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Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition)

Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition)

Titel: Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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Moabit vorgekommen sind, muss mit aller Entschiedenheit Front gemacht werden. Wer nicht selbst mit dem Blaukoller behaftet ist, kann in diesem Falle gegen die Polizei, die sich vor eine ungewöhnlich schwere Aufgabe gestellt sah, auch nicht den leisesten Vorwurf erheben. Es ist Tatsache, dass zuerst arbeitswillige Kutscher einer Firma, unter deren Arbeitern ein Streik herrscht, angegriffen wurden. Wenn es sich die Polizei angelegen sein ließ, diese vor weiteren Unbilden zu schützen, so tat sie nur, wozu sie da ist. Wer die Angreifer waren, ob organisierte Arbeiter oder der Janhagel, der oft als Prügelknabe vorgeschoben wird, ist dabei vollkommen gleichgültig. Zu bedauern sind die ruhigen Bürger, die in Angst und Schrecken versetzt wurden, sind die verwundeten Schutzleute und andere Verletzte, die vielleicht ohne ihr Wollen in den Strudel hineingezogen wurden. Mit den Exzedenten braucht man kein Mitleid zu haben, auch nicht, wenn es ihnen bei der Wiederholung der Skandale schlimmer ergehen sollte als bisher. Geschieht ein Unglück, dann trifft nicht die Behörden die Schuld, sondern die Verantwortung tragen die Unruhestifter, tragen in letzter Reihe die Leute, die in verwerflicher Ueberhebung sich die Befugnis anmaßen, andere mit Gewalt an der Arbeit zu hindern, weil sie selbst einen Streik für berechtigt halten.
    Das war ja wirklich empörend! Natürlich mussten andere kommen und den Arbeitern sagen, wo es langgehen sollte. Sie selber konnten es nicht, weil die herrschende Klasse es über Jahrhunderte hinweg verstanden hatte, sie dumm zu halten. Aber ein gehöriger Teil der Unmündigkeit war selber verschuldet. Was sagten sie bei ihm auf dem Bau immer? «Prost Pulle, wie süß ist dein Loch!»
    Er schreckte hoch, denn jemand bummerte gegen seine Tür. Nanu, so früh schon einer? Wollte Dlugy ihn abholen, um in Moabit neue Aktionen zu starten? Während ihm dies durch den Kopf schoss, gab man sich draußen zu erkennen. «Die Kriminalpolizei! Wir hätten Sie gerne einmal gesprochen, Herr Priebisch.»
    Er sprang auf. «Ja, sofort, ich komme, ich muss mich nur erst schnell anziehen.» Das war eine Lüge, denn er war bereits ausreichend bekleidet, aber er brauchte die Zeit, um seine Browning-Pistole, die neben ihm auf dem Tisch lag, unter seiner Matratze verschwinden zu lassen. Als er dann öffnete, sah er draußen zwei Männer stehen, die eigentlich harmlos aussahen. Besonders vom Jüngeren hätte er nie vermutet, dass der ein Kriminaler war. Eher hätte er ihn für einen Schulrektor oder einen höheren Postbeamten gehalten. Der Ältere schien ihm überaus bieder zu sein, der typische Schutzmann an der Ecke, nur ohne Uniform.
    Jetzt erst fiel bei Priebisch der Groschen. Gott, ja, der eine, der Jüngere, hatte ihn am Montagabend in Moabit festnehmen wollen, war dann aber von einem Blumentopf getroffen und außer Gefecht gesetzt worden. Dass er ihn nicht auf den ersten Blick erkannt hatte, mochte an seiner Müdigkeit liegen, vor allem aber an dem schlechten Licht bei ihrer ersten Begegnung.
    Die beiden stellten sich als Kappe und Galgenberg vor, und Priebisch konnte nicht anders, als sie in sein Wohn- und Schlafzimmer zu lassen. Und das, obwohl er Polizisten aus tiefstem Herzen hasste. Sie entweihten und beschmutzten sein Zuhause.
    «Was liegt an?», fragte er, als sie alle drei Platz genommen hatte, fragte das überaus förmlich.
    Kappe musterte ihn. «Wir hatten ja schon einmal das Vergnügen.»
    Priebisch gab sich alle Mühe, seine Aggressionen zu unterdrücken und das Ganze ebenso leicht und locker anzugehen wie der Kriminalbeamte. «Wie gern hätte ich mich bei dieser Gelegenheit mit Ihnen unterhalten, aber sie haben es vorgezogen, vom Dienst abzutreten.»
    «Der Blumentopf hätte ihn töten können», sagte Galgenberg.
    «Ich habe ihn nicht geworfen!», rief Priebisch.
    «Aber er ist sozusagen in Ihrem Auftrag geworfen worden.» Priebisch fand das albern, schaffte es aber, sachlich zu bleiben.
    «Haben Sie den Mann denn dingfest machen können?»
    «Nein.»
    «Leider kann ich Ihnen da nicht weiterhelfen.» Priebisch merkte, dass er im Ton zu frech geworden war, und bemühte sich schnell um größere Sachlichkeit. «Ich kann nur schwören, dass ich ihn nie gesehen habe und auch nicht mit ihm unter einer Decke stecke.»
    Kappe ergriff jetzt wieder das Wort. «Aber mit anderen stecken Sie unter einer Decke. Mit dem Moabiter Streikkomitee zum Beispiel.»
    «Ist das schon gegen das Gesetz?»
    «Nein, aber Sie sollen

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