Es geht uns gut: Roman
halt solche Sorgen. Papa darf auf keinen Fall recht behalten, das würde ich ihm niemals gönnen. Es ist arg, herrjemine, wenn wir uns nicht so gern hätten, wäre alles halb so schlimm, aber ein Leben ohne dich, das kann ich mir nicht denken, wir bleiben zusammen, egal, was kommt, so eine Enttäuschung wie mit der Hertha wirst du kein zweites Mal erleben. Aber bitte, bitte, geh im Wintersemester zurück über deine Bücher, wirst sehen, das kommt dich auch billiger, als wenn du dich wie im Vorjahr mit dem Wagen aufs Eis begibst und auf verwehte Straßen. Diese heillosen Fahrten. Du kannst dich aufs Wetter genausowenig verlassen wie auf so vieles, und mir würden diverse schlaflose Nächte erspart bleiben. Überleg dir das doch. Vielleicht kannst du am Ende mit einer Prüfung abschließen, das wär das allerhöchste, weil du bist jetzt fünfundzwanzig, Peter, und es darf einfach nicht sein, daß du noch so eine Verlegenheitsarbeit hast, bloß um Geld zu verjuxen. Dir muß doch selbst klar sein, daß du nicht mehr lange durchhalten kannst. Letzte Woche habe ich Frau Hastreiter Geld gegeben, damit sie was zum Bettwäsche Ausbessern hat, derweil müßte sie es zum Logisgeld nehmen, sie hat für dich schon soviel vorgestreckt. Und Frau Stöhr habe ich heute vormittag Geld gegeben, es ist kein Vorwurf, aber ist das ein Zustand, daß das Mädel dem Burschen Geld gibt, damit er durchkommt. Ich kann doch nicht ewig die beiden Omas aussackeln für meine Schandtaten. Dir Geld geben ist wie Wasser in ein Schaff ohne Boden schütten, du weißt, Papa hat einmal daran gedacht, dir finanziell unter die Arme zu greifen, aber als er gesehen hat, daß von Studieren keine Rede ist, war es nur konsequent, daß er davon wieder abgekommen ist. Sag mal, hörst du mir eigentlich zu oder denkst du dir, ach, laß sie reden, ich tu doch, was ich für richtig halte, den Verdacht hab ich nämlich, weil du überhaupt auf nichts reagierst. Nur weil du sechs Jahre älter bist, brauchst du noch lange nicht denken, die Ingrid. Gut, na um so besser, also noch mal: Steig herunter von deinem Irgendwie und Irgendwann und denk dran, was du deiner zukünftigen Familie schuldig bist, der ganze Aufwand mit Platz und Kleidung und Essen, wenn ich zu Hause bin, wer soll das finanzieren, wo alles immer teurer wird? Soviel Nachhilfe kannst du gar nicht geben. Die Studiererei bringt dich ja nicht um, wirst sehen, und du bekommst am Ende als Belohnung mich. Ich mache dir dein Leben so großartig, daß du zehnmal für alles entschädigt wirst. Was sind schon zwei Jahre für unser Leben, das uns bevorsteht, die vergehen wie im Flug, und wenn wir erst unabhängig sind und uns niemand mehr dreinredet, wir unsere eigenen vier Wände haben, Babies bekommen, dann wissen wir, daß sich die Plage gelohnt hat, bis dahin nehme ich alle Annehmlichkeiten wahr, die mir zu Hause geboten werden, ich sammle meine Aussteuer zusammen, laß mich von dir nicht abbringen und tu auf der Uni mein möglichstes, um in der Zeit zu bleiben. Wenn auch du wieder auf der Uni gesehen wirst, ist bestimmt auch Papa zugänglicher, es wäre ein Fortschritt für alle. Unter uns, zum Heiraten ist es ja eh viel zu früh, am Ende würden wir nur selbst dabei draufzahlen, neunzehn ist halt ein bisserl jung, und auch für dich ist Warten besser, damit die Voraussetzungen stimmen, wenn es soweit ist. Was den nötigen Grips betrifft, den hast du ohnehin für drei, halt vor Gebrauch einschalten, und die anderen Fehler, Liebling, da muß jetzt wirklich was passieren, das zieht einem die Schuhe aus, deine Schlamperei und Unverläßlichkeit, meine Meinung kennst du ja, halt was wir auf der Hohen Wand besprochen haben und was du immer entschuldigst mit keine Zeit haben. Aber keine Zeit gibt es nicht. Ich glaube viel eher, du hast es von zu Hause nicht besser gelernt, und dann warst du zu lange allein oder in Untermiete. So verschwitzte Wäsche und Kleider, das ist wirklich etwas Häßliches und kann sehr abstoßend und geschäftsschädigend sein, selber merkt man es nicht, aber die andern denken sich, ein schöner Schlamperdatsch, von dem ist keine ordentliche Arbeit zu erwarten, und dieses fesche Mädel, wo die sich den bloß aufgegabelt hat, so Sachen, wo du dir selbst Steine in den Weg legst, das mußt du um Himmels willen abstellen, sonst bist immer du derjenige, der draufzahlt. Deine Fußsohlen sehen ja manchmal aus, als ob du durch den Schornstein gekommen wärst. Also denk drüber nach und erfinde keine
Weitere Kostenlose Bücher