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Erzaehl mir ein Geheimnis

Erzaehl mir ein Geheimnis

Titel: Erzaehl mir ein Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Cupala
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Richtung zu lenken.
    Essence schwallte über die bevorstehenden Proben zu Guys and Dolls, aber ich befand mich irgendwo zwischen verletzt und wütend. Hatte sie mein Geheimnis wirklich nur verraten, um Pluspunkte zu sammeln? Ging es hier darum, meine Mom zu beeindrucken? Plötzlich sah ich es ganz deutlich vor mir, Essence, wie sie mit ihrem Auto aus Milos Einfahrt raste, nur einen Anruf davon entfernt, mein Leben zu ruinieren.
    Als die Sachbearbeiterin mit der Rastalockenmatte auf uns zukam, überkam mich ein Anfall von Unsicherheit. Ich zupfte an meinen Klamotten herum und zog ganz unbewusst meinen Bauch ein, der sich innerhalb kürzester Zeit von fett in schwanger verwandelt hatte.
    Die Frau erreichte uns und starrte mich an. »Shelley Jones. Sachbearbeiterin. Kommen Sie bitte mit«, sagte sie.
    »Nun ja, ich kann nicht bleiben«, zwitscherte meine Mutter. »Ich muss auf …«
    »Oh«, sagte Shelley Jones, »es tut mir leid, arbeiten Sie auch hier? Ich hatte den Eindruck, dass nur Ihre Tochter hier arbeitet.«
    Wow. Das war beeindruckend! Und ein klein wenig beängstigend.
    »Äh, ja, natürlich«, antwortete meine Mutter. Sie wirkte verunsichert, so hatte ich sie noch nie erlebt. »Ich bin um sechs wieder da, um dich abzuholen.«
    »Machen Sie Viertel vor sieben draus. Wir gehen nicht sofort nach Hause, wenn geschlossen ist.«
    »Oh. Natürlich. Dann um Viertel vor sieben.« Weg war meine Mom und ließ mich mit Shelley allein. Schüchtern folgte ich ihr in ein Büro in der hinteren Ecke des Gebäudes. Deckenhohe, pflaumenfarbene Metalljalousien hingen an den Fenstern, heruntergelassen wie in einem Verhörraum. Sie schloss die solide Holztür hinter mir und ging um den Schreibtisch herum, zu einem Bürostuhl, der eindeutig für ihr beachtliches Gewicht entworfen worden war.
    »Wow, das war unglaublich …«
    »Du bist also das schwangere Mädchen, das ich einstellen musste. Mandy.«
    »Rand.«
    »Rand. Anscheinend soll ich dich wieder auf den rechten Weg bringen.« Ich stand immer noch da, unsicher ob ich stehen bleiben oder mich setzen sollte. Sie sah mich flüchtig an, wobei ihr Blick kurz an meinem neu gestreiften Bauch hängen blieb. »Was würdest du lieber tun, als in einer Bank zu arbeiten? Und erzähl mir jetzt nicht, mit deinem Freund kuscheln, weil ich das wirklich nicht hören will.«
    Wie der letzte Dorftrottel stand ich mit offenem Mund da und wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich meine, ich hatte noch nie jemand kennengelernt, der so … direkt war. Meine Familie funktionierte nicht so.
    Shelley lehnte sich weiter nach vorn. »Ich habe dir eine Frage gestellt. Bist du auf irgendeine Weise so beeinträchtigt, dass du meine Fragen nicht beantworten kannst?«, erkundigte sie sich mit vollkommen ausdruckslosem Gesicht und sah mich mit ihren großen, runden Augen fragend an.
    »Tut mir leid«, stammelte ich, »ich meine, nein, ich habe keinen Freund. Nicht mehr.«
    »Natürlich nicht. Jetzt, da es keinen Freund mehr gibt und du dieses Jahr deinen Schulabschluss machst, was sind deine Pläne?«
    »Kunst«, sagte ich, stolz darauf, endlich eine intelligente Antwort von mir gegeben zu haben. »Ich meine, ich bin Künstlerin.«
    »Also ist eine Ausbildung in der Bank die schlimmste Strafe, die deine Eltern dafür finden konnten, dass du schwanger geworden bist.«
    Das traf den Nagel so ziemlich genau auf den Kopf, oder? Also sagte ich einfach nur: »Ja.« Dann aber hatte ich meinen Eltern gegenüber Gewissensbisse und fügte hinzu: »Sie wollen ja nur, dass ich für das Baby sorgen kann, weil ich mich entschieden habe, es zu behalten.«
    Sie zog eine Augenbraue hoch und sah aus, als wenn sie mich in Stein verwandeln könnte. »Und warum hast du dich dafür entschieden, es zu behalten?«
    Ich dachte kurz daran, ihr von Xanda zu erzählen, von dem Weg, den ich suchte, dass dieses Baby der Vogel sein würde, der Ausweg, die Möglichkeit, die alles verändern würde. Stattdessen stotterte ich: »Es waren meine Eltern. Meine Eltern wollten, dass ich es zur Adoption freigebe. Ich wollte es von Anfang an behalten.«
    »Also bist du mit Absicht schwanger geworden?« Wieder dieses ausdruckslose Gesicht. Ich glaubte nicht, dass ich mich jemals daran gewöhnen würde.
    »Nein!« Da war ich mir ganz sicher. »Es ist einfach passiert. Es war ein Unfall.«
    »Natürlich«, sagte sie, als ob sie mir kein Wort glaubte. »Also, zurück zum Bankgeschäft. Kann ich annehmen, dass du planst, diese Ausbildung mit vollem Einsatz

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