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Es darf auch mal Champagner sein

Es darf auch mal Champagner sein

Titel: Es darf auch mal Champagner sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erma Bombeck
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trage, waren die Augen eines Schneemanns. Aus meinem Spitzentuch nähten sie die Stola für eine Barbie-Puppe. Meine Pinzette diente dazu, einen Frosch zu sezieren. Sogar meine Kinnbinde gegen Doppelkinn war mit Schrot gefüllt und wurde im Hof als Schleuder gebraucht.
    Sie machen sich keine Vorstellung, welche Wut sich allmählich in mir aufstaute.
    In meiner Not kaufte ich mir einen riesigen, altmodischen Sekretär, in dem sich meine persönlichen Sachen unterbringen ließen. Er war einfach fantastisch, hatte 45 kleine Fächer, Geheimschubladen, Schiebetüren, und wenn man den Deckel nicht genau richtig hielt, fiel er herunter und schlug einem den Arm ab. In diesem Möbel verstaute ich all meine Wertsachen wie eine Packratte, die einen strengen Winter erwartet.
    Eine Weile ging alles gut. Dann begannen die Dinge wieder zu verschwinden. Meine Büroklammern wurden eine nach der anderen unsichtbar. Meine Wattebäusche. Sogar meine Paketgummis (und dabei bewahrte ich sie in einer leeren Schachtel Abführtabletten auf!). Aber ich bin allmählich müde, Doktor, ich kann einfach nicht mehr um alles kämpfen!«
    Der Doktor lächelte. »Sie leiden an einer bekannten Psychose, dem Wunsch nach Rückkehr ins Junggesellendasein, als Sie noch unabhängig waren und gewisse Rechte hatten. So etwas kommt nach achtzehnjähriger Ehe häufig vor! Warten Sie, ich schreibe Ihnen etwas auf.«
    Er stand auf, nahm das Sitzkissen vom Stuhl, zog daran einen Reißverschluss auf und brachte einen Schlüssel zum Vorschein. Mit diesem Schlüssel trat er an den sechsten Ziegelstein von rechts in der Kaminfassung, hinter dem eine kleine Kassette versteckt war. Diese schloss er auf.
    »Ich bewahre hier immer meinen Rezeptblock auf«, sagte er mit verlegenem Lachen. »Wenn ich den nicht verstecke, benutzt ihn meine Sprechstundenhilfe als Notizzettel.«
    »Ich verstehe vollkommen«, sagte ich.

Identifikationsschmerzen
    »Ehe Sie es von jemand anderem erfahren, Herr Doktor«, fuhr ich fort, »ich habe meine Identität gefunden. Sie ahnen nicht, was das bedeutet. Menschen, die mich jahrelang für ihre beste Freundin gehalten haben, nennen mich jetzt empört ›falsche Schlange‹, ›Schwindlerin‹ und ›Verräterin an der Sache‹. Und sie haben vollkommen Recht.
    Ich war von Anfang an nicht so sehr für die Gleichberechtigung der Frau. Müll wegschleppen, Sicherungen erneuern, Rasen mähen und Büsche düngen - das muss ich sowieso. Noch mehr Gleichberechtigung brächte mich um.
    Sie müssen wissen, Herr Doktor, ich bin der Typ Frau, der auf die Frage eines Interviewers ›Welchen Beitrag leisten Sie für das Ewigweibliche?‹ antworten würde: ›Beiträge laufen über das Büro meines Mannes.‹
    Dabei habe ich mir fest vorgenommen, im Leben mehr zu sein als nur irgendeine Nummer. Wie oft murmele ich vor mich hin: Wer bin ich eigentlich? Wo bin ich? Wohin gehe ich? Ich habe damit einmal eine Avon-Beraterin zu Tode erschreckt, als sie zu mir in die Küche vorgedrungen war.
    Eines Abends sagte ich sogar zu meinem Mann: ›Du hör mal, ich glaube, ich habe irgendwie meine Identität verloren.‹ Worauf er ohne aufzublicken antwortete: ›Die liegt bestimmt bei den Wagenschlüsseln. Und wo hast du die wieder gelassen?‹
    Und als ich mich mal richtig aus Herzensgrund mit meiner Mutter aussprechen wollte und ihr von Ödipuskomplex und Geschwisterneid erzählte, die sich bei mir tief ins Persönlichkeitsbild eingefressen hätten, wusste sie daraufhin nur zu sagen: ›Wie redest du eigentlich mit deiner Mutter?‹
    Die ersten Hinweise auf meine wahre Identität bekam ich, als eines Tages das Telefon klingelte und eine Stimme sagte: ›Hallo, Erma.‹
    Herr Doktor, ich schwöre Ihnen, mein Blick verschleierte sich, wie bei Ben Cartwright in Bonanza, wenn sein treues Pferd lahmt.
    Stockend fragte ich: ›Wie haben Sie mich gerade genannt?‹
    Die Stimme wiederholte den Namen.
    Das war es. Das musste meine Identität sein. Fieberhaft durchwühlte ich meine Handtasche: auf allen Mitgliedskarten, Scheckkarten, Leihscheinen der Stadtbücherei - der gleiche Name!
    Ich rannte ins Schlafzimmer und riss alle Schubladen heraus. Ich fand alte Zeugnisse der Kinder mit meiner Unterschrift, Taschentücher mit meinem Monogramm, Bücher mit der Widmung ›Für Erma‹ auf der ersten Seite. Endlich wusste ich, wer ich war. Dabei fiel eine Postkarte zu Boden. Sie war adressiert: ›An Mrs. Erma Bombeck, Gebäckmeisterin des weiblichen Pfadfindertrupps‹. Das war der

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