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Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition)

Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition)

Titel: Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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kleinen Bootsfahrt bequemen sollte.
    Während sie noch nachdachten, erhob sich im Biergarten vor ihnen ein Riesengeschrei. Eine Gesellschaft von Zirkusleuten, zu der auch Schlangenmenschen, Akrobaten und Preisboxer gehörten, hatte mit anderen Gästen, die sich von ihrer Lautstärke belästigt fühlten, eine Schlägerei angefangen. Dabei machten sie von ihren trainierten Muskeln und anderen Fähigkeiten, die zu ihrem Metier gehörten, ausgiebig Gebrauch und trieben die anderen vor sich her bis auf den kleinen Platz vor den verschiedenen Gaststätten.
    Einige Gäste wurden derart traktiert, dass sie laut um Hilfe und nach der Polizei riefen. Doch ehe die zur Stelle war, konnte eine Viertelstunde vergehen, sodass sich Dlugy und Priebisch gezwungen sahen, schnellstens einzugreifen. Sie rissen sich die Jacketts vom Körper und gaben sie Sprotte und Latzke zu halten. Mit ihren kraftvollen Hieben hatten sie sich schnell Respekt verschafft und die bedrohten Gäste gerettet. Den Preisboxer schlug Dlugy k. o., und dem «dicksten Mann der Welt» setzte Priebisch so zu, dass dieser zur Havel hinunterlief, um sich im Schilf zu verstecken. Man verzichtete auf seine Verfolgung und konzentrierte sich darauf, die Artisten so lange festzuhalten, bis die Gendarmen eingetroffen waren. Da drangen Hilferufe vom Ufer nach oben. Der dickste Mann der Welt war so tief in den Sumpf eingesunken, dass er sich aus eigener Kraft nicht mehr befreien konnte. Nur mit viel Mühe konnte er wieder herausgezogen werden.
    Als Dank für ihr Eingreifen wurden sie vom Wirt eingeladen, kostenlos bei ihm zu essen und zu trinken. Gern nahmen sie das an. Danach mieteten sie sich ein Boot und ruderten um die Landzunge herum. Anschließend setzten sich Sprotte, Latzke und Priebisch zum Skatspielen an einen abseits gelegenen Tisch im Biergarten, während Dlugy und Luise ein Stündchen für sich allein sein wollten und zu einem Waldspaziergang aufbrachen.
    Kaum waren sie an einer einsamen Stelle und den Blicken der anderen entzogen, blieb Dlugy stehen, drückte Luise fest an sich und begann sie zu küssen und zu liebkosen. Sie zögerte keinen Augenblick, seine Zärtlichkeiten zu erwidern, im Gegenteil, sie zog ihn so schnell ins Unterholz, dass er sich an den Brombeersträuchern die Hosenbeine aufzureißen drohte.
    «Leg dein Jackett unter.»
    Als Luise sich dann ausstreckte, schrie sie auf. Etwas sehr Hartes hatte sich in ihre Schulterknochen gebohrt. Ehe Dlugy es verhindern konnte, hatte sie in die Seitentasche seines Jacketts gefasst und den Browning herausgezogen. «Was ist denn das?!»
    «Eine Pistole.»
    «Wozu brauchst du die denn?»
    «Zur Notwehr. Um auf Polizisten zu schießen. Und auf Streikbrecher.»
    Sie wurde bleich. «Hast du damit etwa auf Tilkowski geschossen?»
    «Ja.»
    Luise Waldschischek sprang auf. «Bist du denn meschugge geworden?!»
    «Nein. Ich musste ein Zeichen setzen.»
    «Es weiß doch keiner, dass du es warst.»
    «Ich werde zur gegebenen Zeit zur Polizei gehen und mich selber anzeigen.»
    Sie konnte nur mit Mühe ihre Tränen zurückhalten. «Wissen es deine Freunde schon?»
    «Nein, aber ich werde es ihnen nachher erzählen. Es soll ihnen Mut machen, endlich mehr zu wagen.»
    Hermann Kappe hatte befürchtet, dass sein Rendezvous mit Klara Göritz ausfallen würde, aber Waldemar von Canow hatte kategorisch erklärt, dass er sich seinen heiligen Sonntag nicht von einem Kohlenarbeiter verderben lasse. «Wir können uns noch so beeilen, lebendig wird der doch nicht wieder, und der Täter läuft uns schon nicht weg, den kriegen wir auch noch am Montag.»
    So saßen sie denn zu dritt - Klara, Gottlieb Lubosch und Kappe - pünktlich im Zug nach Königs Wusterhausen, wo umzusteigen war. Da Kappe erst weit nach Mitternacht von seinem Einsatz in Moabit zurückgekommen war, hockte er müde in der Ecke ihres Coupés und überließ es nach ein paar Anmerkungen zum Moabiter Mordfall dem Freund, die Angebetete zu unterhalten.
    «Sie werden mich fragen, Fräulein Klara, was es Neues vom Hofe und der Gesellschaft zu berichten gibt, und da kann ich Ihnen zunächst mit Prinz Joachim von Preußen dienen: Gerade hat er sein Abiturexamen bestanden und wird beim Aufenthalt des Kaiserpaars in Cadinen seinem Regiment, dem 5. Grenadier-Regiment in Danzig, einen Besuch abstatten.»
    Klara seufzte. «Ach, käme er doch einmal zu uns ins Kaufhaus. ..»
    Kappe gähnte hinter vorgehaltener Hand und konnte sich eine seiner lästerlichen Bemerkungen nicht

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