Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erzaehl mir ein Geheimnis

Erzaehl mir ein Geheimnis

Titel: Erzaehl mir ein Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Cupala
Vom Netzwerk:
zu machen? Oder wirst du den ganzen Tag von Kunst und Babys träumen?«
    Natürlich würde ich an Kunst und mein Baby denken. Aber ich würde es versuchen. Das war alles, was sie von mir erwarten konnte.
    »Ich werde mein Bestes geben«, sagte ich.
    Den Rest des Nachmittags verbrachte Shelley Jones damit, mir die hohe Kunst der Ausführung von stupidem Bürokram in einer Bank beizubringen.

23
    Den ganzen November über erledigte ich langweilige Arbeiten für Shelley, die sehr schnell entschieden hatte, dass mein größtes Talent darin bestand, heikle Finanzdokumente zu vernichten.
    »Während du mit dem Schredder kuschelst, kannst du so viel über Kunst und diesen Freund nachdenken, wie du willst«, sagte sie.
    Ich musste mir ein »Yes Sir« verkneifen.
    Es war nicht so, dass ich alles über das Bankgewerbe lernen wollte, aber sie hätte mir wenigstens eine Chance geben können. Stattdessen riss sie jedes Mal ihre Tür auf und bedachte mich mit diesem speziellen Blick, sobald ich mich vom Schredder wegbewegte. Also schredderte ich vier Tage die Woche.
    Wenn ich nicht schredderte, dann ging ich zu den Proben für die Weihnachtsaufführung und sonntags in die Kirche. Ich hatte kaum noch Zeit für Hausaufgaben und Schlaf. Alles rückte in den Hintergrund, inklusive der Mädels vom BabyCenter. Es gab nicht mehr viel zu erzählen, jetzt, wo Nik nicht mehr dabei war.
    »Du bewirbst dich doch immer noch für die Baird?«, fragte mich Mrs Crooker, als ich ihr erzählte, dass mein Kunstunterricht vom Arbeits- und Lernprogramm abgelöst worden war. Ich hatte ihr nicht gesagt, dass meine Eltern den Stecker für mein Kunststudium gezogen hatten. Es hat noch Zeit , dachte ich. Anträge, finanzielle Unterstützung, ein Stipendium … es musste noch Zeit sein, um die Richtung der Zukunft zu ändern.
    »Ja. Ich muss nur noch ein paar Zeichnungen fertig machen.« Ich füllte mein Skizzenbuch mit Entwürfen von Lexi, mit den Landschaften aus meinem Kopf und meinem Körper und von Xanda. Ich versuchte, den Weg dort wieder aufzunehmen, wo ich ihn verlassen hatte. Es war nicht so, wie du glaubst, hatte Dylan gesagt. Frag nicht deine Eltern. Die haben dich die ganze Zeit belogen.
    Der einzige Hinweis darauf, was wirklich passiert war, war das Foto, das ich bei Dylan hatte mitgehen lassen. An einem Samstagmorgen verbrachte ich eine Stunde damit, jedes Regal und jeden Schrank nach einem Bild von Xanda aus den Jahren vor ihrem Tod zu durchsuchen. Hatte Mom sie alle vernichtet? Die Fotoalben, die ordentlich sortiert auf den Regalen im Arbeitszimmer standen, enthielten Bilder von meinen Eltern, von mir, als ich noch klein war, und ein paar zufällige Schnappschüsse von Xanda als Kind, wie sie mich im Arm hielt, irgendwo im Hintergrund, fast wie ein Nachgedanke. Außer Bildern mit einem Ausschnitt ihres Armes hier, einer Locke da, gab es keine Beweise mehr für ihr Leben.
    Je größer mein Bauch wurde, desto größer wurde auch die Kluft zwischen mir und den anderen in der Schule. Für Delaney und ihre Gefolgschaft existierte ich gar nicht mehr. Ich wollte mit Kamran reden, aber was hätte ich ihm erzählen können? Von der Halloweenparty? Von Lexi? Er steckte bestimmt bis über beide Ohren in seinem Aufnahmeverfahren fürs MIT und für Harvard, das er sich wahrscheinlich als Alternative ausgesucht hatte. Das bestärkte mich darin, an der Baird festzuhalten. Ich hatte noch immer die Hoffnung, dass unsere Raum-Zeit-Kontinua sich irgendwie überschneiden würden.
    Als ich aus dem Unterricht kam, stieß ich fast mit einer flinken kleinen Blondine zusammen. Ich dachte, sie wäre eine neue Schülerin, bis ich die braunen Augen unter den frisch blondierten Haaren erkannte.
    »Chloe?« Ihr Haar hatte die gleiche Farbe wie Delaneys. Jetzt sahen sie wirklich aus wie Zwillinge. Sie trug einen engen, schwarzen Pullover, der mal Delaney gehört hatte. Und davor mir.
    »Oh, Rand. Hi.« Sie sah nervös zu mir auf, als wenn ich sie gleich wieder schubsen würde.
    »Es tut mir leid, was passiert ist«, sagte ich spontan.
    Sie spähte an mir vorbei, und ich folgte ihrem Blick. Delaney wartete auf sie, an ihrer Seite eine jüngere Delaney-Ausgabe, die als Beispiel dafür herhalten musste, wie man sich nicht kleiden sollte. Delaney sah ebenfalls anders aus – sie hatte sich von ungezogen in brav verwandelt. Sie hatte sich neu erfunden, um zum Objekt von Kamrans Begierde zu werden.
    »Ähm, ich muss los. Bis später«, murmelte Chloe, bevor sie in das neue

Weitere Kostenlose Bücher