Es duftet nach Liebe (German Edition)
Gläser mit Getränkeresten und Krümeln von Chips, Flips und den angebissenen Resten der Sandwiches, die ich mir von einem Cateringservice hatte liefern lassen, warf.
Während ich ihm einen säuerlichen Blick zuwarf, überlegte ich, was genau ich die vergangenen Monate an Eva gefunden hatte.
„Gibt es ein Problem?“, wollte mein Bruder wissen.
Ich schüttelte nur den Kopf. Auf gar keinen Fall würde ich nach Berlin fahren. Während ich mich von homosexuellen Händen durchwalken ließ, würde sie sich vermutlich kringelig lachen und blöde Witze über mich reißen. Nie im Leben würde ich mich dieser Blamage aussetzen.
Allerdings hatten mir ihre letzten Worte, nachdem wir uns getrennt und einander beteuert hatten, fortan nur noch Freunde zu sein, lange zu denken gegeben. Mit einem wissenden Lächeln hatte sie mir ins Gesicht gesagt, dass ich besser beim eigenen Geschlecht aufgehoben wäre, als bei einer Frau.
Zunächst war ich vor Scham knallrot angelaufen, überspielte es aber dann mit einem Wutanfall. Im allgemeinen Frust dieser Situation sah ich es schließlich als Racheakt an. Doch insgeheim wusste ich, dass mich Eva besser kannte, als ich es ihr zutraute. Immerhin waren wir siebzehn Monate zusammen gewesen und einmal hatte sie sogar das Thema Heirat angesprochen. Es war allerdings noch nicht zum entscheidenden Schritt gekommen, denn in mir sträubte sich etwas dagegen.
Gleich am nächsten Tag stand ich vor dem Reisebüro und wollte den Flug nach Griechenland buchen, nur um mir selbst zu beweisen, dass Evas Vermutung nicht stimmte. Doch als ich vor dem Laden stand, die Bilder von fernen Ländern studierte, entdeckte ich auch eines von einer Städtereise. Ausgerechnet das Brandenburger Tor prangte mir auf einem großen Plakat entgegen. Darunter in großen Lettern: „Entdecken Sie Berlin von seiner ganz anderen Seite.“
Lange starrte ich das Plakat an, konnte es kaum fassen. War es Zufall, oder hatte auch da Eva ihre Finger im Spiel? Immerhin kannte sie den Besitzer. Da war es naheliegend, dass sie ihre Finger im Spiel haben könnte.
Je länger ich vor dem Schaufenster stand und hin und her überlegte, desto mehr wurde mir klar, dass dies eine einmalige Chance war, einen kleinen Blick in diese andere Welt zu werfen, von der ich bisher nur geträumt hatte. Ich drehte mich um und ließ meinen Blick über die vorbeiflanierenden Passanten schweifen. Plötzlich sah ich nur noch männliche Paare, die Händchen haltend an mir vorbeigingen, obwohl ich mir klar war, dass dies nur Einbildung, ein Scherz meiner aufgewühlten Wahrnehmung sein konnte.
Eine bessere Gelegenheit würde ich nicht erhalten, wenigstens einmal in diese Welt hineinzuschnuppern. Unverbindlich und ohne Konsequenzen. Wie ein Probeabo, das man nicht abbestellen musste, da es von alleine ablief. Wenn ich wieder nach Hause zurückkehrte, würde ich eine Erfahrung reicher sein, entweder für alle Zeiten geheilt oder auf einem neuen Weg wandeln.
So saß ich zwei Wochen später tatsächlich im Zug nach Berlin.
Das Hotel selbst kam mir im ersten Moment wie ein wuchtiger Kasten vor, der mich überwältigte und mit seiner bloßen Größe und Erscheinung einschüchterte. Aus den unzähligen großen Fenstern blickte mir das Unbekannte wie der blanke Horror entgegen, sodass ich zögerte, einzutreten. Doch als ich all meinen Mut zusammengenommen und das Foyer betreten hatte, fühlte ich mich in der neuen Welt willkommen. Die Farbkombination von Schwarz und der Vielzahl von erdigen Gold- und Brauntönen in unterschiedlichen Nuancen sprach mich sofort an. Die Anspannung fiel von mir ab. Ich checkte ein und befand mich schließlich wenige Minuten später in meinem Zimmer, wo ich erst einmal tief durchschnaufte und durch eines der raumhohen Fenster die Skyline von Berlin genoss. Ich konnte nicht sagen, woran es lag, am ansprechenden Ambiente des Hotels, das auf den Bildern im Internet nicht einmal halbwegs so intensiv rüberkam, oder daran, dass die Luft hier irgendwie anders roch, als zuhause. Irgendwie würziger, sinnlicher, mit einem Schuss Abenteuerlust. Was auch immer ich an diesem Wochenende erleben würde, es würde mein weiteres Leben prägen – dessen war ich mir absolut sicher.
Ich machte mich frisch und – da es bereits Zeit zum Abendessen war – machte ich mich auf in das hoteleigene Restaurant, um mich auch kulinarisch verwöhnen zu lassen. Das morgige Programm war dank Eva bereits mit den Wellnessangeboten des Hotels verplant, sodass ich
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