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Es bleibt natürlich unter uns

Es bleibt natürlich unter uns

Titel: Es bleibt natürlich unter uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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befangen.
    „Das weiß ich!“ — Sie trug einen altmodisch gearbeiteten Persianer mit breitem Kragen und eine Pelzmütze in der Form einer Haube, die unter dem Kinn zusammengebunden war und die Ohren bedeckte.
    „Wollen Sie ablegen, gnädige Frau?“
    „Nicht nötig, in meinem Alter ist einem nie warm genug.“ Sie angelte sich einen Stuhl heran, prüfte ihn, als könne er ein angebrochenes Bein oder eine herausstechende Feder in der Polsterung haben und ließ sich vorsichtig darauf nieder.
    „Setzen Sie sich, junger Mann!“ befahl sie.
    Lothar Lockner empfand einen belustigten Ärger, daß sie ihn wie einen Rekruten herumkommandierte und daß er sich ihrem Kommando so willig fügte, als sei ihm das Kreuz schon gebrochen.
    „Kann man hier ungeniert reden?“ fragte sie, „oder ist es gescheiter, wenn Sie mich in meiner Wohnung besuchen?“
    „Die Tür ist schalldicht gepolstert, und wir sind hier völlig ungestört...“ Er spielte nervös mit seinem Kugelschreiber.
    „Lassen Sie das Gefummel!“ sagte sie; „wenn Sie rauchen wollen, mich stört es nicht.“
    „Danke für die gütige Erlaubnis...“, murmelte er und zündete sich eine Zigarette an. „Und was verschafft mir das Vergnügen Ihres Besuches?“
    Sie schaute sich im Büro um, schielte über die Manuskripte auf dem Schreibtisch, schnupperte leicht angewidert den Petroleumgeruch der Bürstenabzüge ein, von denen ein feuchtes Bündel gerade vor ihm lag und sagte: „Wie wird das eigentlich gemacht, junger Mann, daß die Artikel immer genau mit der Seite abschneiden und immer haarscharf in die Kästchen passen?“
    Lieber Gott! War sie gekommen, um sich von ihm die Geheimnisse des Zeitungsumbruchs erklären zu lassen?
    „Ich führe Sie gern einmal durch die Druckerei, wenn der technische Betrieb Sie interessiert...“
    „Er interessiert mich überhaupt nicht!“ knurrte sie ihn an; „mich interessiert nur, wie Sie eigentlich zu Johanna stehen.“
    Sie hatte eine verteufelte Art, einem die Pistole auf die Brust zu setzen, aber sie überraschte ihn damit nicht.
    „Ich weiß nicht, ob Sie wissen, gnädige Frau, daß ich weiß...“ tastete er sich vor.
    „Natürlich weiß ich das, — und Sie scheinen den Mund gehalten zu haben. Wenigstens bis jetzt...“
    „Haben Sie daran etwa gezweifelt?“
    „Ich traue niemand! Manchmal nicht einmal mir selber!“ sagte sie grimmig und suchte eine Ablage für ihren Stock, aber da der Schreibtisch mit Papieren aller Art übersät war, mußte sie ihn zwischen die Knie klemmen.
    „Und was wünschen Sie von mir zu erfahren?“ fragte er mit schief geneigtem Kopf und blickte ihr furchtlos in die wässrig-blauen Augen, über die sich dünne, pergamentene Lider spannten.
    „Johanna schreibt Ihnen regelmäßig, nicht wahr?“
    „Ja, fast täglich — und ich bemühe mich, ihre Briefe pünktlich zu beantworten. Wir sind nämlich Freunde...“
    Die alte Dame verzog das Gesicht, als hätte sie in etwas Saures gebissen: „Freunde... tchchch... das ist ein Wort, mit dem ich nicht viel anfangen kann. Freundschaft hat es zu meiner Zeit nur zwischen Personen des gleichen Geschlechts gegeben. Ich glaube nicht daran, daß das inzwischen sehr viel anders geworden ist. Oder steckt hinter dem Wort mehr, wie?“
    „In meiner Beziehung zu Jo?“ fragte er und hüstelte sich einen kleinen Belag von der Stimme; „ich glaube, Ihnen mit gutem Gewissen versichern zu können, daß zwischen uns beiden nichts anderes als ein rein freundschaftliches Verhältnis besteht.“
    Sie warf den Kopf mit einem kleinen Ruck vor, der hackenden Bewegung eines Vogels, der nach einem Korn pickt.
    „Und wäre es auch Freundschaft geblieben, wenn die Geschichte mit dem Kind, das sie erwartet, nicht dazwischengekommen wäre?“
    Lothar Lockner drückte seine Zigarette auf dem Rand des Aschenbechers aus. Ein Glutstäubchen schob sich zwischen Haut und Nagel und verursachte für einen Moment einen stechenden Schmerz. Aber er zuckte nicht zusammen.
    „Das ist eine Frage, die ich nicht beantworten kann“, sagte er steif; „und wenn ich sie beantworten könnte, würde ich es sehr wahrscheinlich nicht tun. — Sie wollen mit Ihrer Frage vermutlich feststellen, ob ich mich in diesem Fall in Ihre Enkelin verliebt hätte, nicht wahr?“
    „Pffff!“ machte sie und stieß den Stock ungeduldig auf den Boden. „Liebe...! Hören Sie mir damit auf! Was ist das schon? — Denken Sie jetzt nicht: das alte Weib hat leicht reden, — die ist jenseits von Gut

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