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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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wie ein Hungriger die Nahrung. Er
    schwang sich über, als der ausgezeichnete Turner, der er in
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    seinen Jugendjahren zum Stolz seiner Eltern gewesen war.
    Noch hielt er sich mit schwächer werdenden Händen fest, er-
    spähte zwischen den Geländerstangen einen Autoomnibus, der
    mit Leichtigkeit seinen Fall übertönen würde, rief leise: "Liebe Eltern, ich habe euch doch immer geliebt", und ließ sich hinab-35
    fallen.
    In diesem Augenblick ging über die Brücke ein geradezu
    unendlicher Verkehr.

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    Franz Kafka: Erzählungen

    - 132 -
    DER KÜBELREITER

    Verbraucht alle Kohle; leer der Kübel; sinnlos die Schaufel;
    Kälte atmend der Ofen; das Zimmer vollgeblasen von Frost;
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    vor dem Fenster Bäume starr im Reif; der Himmel, ein silber-
    ner Schild gegen den, der von ihm Hilfe will. Ich muß Kohle
    haben; ich darf doch nicht erfrieren; hinter mir der erbar-
    mungslose Ofen, vor mir der Himmel ebenso, infolgedessen
    muß ich scharf zwischendurch reiten und in der Mitte beim
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    Kohlenhändler Hilfe suchen. Gegen meine gewöhnlichen Bitten
    aber ist er schon abgestumpft; ich muß ihm ganz genau nach-
    weisen, daß ich kein einziges Kohlenstäubchen mehr habe und
    daß er daher für mich geradezu die Sonne am Firmament be-
    deutet. Ich muß kommen wie der Bettler, der röchelnd vor
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    Hunger an der Türschwelle verenden will und dem deshalb die
    Herrschaftsköchin den Bodensatz des letzten Kaffees einzuflö-
    ßen sich entscheidet; ebenso muß mir der Händler, wütend,
    aber unter dem Strahl des Gebotes "Du sollst nicht töten!"
    eine Schaufel voll in den Kübel schleudern.
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    Meine Auffahrt schon muß es entscheiden; ich reite deshalb
    auf dem Kübel hin. Als Kübelreiter, die Hand oben am Griff,
    dem einfachsten Zaumzeug, drehe ich mich beschwerlich die
    Treppe hinab; unten aber steigt mein Kübel auf, prächtig,
    prächtig; Kamele, niedrig am Boden hingelagert, steigen, sich
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    schüttelnd unter dem Stock des Führers, nicht schöner auf.
    Durch die festgefrorene Gasse geht es in ebenmäßigem Trab;
    oft werde ich bis zur Höhe der ersten Stockwerke gehoben;
    niemals sinke ich bis zur Haustüre hinab. Und außergewöhnlich
    hoch schwebe ich vor dem Kellergewölbe des Händlers, in dem
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    er tief unten an seinem Tischchen kauert und schreibt; um die
    übergroße Hitze abzulassen, hat er die Tür geöffnet.
    "Kohlenhändler!" rufe ich mit vor Kälte hohlgebrannter Stimme, in Rauchwolken des Atems gehüllt, "bitte, Kohlenhändler, gib mir ein wenig Kohle. Mein Kübel ist schon so leer,
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    daß ich auf ihm reiten kann. Sei so gut. Sobald ich kann, be-
    zahle ich's."
    Der Händler legt die Hand ans Ohr. "Hör ich recht?" fragte er über die Schulter weg seine Frau, die auf der Ofenbank
    strickt, "hör ich recht? Eine Kundschaft."
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    "Ich höre gar nichts", sagt die Frau, ruhig aus und einat-mend über den Stricknadeln, wohlig im Rücken gewärmt.
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    Franz Kafka: Erzählungen

    - 133 -
    "O ja", rufe ich, "ich bin es; eine alte Kundschaft; treu ergeben; nur augenblicklich mittellos."
    "Frau", sagt der Händler, "es ist, es ist jemand; so sehr kann ich mich doch nicht täuschen; eine alte, eine sehr alte
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    Kundschaft muß es sein, die mir so zum Herzen zu sprechen
    weiß."
    "Was hast du, Mann?" sagte die Frau und drückt, einen
    Augenblick ausruhend, die Handarbeit an die Brust, "niemand ist es, die Gasse ist leer, alle unsere Kundschaft ist versorgt; 10
    wir können für Tage das Geschäft sperren und ausruhn."
    "Aber ich sitze doch hier auf dem Kübel", rufe ich und ge-fühllose Tränen der Kälte verschleiern mir die Augen. "Bitte seht doch herauf; Ihr werdet mich gleich entdecken; um eine
    Schaufel voll bitte ich; und gebt Ihr zwei, macht Ihr mich ü-
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    berglücklich. Es ist doch schon alle übrige Kundschaft versorgt.
    Ach, hörte ich es doch schon in dem Kübel klappern!"
    "Ich komme", sagt der Händler und kurzbeinig will er die Kellertreppe emporsteigen, aber die Frau ist schon bei ihm,
    hält ihn beim Arm fest und sagt: "Du bleibst. Läßt du von dei-20
    nem Eigensinn nicht ab, so gehe ich hinauf. Erinnere dich an
    deinen schweren Husten heute nacht. Aber für ein Geschäft
    und sei es auch nur ein eingebildetes, vergißt du Frau und
    Kind und opferst deine Lungen. Ich gehe." "Dann nenn ihm aber alle Sorten, die wir auf Lager haben; die Preise rufe

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