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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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er mußte auf seinen zwei Beinreihen
    regelrecht hinken. Ein Beinchen war übrigens im Laufe der
    vormittägigen Vorfälle schwer verletzt worden - es war fast ein
    Wunder, daß nur eines verletzt worden war - und schleppte
    leblos nach.
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    Erst bei der Tür merkte er, was ihn dorthin eigentlich ge-
    lockt hatte; es war der Geruch von etwas Eßbarem gewesen.
    Denn dort stand ein Napf mit süßer Milch gefüllt, in der kleine
    Schnitten von Weißbrot schwammen. Fast hätte er vor Freude
    gelacht, denn er hatte noch größeren Hunger, als am Morgen,
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    und gleich tauchte er seinen Kopf fast bis über die Augen in
    die Milch hinein. Aber bald zog er ihn enttäuscht wieder zu-
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    rück; nicht nur, daß ihm das Essen wegen seiner heiklen linken
    Seite Schwierigkeiten machte - und er konnte nur essen, wenn
    der ganze Körper schnaufend mitarbeitete - , so schmeckte
    ihm überdies die Milch, die sonst sein Lieblingsgetränk war,
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    und die ihm gewiß die Schwester deshalb hereingestellt hatte,
    gar nicht, ja er wandte sich fast mit Widerwillen von dem Napf
    ab und kroch in die Zimmermitte zurück.
    Im Wohnzimmer war, wie Gregor durch die Türspalte sah,
    das Gas angezündet, aber während sonst zu dieser Tageszeit
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    der Vater seine nachmittags erscheinende Zeitung der Mutter
    und manchmal auch der Schwester mit erhobener Stimme
    vorzulegen pflegte, hörte man jetzt keinen Laut. Nun vielleicht
    war dieses Vorlesen, von dem ihm die Schwester immer er-
    zählte und schrieb, in der letzten Zeit überhaupt aus der Ü-
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    bung gekommen. Aber auch ringsherum war es so still, trotz-
    dem doch gewiß die Wohnung nicht leer war. "Was für ein
    stilles Leben die Familie doch führte", sagte sich Gregor und fühlte, während er starr vor sich ins Dunkle sah, einen großen
    Stolz darüber, daß er seinen Eltern und seiner Schwester ein
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    solches Leben in einer so schönen Wohnung hatte verschaffen
    können. Wie aber, wenn jetzt alle Ruhe, aller Wohlstand, alle
    Zufriedenheit ein Ende mit Schrecken nehmen sollte? Um sich
    nicht in solche Gedanken zu verlieren, setzte sich Gregor lieber in Bewegung und kroch im Zimmer auf und ab.
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    Einmal während des langen Abends wurde die eine Seitentü-
    re und einmal die andere bis zu einer kleinen Spalte geöffnet
    und rasch wieder geschlossen; jemand hatte wohl das Bedürf-
    nis hereinzukommen, aber auch wieder zuviele Bedenken.
    Gregor machte nun unmittelbar bei der Wohnzimmertür halt,
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    entschlossen, den zögernden Besucher doch irgendwie herein-
    zubringen oder doch wenigstens zu erfahren, wer es sei; aber
    nun wurde die Tür nicht mehr geöffnet und Gregor wartete
    vergebens. Früh, als die Türen versperrt waren, hatten alle zu
    ihm hereinkommen wollen, jetzt, da er die eine Tür geöffnet
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    hatte und die anderen offenbar während des Tages geöffnet
    worden waren, kam keiner mehr, und die Schlüssel steckten
    nun auch von außen.
    Spät erst in der Nacht wurde das Licht im Wohnzimmer
    ausgelöscht, und nun war leicht festzustellen, daß die Eltern
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    und die Schwester so lange wachgeblieben waren, denn wie
    man genau hören konnte, entfernten sich jetzt alle drei auf
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    den Fußspitzen. Nun kam gewiß bis zum Morgen niemand
    mehr zu Gregor herein; er hatte also eine lange Zeit, um un-
    gestört zu überlegen, wie er sein Leben jetzt neu ordnen soll-
    te. Aber das hohe freie Zimmer, in dem er gezwungen war,
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    flach auf dem Boden zu liegen, ängstigte ihn, ohne daß er die
    Ursache herausfinden konnte, denn es war ja sein seit fünf
    Jahren von ihm bewohntes Zimmer - und mit einer halb unbe-
    wußten Wendung und nicht ohne eine leichte Scham eilte er
    unter das Kanapee, wo er sich, trotzdem sein Rücken ein we-
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    nig gedrückt wurde und trotzdem er den Kopf nicht mehr er-
    heben konnte, gleich sehr behaglich fühlte und nur bedauerte,
    daß sein Körper zu breit war, um vollständig unter dem Kana-
    pee untergebracht zu werden.
    Dort blieb er die ganze Nacht, die er zum Teil im Halbschlaf,
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    aus dem ihn der Hunger immer wieder aufschreckte, verbrach-
    te, zum Teil aber in Sorgen und undeutlichen Hoffnungen, die
    aber alle zu dem Schlusse führten, daß er sich vorläufig ruhig
    verhalten und durch Geduld und größte Rücksichtnahme der
    Familie die

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