Erzaehlungen
Mondes auf seinen Wellen weitertragend.
Und Franz Weldein begann sein Werk. Nach wenigen Minuten waren zwei Lagen von Steinen ausgesprengt. Nichts ... nichts. Jetzt rollte ein Wagen oben über die Brücke ... dumpf ... schwer ... Franz begann von neuem ... Und hier ... ja ... etwas, das aussah wie ein Tuchende ... und jetzt ... noch ein Stein ... Es rauschte und hallte wider ... und das? das! Es war dunkel unter der Brücke, mit beiden Händen griff Franz nach etwas Weißem, das dalag. Ein Tuch ... zusammengebunden. Auf damit ... Er riß die Knoten auseinander ... Gold ... Banknoten ... Ja! er war's! der Schatz! Der Reichtum, das Glück! Und Franz steckte das Ganze unter den Kittel ... mit zitternden Händen ... War's denn möglich? Und wie er unter der Brücke wieder hervortrat und das Licht der freundlichen Nacht ihn umglänzte, da hätte er auf die Knie fallen mögen, weinen ... vor Freude ... vor Glück. Er begann zu laufen ... plötzlich hielt er inne ... Er blickte um sich. Niemand in der Nähe? Ja doch, ein paar harmlose Spaziergänger ... Aber schnell gehen mitten in der Nacht könnte Verdacht erregen. Verdacht? Hat er denn ein Unrecht getan? Nun ... immerhin ... Und so ging er denn in bedächtigem Schritt weiter, die linke Hand gemächlich in der Hosentasche, mit der Rechten seinen Reichtum unter dem Arbeitsrock schützend.
Ein Gefühl von unendlichem Frieden überkam ihn allmählich ... Nun war alles gut. Und sein Bild so gut wie vollendet ... Ruhe, Reichtum ... alle Wonnen der Erde! Und der alte Mann, der sterben mußte? – Der junge Weldein begann rasch zu gehen ... wer weiß, ob der Anblick des wiedergefundenen Geldes den Alten nicht wieder gesund machen würde. Was hatte ihn denn krank gemacht? Die Armut, die Hoffnungslosigkeit, das Elend. Also hin, rasch hin, um ihm das Glück und die Gewißheit guter Tage zu bringen. Als er in das kleine Vorzimmer trat, war alles ruhig. Nur keine Übereilung. Er wechselte den Rock, hing den Arbeitskittel wieder an den alten Platz. Das Tuch mit dem Geld schob er unters Hemd. Nun ins Zimmer. »Vater«, rief er, »ich bring' es! ich hab' es!« Und er stürzte zum Bette hin, da lag der Kranke bewußtlos, mit keuchendem Atem. Kalter Schweiß auf der Stirne. Gewiß, es ging zu Ende.
»Vater!« rief Franz .... Keine Antwort!
Vergeblich bemühte sich Franz, den Alten zu erwecken ... er rief ihn an, er schrie, er fuhr ihm durch das wirre Haar. Er hauchte ihn an ... Er rieb ihm die kalten Arme und Beine mit seinen warmen Händen ... Einmal glaubte er zu bemerken, daß sich die Augenlider öffnen wollten. Nichts ... nichts ... der Atem wurde schwächer ... Keine Bewegung; keine Antwort, die Zeit verrann, ratlos saß Franz da ... »Vater! ... Das Geld! ich hab' es hier.«
Gegen Morgen kam der Arzt. Er schritt rasch auf das Bett zu, kaum vernehmlich grüßend ... Er griff nach dem Puls ... »Nicht mehr fühlbar ...«, sagte er.
»Wie ... Sie meinen also?«
»Ich bitte« – flüsterte der Arzt, den Finger auf den Mund legend. Er wollte Ruhe, wollte den Atem beobachten. Er stand aufrecht da ... dann beugte er sich zur Brust des Alten und legte sein Ohr daran ... Nach zehn, zwanzig Sekunden erhob er sich langsam und streckte dem Sohn, der am Fußende des Bettes stand, den Blick angstvoll auf den Arzt gerichtet, die rechte Hand entgegen. Wortlos ... »Er ist tot?« schrie Franz auf ... die Hand ergreifend.
»Er hat ausgelitten«, sagte der Arzt bewegt. Franz sank auf einen Stuhl, dabei hörte er selbst, wie die Goldstücke in seiner Brust aneinanderklangen. Er zuckte zusammen, griff mit der einen Hand danach. Dann schaute er den Doktor an, ob er es gemerkt hätte ... nein! der war zum Fenster getreten. Er öffnete es. »Es ist so schwül hier«, sagte er leise. Die Morgensonne lag über den Nachbarsdächern.
VIII
Zwei Männer gingen miteinander die Stufen zum Klub hinauf ... Graf Spaun und Franz Weldein.
»Sind Sie denn wirklich in der rechten Stimmung?« fragte der Graf ...
»Sie wundern sich darüber?«
»Begreiflicherweise! Bedenken Sie nur, Sie kommen von dem kaum geschlossenen Grab Ihres Vaters zu mir gelaufen und beschwören mich, Sie heute hierher, an diese Stätte des Glanzes und der Freude zu führen.«
»Für mich ist sie nicht das! Für mich ist sie der Ort meiner Studien ... Und gerade dieses Bild liegt mir am Herzen, ich muß es malen, muß es bald malen ...«
»Sie haben doch schon vieles fertig?«
»Skizzen ... ja ... es fehlt mir noch etwas ...
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