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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Feuer, eine verwischte Fußspur, geknickte schwache Zweige, die Art der Eindrücke auf dem Boden, Alles diente ihm als Auskunftsmittel und Wegweiser.
    Don Vegal befürchtete, seine unglückliche Tochter sei zu Fuß über diesen steinigen und höckerigen Boden geschleppt worden; doch der Indianer machte ihn auf einige tiefer eingedrückte Kiesel aufmerksam, die den Fußtritt eines Reitthieres verriethen; über denselben zeigten sich die Gezweige nach einer Richtung und in solcher Höhe verboten, daß nur eine Person zu Pferde hatte bis dahin reichen können. In Don Vegal’s Herz schimmerte ein schüchterner Hoffnungsstrahl. Martin Paz war auf der einen Seite so vertrauensvoll, auf der anderen so gewandt, daß es für ihn weder unbesiegbare Gefahren, noch unübersteigliche Hindernisse gab.
    Eines Abends zwang die Erschöpfung Martin Paz und Don Vegal am Ufer eines Flusses Halt zu machen. Jener gehörte zu den Zuflüssen des Madeira und war dem Indianer vollkommen bekannt. Weitverzweigte Magnolien beugten sich über das Wasser und hingen mit denen am anderen Ufer durch schlanke Lianen zusammen.
    Waren die Räuber mit ihrer Beute nun stromauf-oder abwärts gezogen? Hatten sie den Wasserlauf quer überschritten? Diese Fragen drängten sich in Martin Paz’ Gehirn. Mit unendlicher Sorgfalt verfolgte er einige kaum erkennbare Spuren und gelangte längs des Ufers an eine etwas lichtere Stelle. Dort lehrten ihn dichtere Fußspuren, daß mehrere Menschen an dieser Stelle übergesetzt waren.
    Martin Paz suchte sich zu orientiren, als er nahe einem dichteren Gehölz einen dunklen Körper bemerkte. Schnell hatte er den Lasso wurfbereit zur Hand Und hielt sich zu einem Angriffe fertig, doch kaum einige Schritte weiter erkannte er ein auf dem Boden und in den letzten Zuckungen liegendes Maulthier. Das arme Thier mußte weit von dem Orte, nach dem es sich noch geschleppt hatte, verwundet worden sein, worauf wenigstens die zurückgelassene lange Blutspur, die Martin Paz auffand, hinzudeuten schien. Er bezweifelte gar nicht, daß die Indianer bei der Unmöglichkeit, es über den Wasserlauf zu bringen, dasselbe durch einen Dolchstoß hatten tödten wollen. Ihm schwanden nun alle Zweifel hinsichtlich der von seinen Feinden eingeschlagenen Richtung, und er schloß sich seinem Begleiter wieder an.
    »Morgen werden wir unser Ziel wahrscheinlich erreicht haben, sagte er.
    – So brechen wir im Augenblicke auf, antwortete der Spanier.
    – Doch müssen wir über diesen Fluß!
    – Wir schwimmen hindurch!«
    Beide entledigten sich ihrer Kleidung, die Martin Paz in einem Bündel über den Kopf hielt, und glitten geräuschlos in’s Wasser, aus Furcht, die Aufmerksamkeit einiger der in den Strömen Perus und Brasiliens so häufigen Kaïmans zu erregen.
    Sie erreichten glücklich das jenseitige Ufer. Martin Paz’ erste Sorge war es, die Fährte der Indianer aufzufinden; doch trotz der aufmerksamsten Betrachtung der Gebüsche und des Fußbodens vermochte er nichts zu entdecken. Da sie die schnelle Strömung aber ein gutes Stück abwärts getrieben hatte, gingen Martin Paz und Don Vegal wieder längs des Ufers stromauf und trafen wirklich die Fußspuren wieder an, welche sie nicht verkennen konnten.
    Dort hatte der Sambo mit seinen Begleitern, die sich unterwegs durch Zuzug vermehrten, den Madeira-Arm überschritten. Die Indianer der Ebene und der Berge, welche vorher ungeduldig den Ausgang der Empörung erwarteten, erfüllten, als sie erfuhren, daß man sie verrathen habe, die Luft mit ihrem Wuthgeheul und folgten, da sie ein Opfer für ihren Rachedurst in seinen Händen sahen, dem alten Häuptlinge nach.
    Das junge Mädchen war gefühllos für Alles, was um sie vorging. Sie bewegte sich, weil rohe Fäuste sie vorwärts stießen. Ja, hätte man sie mitten in diesen Einöden verlassen, sie würde kaum den Fuß gerührt haben, dem Tode zu entfliehen. Manchmal zog es noch wie eine Erinnerung an den jungen Indianer durch ihr Gemüth; doch bald sank sie wie eine leblose Masse über dem Halse ihres Maulthieres zusammen. Als sie auf der anderen Seite des Flusses ihren Räubern zu Fuße folgen mußte, zerrten sie zwei Indianer erbarmungslos mit sich fort, und eine lange Blutspur bezeichnete ihren Weg.
    Doch den Sambo kümmerte dieses Blut, das die von ihm eingeschlagene Richtung verrieth, nur wenig. Er näherte sich seinem Ziele, und bald wurde der betäubende Donner der Katarakten des Flusses hörbar.
    Der Indianerhausen erreichte eine Art Flecken,

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