Es duftet nach Liebe (German Edition)
Frau?“
„Nein, für mich selbst“, antwortete ich ehrlich. „Ich muss mal wieder wechseln. Daher suche ich etwas Besonderes.“ Ich blickte mich kurz in der entsprechenden Abteilung um. Männerdüfte, die groß auf der Verpackung Genüsse wie Moschus, Sandelholz oder Meeresbrise anprangerten. Tabak hatte ich als Jugendlicher benutzt, weil es männlicher machen sollte. Doch darüber war ich längst hinweg. Das brauchte ich nicht mehr. Grinsend nahm ich eine glänzende, schwarze Schachtel in die Hand und überflog den in Silber gehaltenen Text flüchtig.
„Etwas Besonderes“, wiederholte sie nachdenklich und leckte sich kurz über die dezent rot geschminkten Lippen. Der Lippenstift schien absolut kussfest zu sein, denn ihre Zähne waren so weiß wie Schnee.
Mich reizte es, dies persönlich auszuprobieren und sie zu einem Kuss zu verführen, doch ich hielt mich zurück. In meinen Gedanken verwickelte ich ihren sinnlichen Mund jedoch bereits in einen leidenschaftlichen Kuss.
„Fruchtig, oder eher herb?“, fragte sie, schob ihre Nase näher an mich heran und schien an mir schnüffeln zu wollen. Tatsächlich atmete sie tief ein, um einen Hauch von meinem alten Parfüm in sich aufzunehmen. „Eher sinnlich würde ich sagen.“
Ihre Hand glitt an mir vorbei in das Regal, nahm eine der Flaschen und überreichte sie mir. Ein ovalförmiger, glasklarer Flakon, halb so groß wie meine Handfläche, mit einem schwarzsilbernen Etikett, das auch dezent rötlich-violett schimmerte, je nachdem wie das Licht drauf fiel, und auf dem in großen silbernen Buchstaben „new dimensions“ stand.
Mir gefiel der Titel auf Anhieb, auch wenn ich von diesem Produkt noch nie etwas gehört hatte. Eine neue Dimension des Duftes hörte sich äußerst sinnlich an.
Ich drehte die Flasche in meinen Händen, suchte nach einer Beschreibung der Duftnote, konnte aber weder den gewohnten Text über die Ingredienzien finden, noch den Hersteller ausmachen.
„Das ist eine Eigenkreation“, erklärte sie und sah mich dabei mit einem lasziven Augenaufschlag an, sodass mir ganz anders wurde.
Ich räusperte mich und wollte es zurück ins Regal stellen. Eigentlich hatte ich nicht vor, irgendwelche Experimente zu machen. Eine bekannte Marke hätte ich mir schon gewünscht.
Die Verkäuferin nahm es mir aus der Hand, sprühte eine kleine Portion davon auf einen dünnen Papierstreifen und hielt ihn mir unter die Nase. „Sinnlich und erotisierend und so besonders wie der jeweilige Träger. Bei jedem Menschen wirkt sich die Duftmischung anders aus.“
Ich nahm das Odeur mit einem tiefen Atemzug in mich auf und war angenehm überrascht. Es war eine leichte dezente Kopfnote, die einem zunächst wie frische Minze direkt ins Duftzentrum des Gehirns ging und dort für prickelnde Erfrischung sorgte. Doch je länger ich den Duft wahrnahm und je mehr er sich durch die Frischluft verflüchtigte, desto mehr verwandelte er sich. Erst glaubte ich eine würzige Note wie Zimt zu erkennen, doch als ich mich darauf konzentrierte, verwandelte sie sich in etwas Warmes, Süßliches. Und als ich einen weiteren Atemzug dieses Parfüms in mich einsog, musste ich plötzlich an frisches Moos denken, daneben ein frisch aufgeschnittener Pfirsich und ein Strauß aus Maiglöckchen. Die Duftnote schien aus beinahe jedem Bereich der Aromen einen kleinen Teil davon zu beinhalten.
Die Verkäuferin schnüffelte ebenfalls und sog den Duft des Parfüms in ihre Nase. „Ich rieche Schokolade und Kokos“, gab sie verträumt von sich. „Meine Kollegin beharrt darauf, dass es herb und frisch, wie eine Meeresbrise duftet.“ Das freundliche Lächeln kehrte auf ihr Gesicht zurück. „Auf jeden wirkt es anders … etwas ganz Außergewöhnliches, falls es das ist, wonach Sie gesucht haben.“
Das war in der Tat außergewöhnlich und absolut das, wonach es mir strebte. Ein Duft, der sich ständig wechselte und daher nie langweilig werden konnte. Vielleicht war das die Lösung schlechthin.
Ich kaufte das Parfüm. Die nette Verkäuferin beglückwünschte mich zu meiner Wahl.
„Es wird Ihnen ganz neue Möglichkeiten eröffnen“, sagte sie und überreichte mir die kleine Papiertüte mit meinem Einkauf.
Dessen war ich mir sicher, auch wenn ich in diesem Moment keinerlei Plan hatte, welche neuen Möglichkeiten genau ich mir damit erhoffen wollte. Ich ließ es einfach auf mich zukommen. Es war nur ein neuer Duft. Mehr als ein neues Gefühl würde es nicht heraufbeschwören können.
Froh
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