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Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord

Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord

Titel: Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord Kostenlos Bücher Online Lesen
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Das kochende Wasser ist das Motiv, oder?« Er hatte geantwortet: »Auseinander kriegt man es eher durch Wissen, man muß sich vom Wissen leiten lassen.« Und sie hatte gesagt: »Ich bin mir nicht sicher, ob ich deine Antwort verstehe«, was normal war, weil er sie im Detail ebenfalls nicht verstand.
    Er wartete, bis der Gerichtsmediziner, der noch immer nörgelte, mit den ersten vorbereitenden Maßnahmen an der Leiche fertig war. Der Fotograf und die Leute vom Labor waren bereits gefahren. Er war der einzige, der die Dame betrachtete - neben den Polizisten, die mit dem Kastenwagen warteten. Er hoffte, daß ein bißchen Wissen in ihm aufsteigen würde. Aber solange er dem Mann mit den blauen Kreisen nicht begegnet war, wußte er, daß er sich nicht anzustrengen brauchte. Er mußte bloß Informationen sammeln, und für ihn hatten Informationen nichts mit Wissen zu tun.
     
    ***
     
    Da es Charles anscheinend besser ging, dachte Mathilde, sie könne auf eine Viertelstunde Ruhe hoffen, in der er nicht versuchen würde, die ganze Welt zu Brei zu schlagen, und ihn an diesem Abend der alten Clémence vorstellen. Sie hatte Clémence gebeten, aus diesem Anlaß zu Hause zu bleiben, und, um das Schlimmste zu verhüten, sie eindringlich darüber informiert, daß der neue Mieter blind sei und sie weder »Allmächtiger, wie schrecklich« rufen noch so tun solle, als ob sie es überhaupt nicht sah.
    Charles hörte zu, wie Mathilde ihn vorstellte, und er hörte auf die Stimme von Clémence. Bei dieser Stimme hätte er sich niemals eine so naive Frau vorgestellt wie die, die ihm Königin Mathilde beschrieben hatte. In dieser Stimme hörte er eher eine fanatische Entschlossenheit und eine eigenartige, hochentwickelte Intelligenz. Natürlich erschienen ihre Äußerungen einfältig, aber hinter ihnen, in ihrem Klang, in ihrer Intonation schwang irgendeine geheime Gelehrsamkeit mit, die eingesperrt war und ihren Atem vernehmen ließ wie ein Löwe in einem Dorfzirkus. Man hört sein Fauchen in der Nacht, und man sagt sich, dieser Zirkus ist vielleicht doch nicht das, was man gedacht hat, er ist vielleicht nicht ganz so erbärmlich, wie es einem dem Programm nach erschienen ist. Und dieses leicht beunruhigende, weil verborgene Fauchen nahm Charles, der Meister der Geräusche und Klänge, mit großer Deutlichkeit wahr.
    Mathilde hatte ihm einen Whisky gebracht, und Clémence erzählte Geschichten aus ihrem Leben. Charles war irritiert wegen Clémence und glücklich wegen Mathilde. Göttliche Frau, der seine Bösartigkeit gleichgültig war.
    »... und von diesem Mann«, fuhr Clémence fort, »hätten Sie wirklich gesagt, er hat Schick. Er fand mich interessant, genau das waren seine Worte. Er ging nicht so weit, mich anzurühren, aber ich habe damit gerechnet, daß das schließlich kommen würde. Wo er mich auf eine große Reise nach Ozeanien mitnehmen wollte, wo er doch heiraten wollte. Allmächtiger, welche Freude. Er hat mich dazu gebracht, mein Haus in Neuilly und all mein Hab und Gut zu verkaufen. Was noch übrigblieb, habe ich in zwei Koffer gepackt. ›Du wirst nichts brauchen‹, hatte er gesagt. Und ich bin so froh nach Paris zu der Verabredung gekommen, daß ich mir ja schon hätte denken können, daß da was faul war. Ich habe mir gesagt, Clémence, meine liebe Clémence, so lange hast du dafür gebraucht, aber jetzt ist es so weit, Allmächtiger, jetzt bist du verlobt mit einem kultivierten Mann, und du wirst Ozeanien sehen. Statt Ozeanien habe ich achteinviertel Stunden die Metrostation Censier-Daubenton gesehen. Ich habe den ganzen Tag auf ihn gewartet, und da, an der Metrostation, hat Mathilde mich am Abend getroffen, so wie sie mich schon am Morgen gesehen hatte. Sie wird sich gesagt haben, Allmächtiger, da ist was faul mit der guten alten Frau.«
    »Clémence denkt sich leicht so allerhand aus«, unterbrach Mathilde. »Sie erfindet alles neu, was ihr nicht paßt. In Wirklichkeit hat sie sich am Abend ihres Verlobungsfestes an der Metrostation Censier-Daubenton auf die Suche nach einem Hotel gemacht, und als sie durch meine Straße kam, hat sie das kleine Schild ›Zu vermieten‹ im Fenster gesehen. Daraufhin ist sie bei mir vorbeigekommen.«
    »Vielleicht«, erwiderte Clémence. »Es ist gut möglich, daß es sich so abgespielt hat. Seitdem kann ich an der Station Censier-Daubenton nicht mehr die Metro nehmen, ohne an die pazifischen Inseln zu denken. So reise ich trotzdem. Ach, Mathilde, für Sie hat zweimal ein Herr

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