Es duftet nach Liebe (German Edition)
spürte es in mir selbst prickeln. Es war der glatte Wahnsinn.
Ich erwiderte den Kuss willig. Wann wurde man schon von einer schönen Frau aus heiterem Himmel geküsst, gleich, wer sie sein mochte. Ich genoss es einfach. Vermutlich würde die besondere Note, die diese Frau an mich fesselte, gleich verflogen sein, dachte ich, als eine weitere Frau um die Ecke gebogen kam und auf uns zuging. Sie war weitaus älter, bestimmt Mitte Ende dreißig und presste ihre schwarze Lederhandtasche enger an sich, als sie uns entdeckte.
Ihr Blick war äußerst missbilligend, sah sie in uns doch ein knutschendes Paar, das sich in die Abgeschiedenheit eines Toilettenkorridors geflüchtet hatte. Sie schob sich an der Wand entlang an uns vorbei, doch kaum, dass sie uns passiert hatte, blieb sie abrupt stehen und wandte sich um.
Oh, nein!
„Lavendel?“, fragte sie, als könne sie nicht glauben, was ihre Nase da eben aufgenommen hatte. Langsam kam sie wieder näher, hob ihre Nase in die Duftspur und nahm einen tiefen Atemzug. „Aus der Provence …“, raunte sie sinnlich und schloss genussvoll die Augen.
Ich machte mich von der Brünetten frei und schob mich weiter rückwärts, bis ich die Tür zur Männertoilette hinter mir spürte. Schnell öffnete ich sie, schlüpfte rasch hinein und knallte die Tür hinter mir zu.
Nicht, dass es mir nicht gefiel, nun bei den Frauen so begehrt zu sein. Es schmeichelte mir, auch wenn es nicht mein Verdienst war. Doch als die zweite Frau auf mich zukam, und meine Gedanken dahingingen, dass sie mich ebenfalls küssen wollte, wurde es mir dann doch etwas zu unheimlich.
Das war nicht normal – ganz und gar nicht.
Ich musste dieses Teufelszeug loswerden – oder zumindest in Zukunft etwas sparsamer und sorgsamer verwenden. Rasch holte ich den Flakon aus der Papiertüte und begutachtete das Etikett näher. Doch so oft ich es auch drehte und wendete, es stand nichts weiter drauf, als der Name des Parfüms.
Was ich bisher damit erlebt hatte, bestätigte die Beschreibung der Verkäuferin. Etwas Außergewöhnliches war es und es würde mir neue Möglichkeiten eröffnen. Da hatte sie wirklich recht. Damit würde ich es wesentlich leichter haben, neue Bekanntschaften mit Frauen zu machen.
Die Tür ging auf. Ich fuhr erschrocken herum, da ich dachte, die beiden Frauen wären mir in die Herrentoilette gefolgt. Doch soweit schien der Duft sie nicht vernebelt zu haben, dass sie dies wagten. Ein Mann kam herein, Mitte zwanzig vielleicht, jedenfalls nicht viel älter als ich, in lässiger Jeans und eng anliegendem, dezent gemustertem Hemd. Sein Blick streifte mich, blieb kurz bei meinem Gesicht hängen und riss sich wenig an meiner Person interessiert wieder los, um sich an eines der Pissoirs zu stellen.
Erleichtert drehte ich mich wieder um und suchte den Flakon ein weiteres Mal nach Hinweisen ab. Was ich mir davon versprach, konnte ich selbst nicht sagen. Meist waren die Inhaltsstoffe in chemiekryptisch geschrieben, was mir so wenig sagte, wie taiwanesische Schriftzeichen. Ich entschied, das Parfüm nur noch dann anzuwenden, wenn ich auf Eroberungstour war. Da würde es mir sinnvolle Hilfe leisten, wenn die Auserwählte sich zierte und nicht so recht auf meine Annäherungsversuche eingehen wollte.
Der andere Mann beendete sein Geschäft und stellte sich an das Waschbecken neben mir. Ich hielt inne und wartete, bis er seine Hände gewaschen und die Toilette verlassen hatte, ehe ich endlich den Wasserhahn aufdrehen und das Parfüm von meinem Hals waschen konnte.
Stumm trocknete der Andere seine Hände mit einem Papierhandtuch, warf den Knäuel in den Mülleimer und verschwand aus meinem Blickfeld hinter meinem Rücken.
Ich legte eben eine Hand an den Wasserhahn, als ich eine Berührung an meinem Rücken spürte. Einen Augenblick später schoben sich Hände von hinten um meinen Körper und presste sich an mich. Heißer Atem strich an meinem Hals entlang.
„Irisches Moos“, flüsterte eine männliche Stimme genüsslich. „Mit einem feinen Hauch von Zedern.“
Mich von einem Mann anfassen zu lassen, widerstrebte mir zutiefst.
Ich wirbelte herum. Da ich noch den Parfümflakon in der Hand hatte, betätigte ich kurzerhand den Sprühknopf, noch ehe ich über die Folgen dieser Aktion nachdenken konnte, und sprühte ihm die Flüssigkeit mitten ins Gesicht.
Es war nur ein Reflex, eine Handlung im Affekt.
Noch während ich den Knopf mit meinem Finger durchdrückte, wusste ich, dass es ein Fehler gewesen
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