Es duftet nach Liebe (German Edition)
umstellen. Das Los einer Bäckermeisterin. Und um ihre Liebste nicht zu wecken, hatte Marina es sich recht schnell zur Gewohnheit werden lassen, im Wohnzimmer zu lesen.
Meist in genau dieser Position, in der Mei sie auch jetzt wieder bewunderte und dies stundenlang tun konnte.
Plötzlich wurde die heimliche Beobachterin aus ihren Gedanken gerissen.
Marina schaute sie mit ihren hellgrünen Augen direkt an, fesselte den wandernden Blick der Architektin und ließ ihn nicht mehr frei. Diese bekam nur am Rande mit, wie das Buch zu Boden sank, viel zu sehr faszinierte sie das süße Lächeln auf den Lippen der Bäckerin. Die sich jetzt auch noch lasziv mit der Zunge langsam über diese strich.
Ohne Marina aus den Augen zu lassen, löste sie sich vom Geländer, wandelte die wenigen Schritte zur Wendeltreppe. Ihre Bewegungen wurden von hellgrünem Blitzen begleitet. Immer schneller, immer vorfreudiger strömte endorphingeladenes Blut durch Meis Adern. Sie konnte es kaum erwarten, die räumliche Distanz zwischen ihnen zu überbrücken und endlich diese zart-weichen Lippen auf ihrer Haut zu spüren.
Diese Lippen, die beinahe waffenscheinpflichtig waren, bei dem, was ihre Besitzerin mit ihnen anstellen konnte. Deren Küsse süchtig machen konnten ... deren Küsse süchtig machten!
Weil sie so süß, so unschuldig, so rein schmeckten. Und nach einem Hauch Hagelzucker.
Ihren ersten Kuss, damals in Marinas Backstube, hatte Mei nie vergessen können.
Morgens um kurz vor halb fünf war die junge Architektin auf dem Heimweg. Müde, hungrig nach viel zu langen, viel zu schlaflosen Nächten. Seit einer Woche bereits. Sieben nahezu endlos scheinende Tage ohne anständigen Schlaf. Ein Umstand, an dem nicht nur der nahende Abgabetermin ihres Projekts Schuld hatte, sondern auch in nicht geringem Maße eine ganz bestimmte Bäckermeisterin.
Auf der Firmenfeier war sie ihr begegnet. Oder besser gesagt, schwungvoll mitten in Marinas Arme gelaufen. Im Hinterzimmer, weil Mei schauen wollte, wo um Gottes willen denn die vermaledeiten Milchbrötchen blieben. Sie hatte schon zu einer saftigen Standpauke angesetzt, als ihr Gegenüber sich aufgerappelt hatte und ihr mit hellen, grünen Augen entgegen blitzte. Jedes weitere Wort war der Architektin im Hals stecken geblieben. Genauso wie ihre Augen sich nicht von den vollen, weichen Lippen der Bäckerin lösen wollten. Warmer, weicher, undefinierbarer Duft stieg ihr unvermittelt in die Nase, kitzelte sie, ließ sie träumen.
Wenige Sekunden standen sie sich gegenüber, beide gefangen im Anblick ihres Gegenübers. Beinahe schien es, als hätte der Zusammenstoß die beiden überraschten Frauen aus der realen, hektischen, lauten Umwelt in eine kleine, ruhige, flirrende Seifenblase geschubst.
Die genauso plötzlich platzte, wie sie entstanden war. Und sie abrupt in die Gegenwart schleuderte, in der ein Veranstaltungsbeginn und damit verbundene Verpflichtungen lautstark drängelten.
Ohne jedes weitere Wort hatte die Bäckerin sich an der völlig faszinierten, vollkommen überwältigten Frau in dem extravaganten Kostüm vorbei gedrückt und das Buffet fertig vorbereitet. Wohin sie danach verschwunden war, wusste Mei nicht. Wahrscheinlich wieder in die Bäckerei.
Doch eine Woche lang war es ihr nicht gelungen, diese Augen zu vergessen. Sieben unendliche Tage lang hatte sie diesen herrlichen Duft, den die junge Bäckerin umhüllte, immer in der Nase.
Irgendwann hatte Mei innerlich aufgegeben, besorgte sich die Adresse des Cateringservice und schließlich auch endlich die Adresse der Bäckerei.
Vor der sie nun stand, in deren Backstube schon Licht war und sie eigenartig verunsicherte.
Obwohl sie sich immer für ein toughes weibliches Wesen gehalten hatte, die sich von nichts im Leben aufhalten ließ, zögerte Mei. Ihre Hand zum Klopfen erhoben stand sie vor dem Fenster, beobachtete die emsige Arbeiterin, die sich immer wieder zwischen Ofen und Tisch hin und her bewegte. Mit feinem Mehl im Gesicht und in den Haarspitzen.
Ein herrlich niedlicher Anblick. Obwohl ihr dieser Begriff eigentlich vollkommen fremd war und entsprechend selten in ihrem Wortschatz vorkam.
Nach einer kleinen Ewigkeit, Meis Arm wurde langsam schwer, klopfte sie endlich am Fenster. Und stand nur wenig später der schönsten Frau gegenüber, die sie jemals gesehen hatte.
Die jetzt in ihrem Wohnzimmer lag, sie nicht aus den Augen ließ. Die abwartete, jede ihrer Bewegungen verfolgte, ohne sich von ihrem Platz auf dem
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