Es blieb nur ein rotes Segel
wäre.
Fürst Jussupow ließ ihn auch nicht warten. Er empfing ihn sofort in seinem, in Prunk erstarrten großen Arbeitszimmer. Durch die hohen Fenster, die zur Moika gingen, flutete die Wintersonne. Jussupow zeigte auf einen der wertvollen, geschnitzten und vergoldeten Brokatsessel; aber Burjew zog es vor, zu stehen.
»Ich weiß, was Sie zu sagen haben!« Jussupow winkte mit beiden Händen ab. Er war ein zartgliedriger Mann mit einem schmalen Aristokratengesicht, das wie für eine Gemme geschnitten aussah. »Ich habe genug Duelle erlebt … dumm und sinnlos sind die meisten. Das hier ist das allerdümmste! Wenn ich zwischen Kramskoj und Soerenberg vermitteln könnte …«
»Der Herr Baron bestehen auf schwere Säbel!« sagte Burjew steif. »Sie kennen den Grund, Hoheit?«
»Ja. Kramskoj mußte ihn mir beichten. Wenn er sich schon bei mir schlagen will … Kann man der jungen Dame nicht anders Genugtuung gewähren? Kramskoj ist bereit, ihr ein kleines Landgut zu überschreiben …«
»Wie groß muß seine Angst sein!« sagte Burjew ironisch. »Sprechen wir nicht mehr darüber. Hoheit, als Gastgeber können Sie die Zeit bestimmen …«
Nun war der Tag gekommen. Ein Freitag … Burjew hatte auf Boris eingeredet, den Tag zu verschieben. Er war abergläubisch, Boris nicht.
»Ein Säbel kennt kein Datum!« lachte er jungenhaft. »Ein Säbel schlägt so, wie er geführt wird!«
Um halb zehn versammelten sich zehn in Pelze gehüllte Männer vor dem Lokal von Burjew. Sie kamen in drei Kutschen, tranken schnell eine Schale Tee mit Wodka und lüfteten die Mäntel. Burjew ging an ihnen vorbei, als schritte er eine Front ab. Pistolen in den Gürteln. Dolche und Messer. Zwei Gewehre, vor die Brust geschnallt. Die dicken, weiten Mäntel verbargen alles. »Ich habe noch vier Dynamitpackungen aufgeladen«, meinte Burjew. Er trug einen Frack und sah aus, als wolle er eine Galavorstellung der Oper besuchen.
Boris Davidowitsch hatte sich ebenfalls umgezogen. Er hatte die Uniform mit einem schlichten, grauen Zivilanzug gewechselt. Bei ihm war es gleichgültig, was er trug … das Duell fand mit nacktem Oberkörper statt. Wer verlor, würde sowieso in seinem eigenen Blut schwimmen.
Pünktlich um zehn Minuten vor zehn fuhren Burjew und Boris in ihrer Troika in den großen Ehrenhof des Jussupowpalastes ein. Lakaien sprangen hinzu und schlugen die Felldecken zur Seite.
Unten, auf der letzten Stufe des berühmten Treppenhauses des Palais, eine neubarocke Prunkorgie des Baumeisters Monighetti, unter dem riesigen Kristallkronleuchter, in dem sich jetzt die strahlende, kalte Wintersonne spiegelte und glitzernde Reflexe auf die Marmorfiguren in den Nischen warf, erwartete sie Fürst Jussupow im feierlichen, schwarzen Gehrock.
Soerenberg verneigte sich stumm.
»Ich begrüße Sie in meinem Haus, Boris Davidowitsch«, sagte Fürst Jussupow mit belegter Stimme. »Mir wäre lieber, ich könnte Sie wie einen Freund umarmen und in einen festlichen Saal führen.«
»Es ist in der Tat für mich heute ein Fest, Hoheit!« Boris von Soerenberg sah den Fürsten mit einer wilden Entschlossenheit sprühenden Auges an.
Der Fürst verstand den Blick und seufzte leise.
»Ich bin bereit. Wo treffe ich Kramskoj?«
Jussupow hatte es offensichtlich nicht so eilig. Er wartete, bis die Lakaien auch die Mäntel der Gäste abgenommen hatten und machte keine Anstalten, die Treppe freizugeben.
»Es war eine Fahrt durch den Frost«, sagte er. »Sie sollten sich aufwärmen, lieber Freund. Ich habe einen Imbiß herrichten lassen …«
»Nach dem Duell, Hoheit!« Soerenberg lächelte höflich. »Ich bin gut durchgewärmt. Meine Muskeln sind beweglich. Was ich brauche, sind nur die Waffe und Kramskoj.«
»Ich habe als Austragungsort mein kleines Theater gewählt.« Jussupow machte eine weite Handbewegung, die wohl andeuten sollte, daß irgendwo in dem weiträumigen Palast auch ein kleines Privattheater existierte. »Es läßt sich am besten abschirmen.«
»Ihr Theater?« Boris Davidowitsch war erstaunt, aber Jussupow strahlte. »Ihr Humor ist bemerkenswert! Ich hoffe, Sie nicht zu enttäuschen und werde bemüht sein, einen guten Akteur abzugeben. Lassen wir also Kramskoj nicht warten …«
Der Fürst sah ein, daß es sinnlos war, weitere Ablenkungen anzubringen. Er drehte sich um und ging voraus.
Er führte Soerenberg und Burjew durch Gänge und Säle in einen langen, neuerbauten Seitenflügel, der weit in den Garten hineinragte. Das Ende dieses Flügels
Weitere Kostenlose Bücher