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Erzaehl mir ein Geheimnis

Erzaehl mir ein Geheimnis

Titel: Erzaehl mir ein Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Cupala
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Rücken bemerkbar. Es verengte sich, als ob die Stimme meiner Mutter an den Verbindungsdrähten meines Körpers zog.
    »Denn wenn es so ist, dann bist du krank. Er ist krank. Er ist ein erwachsener Mann und du bist ein kleines Mädchen. Ist es das, was du hinter unserem Rücken getrieben hast?«
    Nein, ist es nicht.
    »Arbeitest du überhaupt in dieser Bank?« Die Stimme meiner Mutter wurde immer schriller. »Warum hast du mit ihm gesprochen? Erst wirst du schwanger, dann schleichst du dich heimlich aus dem Haus, dann gibst du dich mit den Arbeitern deines Dads ab und jetzt triffst du dich mit … wolltest du weglaufen?«
    »Nein!«
    »Was hattest du dann vor?« Das Gekreische hatte metallschmelzende Höhen erreicht und die Drähte um mich zogen sich immer enger, immer enger zusammen.
    »Ich hatte gar nichts vor.«
    »Was hat er dort gewollt? Kannst du dich nicht erinnern, was er
    Wie du
    Warum warst du
    Warum er
    Er
    Du … du … du … du …
    Xanda … du … Xanda … du
    Das Gekreische umgab mich wie ein hohes, verzweifeltes Summen, sackte in meinen Körper wie ein Knoten aus stechendem Schmerz, Schmerz, Schmerz , schwarz und heiß, wirbelnd in meinem Becken, wie Quecksilber, aufwärtskriechend in mein Herz, das aufhören würde zu schlagen, wenn sie nicht aufhören würde zu schreien oder wenn mich niemand von diesem Schmerz erlöste. Rasender Schmerz und schrille Stimmen, die schrien aufhören, aufhören, aufhören !
    »Hör auf!« Meine Stimme legte sich unter den Lärm wie Blut, das unter einer Tür durchsickert. Ein Feuerwehrauto fuhr mit heulenden Sirenen an uns vorbei, aber ich nahm es kaum wahr unter meinem Umhang aus blindem Schmerz. Vor meinem Auge lag ein schwarzer Tunnel, an dessen Ende ich Xanda sah, wie sie ihre Hände nach mir ausstreckte, während ich, schwer mit meinem kleinen Bündel, an ihr vorbeitrieb. Ich wollte es Xanda geben, die mir still einen Ausweg anbot. Oder war es etwas anderes, das sie mir anbieten wollte?
    »… und wenn du denkst, dass ich dich die gleichen Fehler machen lasse, dann …«
    »SCHLUSS!«
    Das Auto mitsamt ihrem Geschrei stoppte und vage nahm ich eine rote Ampel über meinem Kopf wahr. Draußen prasselte der Regen unaufhaltsam.
    »Was ist, Mandy?« Jetzt war es die Stille, die so laut war wie zuvor ihr Gekreische.
    Du bringst sie um . Ich war mir nicht bewusst, dass ich es geflüstert hatte, bis meine Mutter fragte: »Wen bringe ich um?« Da war ich aber schon draußen auf der Straße, und Wasser lief mein Gesicht und an den Haaren herunter, während ich mich zwischen den Autos duckte, um ihr zu entkommen. Ich rannte durch eine Kette von kleinen Geschäften, dorthin, wo sie mir mit ihrem luxuriösen Schiff von Auto nicht folgen konnte.
    Ich lief durch Dunkelheit und Wasser und Schmerz, so lange bis sich die Drähte, die sie mit ihrer Stimme festgezurrt hatte, lockerten und mein Körper sich wieder normal anfühlte. Bis dahin war ich schon am Park vorbei, an einem Secondhand-Schallplattenladen, an einem Café und an ein paar Mehrfamilienhäusern, und der Regen hatte längst meinen Mantel und die Außenseite meiner Tasche durchweicht. Ich lief, bis ich einen Unterstand an einer Bushaltestelle fand, überfüllt mit Arbeitern und Studenten, die auf dem Nachhauseweg waren, und einem schimpfenden Obdachlosen, der mir seine leere Hand entgegenstreckte.
    Mein Handy und meine Mappe mit den Zeichnungen, die sich in der Tasche befanden, waren zum Glück trocken geblieben. Die ersten fünf Telefonnummern in meinem Handy waren Zuhause, Kamran, Delaney, Chloe und Essence. Ich konnte keinen von ihnen anrufen.
    Ich hatte noch Niks Nummer aus den BabyCenter-Zeiten, obwohl ich sie nie angerufen hatte und es mir jetzt auch nicht vorstellen konnte. Was sollte ich sagen? »Ähm, hallo, Nik, oder vielleicht bist du auch Shelley, hier ist XandasEngel, aber eigentlich bin ich Rand, und in Wirklichkeit bin ich ein schwangerer Teenager und nicht eine verheiratete College-Studentin. Ich habe mich gerade mit meiner Mom gestritten, wegen dem Typen, mit dem du mich in der Bank gesehen hast. Könntest du mich abholen?«
    Das wäre so gut rübergekommen wie eine Fehlgeburt.
    Mein Bauch verkrampfte sich wieder, stieß Wellen von Schmerz in die Muskeln, die Lexi hielten, und presste uns beide zu einem harten Knoten zusammen. Ich schlang meine Arme um mich und spürte die Karte in meiner Tasche. Andres Karte. Andre Valesquez, Gelegenheitsjobs. Ich überlegte, ob das Abholen der Schwester seiner

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