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Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord

Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord

Titel: Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord Kostenlos Bücher Online Lesen
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ist es das, nicht wahr?«
    »Möglich«, sagte Adamsberg.
    »Aber sein Fehler bestand darin, daß Ihnen jeder x-beliebige Psychiater erklären wird, daß ich völlig klar im Kopf bin. Ein Neurotiker hätte in der Tat zwei Morde begehen und sich schließlich an der eigenen Frau vergreifen können. Ich nicht. Ich bin nicht verrückt. Und ich hätte Delphie nie in einem meiner Kreise umgebracht. Delphie. Ohne meine verdammten Kreise würde Delphie noch leben.«
    »Wenn Sie völlig klar im Kopf sind«, fragte Danglard, »warum haben Sie dann diese verdammten Kreise gezeichnet?«
    »Damit verlorene Dinge mir anverwandelt werden, mir dankbar sein müssen. Nein, ich drücke mich schlecht aus.«
    »Stimmt, ich verstehe nichts«, sagte Danglard.
    »Dann eben nicht«, sagte Le Nermord. »Ich werde versuchen, es Ihnen aufzuschreiben, das ist vielleicht einfacher.«
    Adamsberg dachte an die Beschreibung von Mathilde. »Ein gedemütigter kleiner Mann, der gierig auf Macht ist; wie wird er es anstellen?«
    »Finden Sie ihn«, nahm Le Nermord verzweifelt das Gespräch wieder auf. »Finden Sie diesen Mörder. Glauben Sie, daß Sie das schaffen? Glauben Sie?«
    »Wenn Sie uns helfen«, erwiderte Danglard. »Haben Sie zum Beispiel jemanden gesehen, der Ihnen bei Ihren Gängen gefolgt ist?«
    »Ich habe leider nichts gesehen, was für Sie präzise genug wäre. Zu Anfang, vor zwei oder drei Monaten, ist mir manchmal eine Frau gefolgt. Das war lange vor dem ersten Mord, zu der Zeit hat mich das nicht beunruhigt. Ich fand sie trotzdem seltsam, aber auch sympathisch. Ich hatte den Eindruck, sie würde mich von weitem ermutigen. Zunächst war ich ihr gegenüber mißtrauisch, aber später mochte ich es, wenn ich merkte, daß sie da war. Aber was soll ich Ihnen von ihr erzählen? Ich glaube, sie hatte braune Haare, war ziemlich groß, offenbar schön und nicht mehr ganz jung. Es wäre mir nicht möglich, mehr Einzelheiten zu beschreiben, aber es war eine Frau, da bin ich mir sicher.«
    »Ja«, sagte Danglard, »wir kennen sie. Wie oft haben Sie sie gesehen?«
    »Mehr als zehn Mal.«
    »Und seit dem ersten Mord?«
    Le Nermord zögerte, als ob er diese Erinnerung nur widerwillig wachrief.
    »Ja«, sagte er, »ich habe zweimal jemanden gesehen, aber das war nicht mehr die brünette Frau. Es war jemand anderes. Da ich Angst hatte, habe ich mich nicht umgedreht und bin weg, sobald mein Kreis fertig war. Ich hatte nicht den Mut, mein Vorhaben bis zum Ende auszuführen, das heißt mich umzudrehen und ihm hinterherzulaufen, um sein Gesicht zu sehen. Es war... eine kleine Silhouette. Ein seltsames, unbeschreibliches Wesen, weder Mann noch Frau. Sie sehen, ich weiß nichts.«
    »Warum haben Sie immer eine Tasche bei sich?« unterbrach Adamsberg.
    »Meine Tasche mit meinen Unterlagen«, erwiderte Le Nermord. »Wenn ich die Kreise gezeichnet hatte, bin ich immer so schnell wie möglich in die nächste Metro. Und ich war so aufgeregt, daß ich lesen mußte, mich in meine Aufzeichnungen stürzen, wieder Professor werden mußte. Ich weiß nicht, wie ich Ihnen das besser erklären kann. Was werden Sie jetzt mit mir machen?«
    »Wahrscheinlich werden Sie freigelassen«, sagte Adamsberg. »Der Untersuchungsrichter wird keinen Justizirrtum riskieren.«
    »Natürlich«, bemerkte Danglard. »Jetzt ist alles anders.«
    Le Nermord ging es besser. Er bat um eine Zigarette und stopfte den Tabak in seine Pfeife.
    »Es ist nur eine schlichte Formalität, aber ich möchte trotz allem einen Blick in Ihre Wohnung werfen«, sagte Adamsberg.
    Danglard, der noch nie erlebt hatte, daß Adamsberg sich die Zeit für schlichte Formalitäten nahm, sah ihn verständnislos an.
    »Machen Sie, was Sie wollen«, sagte Le Nermord. »Aber was suchen Sie? Ich habe Ihnen gesagt, daß ich alle Beweise beibringen würde.«
    »Das weiß ich gut. Ich vertraue Ihnen. Aber ich suche nichts Konkretes. Einstweilen müßten Sie all das noch mal mit Danglard durchgehen, für Ihre Zeugenaussage.«
    »Seien Sie ehrlich, Kommissar. Wieviel riskiere ich als ›Mann mit den Kreisen‹?«
    »Meiner Ansicht nach nicht viel«, sagte Adamsberg. »Es gab keine nächtliche Ruhestörung und auch keine Erregung öffentlichen Ärgernisses im engeren Sinn. Daß Sie damit bei einem anderen die Idee zum Mord ausgelöst haben, betrifft Sie nicht. Man ist nicht immer für die Ideen verantwortlich, die man bei anderen auslöst. Ihre Neurose hat zu drei Morden geführt, aber das ist nicht Ihre Schuld.«
    »Ich hätte

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