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Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord

Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord

Titel: Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord Kostenlos Bücher Online Lesen
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hin. Es erleichterte das Gespräch.
    »Doch«, bestätigte der Wirt, nachdem er Adamsberg zugehört hatte. »Doch, ich habe einen etwas merkwürdigen Typen gesehen, der dem entsprechen könnte, was Sie suchen. Gegen fünf nach zwölf ist er hier schnell vorbeigetrippelt, während ich die Tische draußen zusammenräumte, um zu schließen. Sie wissen ja, wie das ist mit diesen Plastikstühlen, die fliegen durcheinander, fallen um, bleiben überall hängen. Kurz, einer davon war umgefallen, und der Mann hat sich darin verfangen und ist gestolpert. Ich bin zu ihm, um ihm beim Aufstehen zu helfen, aber er hat mich zurückgestoßen, ohne irgendwas zu sagen, und ist genauso schnell weitergerannt. Er hatte eine Tasche unter den Arm geklemmt, die er nicht losgelassen hat.«
    »Das ist er«, sagte Adamsberg.
    Die Sonne schien bis zur Terrasse, er rührte in seinem Kaffee, es ging ihm besser. Camille nahm endlich ihren weit entfernten Platz wieder ein.
    »Haben Sie sich etwas dabei gedacht?« fragte er.
    »Nichts. Doch. Ich hab mir gedacht, na, wieder so ein armer Kerl, ich sage armer Kerl, weil er schmächtig war, na ja, so ein Typ, der einen feuchtfröhlichen Abend hinter sich hat und rennt, weil er sich von seiner Alten anscheißen lassen muß.«
    »Männliche Solidarität«, murmelte Adamsberg, von einem leichten Widerwillen gegenüber dem Mann erfaßt. »Warum ein feuchtfröhlicher Abend? Konnte er sich nicht mehr ganz gerade halten?«
    »Doch. Wenn ich drüber nachdenke, war er eigentlich eher flink. Sagen wir, er muß nach Alkohol gerochen habe, obwohl ich es am Anfang kaum bemerkt habe. Das fällt mir jetzt ein, weil Sie mich danach fragen. Bei mir ist das Erkennen von Alkohol zur zweiten Natur geworden. Sie verstehen, mein Beruf... Zeigen Sie mir einen beliebigen Typen, und ich kann Ihnen genau sagen, in welchem Zustand er ist. Und dieser Typ da, der kleine Nervöse von gestern abend, hatte ein paar Gläschen getrunken. Das roch man, oh ja, das roch man.«
    »Was? Whisky? Wein?«

»Nein«, erwiderte der Wirt zögernd. »Weder das eine noch das andere. Irgendwas Süßlicheres. Ich seh da eher kleine Likörgläschen, die eins nach dem anderen bei einer Partie Karten unter alten Freunden gekippt werden, so was Feineres halt, wissen Sie, ganz harmlos, was aber trotzdem den gewünschten Effekt erzielt.«
    »Calvados? Birnenschnaps?«
    »Also da fragen Sie mich zuviel, da fang ich am Ende noch an zu erfinden. Es gab im Grunde ja keinen Anlaß, an dem Typen zu riechen.«
    »Also sagen wir, ein Obstschnaps...«
    »Bringt Ihnen das irgend etwas?«
    »Sehr viel«, sagte Adamsberg. »Seien Sie so liebenswürdig und kommen Sie im Lauf des Tages im Kommissariat vorbei und lassen Sie Ihre Zeugenaussage aufnehmen. Ich gebe Ihnen die Adresse. Und vergessen Sie bloß nicht, meinen Kollegen auf diesen Obstgeruch aufmerksam zu machen.«
    »Ich habe gesagt Alkohol, ich habe nicht gesagt Obst.«
    »Ja, wie Sie wollen. Das ist nicht wichtig.«
    Adamsberg lächelte zufrieden. Er dachte wieder an den kleinen Liebling, nur so. Es löste fast nichts aus, eine leichte, vorübergehende Sehnsucht wie ein entfernter Vogel, aber nicht mehr. Erleichtert verließ er das Bistrot. Heute würde er Danglard zu Mathilde schicken, er sollte versuchen, ihr die Adresse des Restaurants zu entlocken, in das sie den trübsinnigen und arbeitsamen Mann im Regenmantel verfolgt hatte. Man konnte nie wissen.
    Aber er zog es vor, Mathilde heute nicht zu begegnen.
    Was den Mann mit den Kreisen anging, so schwang er weiter seine Kreide unweit der Rue Pierreet-Marie-Curie. Er bewegte sich weiter, diskutierte weiter.
    Und er, Adamsberg, wartete auf ihn.
     
    ***
     
    Danglard entlockte Mathilde die Adresse des Restaurants von Pigalle, aber das Lokal hatte zwei Jahre zuvor zugemacht.
    Den ganzen Tag über belauerte Danglard Adamsbergs vagabundierende Laune. Er fand, daß die Ermittlungen sich hinzogen. Aber er sah ein, daß es auch nicht viel gab, was sie tun konnten. Er für seinen Teil hatte das komplette Leben von Madeleine Châtelain durchsiebt, ohne die geringste Schlacke darin zu finden. Er war auch bei Charles Reyer gewesen, um ihn zu bitten, seine Neugier hinsichtlich des Zeitungsartikels zu erklären. Reyer hatte sich überrumpelt gefühlt, war ziemlich ungehalten und vor allem wohl verärgert, Adamsberg die Dinge so schlecht verborgen zu haben. Aber Reyer hatte eine gewisse Sympathie für Danglard, der dumpfe und schleppende Klang der Stimme dieses müden

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