Es darf auch mal Champagner sein
Schluck nippt. Ich habe schon oft Wein getrunken, sogar zu Hause. Jetzt habe ich einen 1970er Lake Erie bestellt, und diesmal will ich Kork drin schwimmen sehen!«
Der steinige Weg der Fortbildung
Jede Frau macht irgendwann im Leben den Versuch, sich fortzubilden.
Das kann bedeuten, dass sie sich ein paar Aerobicvideos kauft und danach turnt oder aber einen Kurzlehrgang belegt »1000 Worte Alltagshebräisch«, »Kontaktbridge«, »Die Ikebana bei den Mau-Mau«. Möglicherweise tritt sie auch die Rückreise durch ihr Leben an und landet in ihrer guten, alten, efeuberankten Uni in einem Abendkurs.
Ein solcher Kurs hält, was sie sich von ihm verspricht, denn er zieht die Frau aus ihren ewig gleichbleibenden vier Wänden und verschafft ihr ein Ziel, einen Traum, dem sie nachjagen kann. Außerdem rückt er sie zur Abwechslung einmal ein bisschen in den Mittelpunkt des Geschehens. Sie ist nun in der Lage, ihren Anteil zur Unterhaltung am Abendbrottisch beizusteuern. (»Stellt euch vor, Kinder, eure Mutter wäre heute beinahe in den Brennofen gefallen und ein Aschenbecher geworden!«) Mit einem Wort, der Kurs entreißt sie dem hinlänglich bekannten grauen Alltag.
Meine Nachbarin Marty zum Beispiel ist das, was man allgemein als »reines Muttertier« bezeichnet. Als ihr der Kinderarzt riet, mit ihren Sprösslingen Kindersprache zu reden, um sich besser mit ihnen zu verständigen, war sie die Erste, die auf allen vieren kroch, hemmungslos sabberte und »Giggi-diddi-daa« gurgelte. Wir staunten, aber Marty meinte, das sei eine neue Methode und sie sei ihren Kindern wenigstens einen Versuch damit schuldig.
Das war vor zehn Jahren. Heute sprechen Martys Kinder wie die Harvard-Absolventen. Dafür kann Marty sich die Babysprache nicht mehr abgewöhnen. Erst neulich abends sagte sie zu ihrem Mann: »Ich hab dir deine Heidi-Deidi frisch bezogen, und wenn du deine Muhmilli getrunken hast, kannssu Mami ein Bussibussi geben und hoppa-heia gehn.«
Ihr Mann sah sie gelassen an und meinte ganz ruhig:
»Ich habe es mir überlegt, Marty, du solltest doch Sprachunterricht nehmen. Mir scheint, deine Entwicklung ist rückläufig. Wie wär's mit einem Kurs, in dem du deinen Wortschatz erweiterst?«
Marty war ebenso fassungslos wie verletzt. Sie hatte nicht gemerkt, dass ihre Ausdrucksweise den Anforderungen nicht genügte. Es war die Geburtsstunde von Martys Selbstlehrmethode »Täglich ein Wort«.
Das ging ganz einfach: Morgens holte sich Marty einen Band des Lexikons aus dem Bücherregal und schlug ihn auf. Mit geschlossenen Augen ließ sie dann den kreisenden Finger auf einem Wort anhalten und machte es zum »Wort des Tages«.
Die Übung bestand nun darin, es mindestens fünfmal anzuwenden, ehe die Sonne sank. Unser ganzes Mitgefühl wandte sich der armen Marty zu.
Doch, doch, ich meine es ernst. Es war ihr manchmal fast unmöglich, ihr »Wort des Tages« in der Unterhaltung unterzubringen. Bei einem Damentee zum Beispiel musste sie »Tse-Tse-Fliege« erwähnen. »Ach«, fragte sie, »ist das eine Tse-Tse-Fliege?«
»Nein«, antwortete die Gastgeberin kalt, »das ist eine Rosine, und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie etwas leiser sprächen, solange ich den Kuchen herumreiche.«
Bei einer Cocktailparty sagte sie zum Chef ihres Mannes: »Ich habe den ganzen Vormittag lethargisch dagelegen, bis der Postbote kam.« Auf sein leichtes Befremden setzte sie hastig hinzu: »Das ist kein anstößiges Wort, es heißt einfach ›lässig auf dem Rücken‹«. An der Häufigkeit, mit der sie es gebrauchte, war ihr »Wort des Tages« meist zu erkennen. Wir nahmen folgenden Satz zu Protokoll: »Meine Probleme sind in letzter Zeit minimal, aber ich sage mir jeden Morgen, Marty, du bist zu jung, um dich von minimalen Dingen beeinflussen zu lassen. Sonst kriegst du vor lauter Sorgen noch eine minimale Grippe.« (Schon dreimal, bleiben zwei.) Bald merkten wir, dass die arme Marty wegen dem zunehmenden Stress durch die Familie schließlich kaum mehr Zeit fand, die Bedeutung ihrer Wörter nachzuschlagen. Wir hörten sie klagen: »Mein Leben lang wollte ich auf der Zymbeline spielen« oder »Bei Monotonie gewinne ich nie, die Kinder kaufen die Eisenbahnen und Industrieobjektive, und ich kann zusehen, wo ich bleibe.«
Ihr Weg zur Selbstverwirklichung endete schlagartig, als sie eines Abends ihren Mann fragte: »Hat Fred denn jetzt eigentlich bei seinem Examen reminisziert, oder hat ihn seine Prüfungshypnose fluoresziert?«
Wie Marty uns später
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