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Erzaehlungen

Erzaehlungen

Titel: Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Bernhard
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wollte, warum. Im zweiten Stock ist es noch trockener als im ersten und die Luft ist im zweiten noch besser als im ersten und der Lärm kaum mehr zu hören. Aber das mich noch immer und das heißt jetzt, nachdem ich auf die Machenschaften meines Sohnes und meiner Schwiegertochter gekommen bin, mit noch viel größerer Intensität als vorher interessierende Geschäftunten, und alles mit dem Geschäft unten zusammenhängende war mir jetzt oben noch weiter entglitten, zu mühselig, um alle Augenblicke hinunter zu gehn, sagt Humer, schreibt Enderer, auch zu auffällig, andauernd hinunter und wieder herauf und wieder hinunter und wieder herauf zu gehn, vor allem, was das heißt, sagt Humer, unter ihren haßerfüllten Blicken!, so kam ich also kaum mehr in das Geschäft, und wenn, dann doch nur für einen Augenblick um meine Indizien, meinen Verdacht ihren Betrug betreffend zu vermehren, Gefälschtes, sagt Humer, schreibt Enderer, an mich zu nehmen, Abschriften zu machen in aller Eile und mit großer Vorsicht unbemerkt, was das schwierigste gewesen ist, denn mein Sohn und meine Schwiegertochter hatten ja längst umgekehrt Verdacht geschöpft, daß ich Verdacht habe ... in der Nacht beschäftigten mich dann ausschließlich diese Papiere, sagt Humer, weil man mich im zweiten Stock in Ruhe ließ, vollkommen ungestört, sagt Humer, das sicher ein Vorteil, sagt Humer, schreibt Enderer, der plötzlich ausruft: alles gefälscht! Einfach alles gefälscht! Die ganze Buchhaltung gefälscht! Und nicht, wie man annehmen möchte, Fälschungen gegen die Finanzbehörde, nein, Fälschungen gegen mich! Es ist mir nichts anderes übrig geblieben, als mich an Sie zu wenden, sagt Humer zu mir, schreibt Enderer. Das ganze muß vor Gericht, sagt er, alles vor Gericht, wer denkt da noch an Rücksicht, wo es sich um ein Komplott gegen den eigenen Vater handelt! Natürlich, der zweite Stock ist der idealste, habe ich gedacht , aber nichts davon gesagt . Im Gegenteil. Er schwieg und spielte, was er in der Zwischenzeit mit Könnerschaft erlernt gehabt hatte, Opfer. Die Beschwerlichkeit, die unmenschliche Anstrengung, in den zweiten Stock hinauf und wieder vom zweiten Stock herunter zu steigen, er nahm sie in Kauf. Keine Lifte, wie Sie wissen, in der Saggengasse keine Lifte, sagt Humer. In den zweiten Stock lud ich mir meine alten Freunde ein, sagt er, schreibt Enderer, die bestärkten ihn nicht nur in dem Verdacht, daß man ihnbetrügt, was ja offensichtlich gewesen ist an Hand unzähliger, jetzt auf meinem Schreibtisch liegender Beweise, sondern in der Absicht, mit der ganzen Sache zu einem Anwalt und das heißt, vor Gericht zu gehn. Ich habe ja schon jahrelang nicht mehr nur von Verdacht sprechen können, sagt Humer, das halte ich meiner Aufmerksamkeit zugute, meiner Liebe zum Geschäft in der Saggengasse, plötzlich rief er aus: die Liebe zu meinem Geschäft hat mir kein Mensch nehmen können! schreibt Enderer, dann, schreibt Enderer, setzt Humer sich in den Sessel und wickelt sich, so gut es geht, in den Wetterfleck ein. Jetzt wirst du das Schneidersiegel nicht mehr sehen, dachte ich, schreibt Enderer, alles deutet darauf hin, daß er den Wetterfleck nicht mehr auszieht, im Gegenteil, er wird sich von jetzt an nur noch mehr in den Wetterfleck einwickeln, mehr und mehr einwickeln in den Wetterfleck, während Humer noch ein mit Haushaltsspagat zusammengeschnürtes Paket aus dem Wetterfleck hervorholte und auf meinen Schreibtisch legte. Alles weitere Beweise, alles weitere Indizien, sagte er, schreibt Enderer. Und jetzt notieren Sie, sagt Humer, schreibt Enderer und Humer eröffnete mir zum erstenmal: vor einer Woche ist mir plötzlich gesagt worden, ich solle auch aus dem zweiten Stock ausziehen und in den dritten Stock. Mein Sohn machte mir den sonderbaren Vorschlag, wie ich gerade mit der Lektüre von Zellstoff- und Preßpapierprospekten beschäftigt bin. Nicht einen Augenblick zweifelte ich daran, daß, während mein Sohn mich aufforderte, aus dem zweiten Stock auszuziehen, mich in Wirklichkeit, durch seinen unverschämten Mund allerdings, sagt Humer, mich meine Schwiegertochter dazu aufforderte. Ja, habe ich gesagt, sagt Humer und er habe sich dabei bemüht, ruhig zu bleiben, nicht in Erregung zu kommen, ja, also auch aus dem zweiten Stock heraus und in den dritten! Und er habe mehrere Male wiederholt: und in den dritten, und in den dritten, weil, inzwischen waren noch zwei geboren, ein viertes Kind kommt ... ein viertes Kind, sagt Humer

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