delaney fing meinen Blick auf und bedeckte ihren Mund mit der Hand, hinter der ein peinliches Gekicher zu hören war. Sie tänzelte in meine Richtung und zerdrückte mich in einer Umarmung. Ich konnte Rum und Rauch in ihrem Atem riechen. Ich werde hier nicht kotzen .
»Ss keine große Sache!«, gab sie kichernd von sich. Sie drückte mich noch ein bisschen fester und ich biss mir auf die Lippe. »Rand, ich möchte nur, dass du weißt, dass du – also, dass du meine beste Freundin bist. Du und Chloe, ihr seid meine besten Freundinnen auf der ganzen Welt, das weißt du doch? Du und Chloe und Kamran. Ich liebe euch. Ihr seid die Besten. Ach, und Milo ist auch ganz okay«, lallte sie, während sie ihn beim Tanzen beobachtete. Er lächelte sein typisches Milo-Lächeln und nickte nur, als sie tanzend auf ihn zukam und sich um seinen Hals wickelte. Chloe, die vorher mit ihm getanzt hatte, erhaschte meinen Blick. Ein Funken Verständnis sprang über, dann war er weg.
Wir übernachteten immer bei Delaneys Dad, wenn wir feiern waren – es war ihm vollkommen egal, wenn wir auftauchten und wie besoffene Aschenbecher rochen. Nicht, dass er ein schlechter Vater gewesen
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