Erzählungen
Zahl ihrer Genossen niederstreckten, doch unaufhaltsam stürmten sie gegen die Truppen vor. Es kam zu einem wüthenden Handgemenge, in dem Mann gegen Mann kämpfte. Martin Paz und Manangani verrichteten wahre Heldenthaten und entgingen nur wie durch ein Wunder dem drohenden Tode.
Sie wollten den Palast um jeden Preis erstürmen und sich in demselben festsetzen.
»Vorwärts!« rief Martin Paz, und seine Stimme begeisterte die Seinen zum Sturme.
Obgleich sie von allen Seiten beschossen wurden, gelang es den Indianern doch, die Soldatenkette um den Palast zu sprengen! Schon drängte sich Manangani nach dem Eingange, als er plötzlich halb zurückwich. Als sich die Reihen der Soldaten öffneten, demaskirten sich zwei Kanonen, Tod und Verderben unter die Angreifer zu speien.
Keine Secunde war zu verlieren, die Batterie mußte gestürmt werden, bevor sie Feuer gegeben hatte.
»Wir Beiden voran!« rief Manangani, der sich dicht an Martin Paz anschloß.
Doch Martin Paz hatte sich gebückt und hörte ihn nicht mehr, denn ein Neger raunte ihm die Worte ins Ohr:
»Don Vegal’s Haus wird geplündert; er wird vielleicht getödtet!«
Bei diesen Worten wich Martin Paz zurück. Manangani wollte ihn mit sich fortreißen, doch in diesem Augenblicke donnerten die Kanonen und schleuderten ihren Kartätschenhagel unter die Indianer.
»Zu mir!« rief Martin Paz, und sofort drängten sich einige ergebene Anhänger zu ihm und schlugen sich glücklich durch die Soldaten durch.
Diese Flucht hatte ganz dieselben Folgen, wie ein Verrath. Die Indianer glaubten sich von ihrem Führer verlassen. Vergebens versuchte Manangani, sie zum Kampfe zurück zu führen. Wieder knatterten die Gewehre in den Haufen hinein; nun wurde es unmöglich, die Bestürzten wieder zu sammeln; die Verwirrung erreichte ihren Gipfel, die Flucht wurde allgemein. Die Flammen, welche sich da und dort in der Stadt erhoben, verlockten einige der Flüchtlinge zur Plünderung; doch die Soldaten verfolgten sie mit den blanken Waffen und tödteten, was in ihre Hände fiel.
Inzwischen hatte Martin Paz Don Vegal’s Haus erreicht, das der Schauplatz eines erbitterten Kampfes war, den der Sambo selbst anführte. Den alten Indianer hatte ein doppeltes Interesse hierher getrieben, einmal bekämpfte er den Spanier, und dann wollte er sich Sarah’s als Geisel der Treue seines Sohnes bemächtigen.
Durch die Thür und die zum Theil zerstörten Mauern sah man Don Vegal, den Degen in der Faust und umgeben von seiner Dienerschaft, wie er der andringenden Masse widerstand. Der Stolz dieses Mannes und seine Tapferkeit hatten etwas Erhabenes. Er stand selbst in erster Reihe, und sein furchtbarer Arm umringte ihn mit Leichen der Gefallenen.
Doch was sollte er gegen die Menge der Indianer beginnen, welche sich durch die Besiegten von der Plaza-Mayor noch jeden Augenblick vermehrte? Don Vegal fühlte es selbst, daß seine Vertheidiger ermatteten, und schon blieb ihm nichts mehr übrig, als sich tödten zu lassen, als Martin Paz rasch wie ein Blitz seinen Angreifern in den Rücken fiel, sie nöthigte, sich gegen ihn zu wenden, bis es ihm mitten durch das Gewoge des Kampfes gelang, bis zu Don Vegal vorzudringen, den er mit dem eigenen Leib deckte.
»Brav, mein Sohn, brav!« rief Don Vegal Martin Paz zu.
Doch den jungen Indianer drückte ein schwerer Kummer.
»Brav, Martin Paz!« rief da eine andere Stimme, die ihm tief in die Seele drang.
Ehr erkannte die Stimme Sarah’s, und sein Arm richtete rings um ihn ein Blutbad an.
Des Sambo Truppe wich ihrerseits zurück. Wohl zwanzig Mal richtete dieser neue Brutus seine Schläge gegen seinen Sohn, ohne ihn erreichen zu können, und zwanzig Mal hatte Martin Paz die Waffe abgewendet, welche nahe daran gewesen war, seinen Vater zu treffen.
Plötzlich erschien Manangani blutbedeckt an des Sambo Seite.
»Du hast geschworen, rief er, eines Elenden Verrath an seinen Verwandten, Freunden und sich selbst zu rächen! Jetzt ist die Zeit dazu! Dort kommen Soldaten; der Mestize Andreas Certa ist unter ihnen!
– So komm, Manangani, erwiderteder Sambo mitwildem Gelächter, komm!«
Beide verließen Don Vegal’s Haus und gingen der Abtheilung, welche im Laufschritt daherkam, entgegen. Wohl legte man auf sie an, doch furchtlos ging der Sambo gerade auf den Mestizen zu.
Es war ein gewagtes Unternehmen, die Berge überschreiten zu wollen. (S. 267.)
»Sie sind Andreas Certa, sagte er zu ihm. Wohl, Ihre Braut befindet sich in Don Vegal’s
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