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Es geschah in einer Regennacht

Es geschah in einer Regennacht

Titel: Es geschah in einer Regennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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ihr?«
    Gaby und Tim hatten sich mit
den beiden, mit Karl und Klößchen, treffen wollen — vor einer halben Stunde am
Baroninum-Platz in Stadtmitte.
    »Vor ›Enzos Pizzeria‹. Und eben
habe ich einen total irren Anruf gekriegt. Von ‘nem Nuscheltyp, der
offensichtlich die Stimme verstellt hat und einen auf radebrechenden Ausländer
macht. Aber ich glaube, das war gespielt. Er telefonierte aus Angela Parths
Haus. Das habe ich an der Rufnummer erkannt. Dort wäre ein Einbrecher verletzt
und ich solle die Polizei verständigen.«
    »Und? Hast du’s getan?«
    »Klar. Wespe war gerade von
einem Einsatz zurück und ist jetzt auf dem Weg zur Molchowstraße.«
    »Wieso hat der Nuscheltyp dich
angerufen und nicht direkt die Polypen?«
    »Das ist ja das total Irre.«
    »Er muss dich kennen. Er hat
deine Nummer.«
    »Meine Handynummer, Tim, kennen
sicherlich ein paar hundert Leute. Das ergibt sich nun mal, kontaktfreudig wie
wir sind.«
    »Bleibt immer noch die Frage,
warum macht der Typ diesen Umweg?«
    »Ja. Jaaa.«
    »Okay, wir kommen.
Molchowstraße — wo ist das?«
    »Ziemlich weit draußen.
Stadtteil Birkenrode.«
    »Du meine Güte! Wir haben keine
Bikes dabei. Dann müssen wir uns zu viert ein Taxi anschnallen. Hoffentlich
benimmt sich Oskar gesittet. Er ist heute sehr flüssig.«
    »Was?«
    »Er muss dauernd pieseln.«
    »Das merkt der Taxifahrer gar
nicht.«
    »Wir kommen.«

6. Tatort
Molchowstraße
     
    Vom Baroninum-Platz führen
sechs Straßen sternförmig in alle Richtungen. Am späten Freitagabend ist hier
meistens viel los, denn im weiten Rund reihen sich Kneipen, Cafés mit
Spätlizenz und kleine Fresstempel aus aller Herren Länder. Heute hatte der
Regen den Platz leer gefegt. Nur vor dem Enzos standen zwei Gestalten in
feucht glänzenden Regenjacken. Karl, der große Spargelstangendünne, trug eine
in Blau, Klößchen — nur zu zwei Drittel so hoch, aber dafür klopsig — trug eine
in Dunkelgrün, die ihm außerdem zu lang war. Er bot den Anblick einer
traditionellen Gartentonne. Schon von weitem konnte man sehen, dass er häufig
die Hand zum Mund bewegte. Er futterte.
    »Er wirft sich Schokobrocken
ein«, sagte Gaby, während sie den Platz überquerten.
    »Wir stehen uns hier die Beine
krumm«, meinte Klößchen vorwurfsvoll. »Was war denn los?«

    »Kunstraub«, erwiderte Tim.
»Einbruch ins Landesmuseum.«
    »Die beiden Diebe haben Tim
fast mit einer schweren Bohle erschlagen«, fügte Gaby hinzu.
    »Damit bist du entschuldigt«,
feixte Klößchen.
    Tim berichtete. Karl
wiederholte nahezu wörtlich, was der Nuscheltyp gesagt hatte.
    »Ich meine«, sagte Tim, »mit
Anfangsspuren sind wir rundum versorgt. Ich habe den Bon und kann den Sneaker
mit dem Kratzkreuz identifizieren. Bei Karl muss der Nuscheltyp ein Bekannter
sein, der aber nicht erkannt sein will und deshalb seine Stimme verstellt hat.
Er könnte irgendeine Beziehung zu deinem Kunstverein haben, Karl. Oder zu der
schönen Angela, von der du uns erzählt hast. Das grenzt ein. Ist es so? Oder
habe ich Recht?«
    »Kann aber auch ganz anders
sein«, meinte Karl.
    »Auf zum Tatort!«, sagte Tim.
    Der nächste Taxistandplatz war
nur wenige Minuten entfernt. Und leider ratzekahl leer. Tim wollte schon zum
Fluchen ansetzen, als eine Mietdroschke anrollte und stoppte. Eine füllige Frau
saß eingeengt hinterm Lenkrad. Sie war bereit, auch Oskar aufzunehmen, und erklärte
dann, dass sie nur aushilfsweise fahre, weil ihr Mann an Grippe erkrankt sei.
Die Fahrerin wusste nicht, wo die Molchowstraße war, fand sich aber auf dem
Stadtplan zurecht.
    Während der Fahrt preschte das
Taxi fünfmal bei Gelb über die Kreuzung und in der Kurfürstenstraße hätte die
Aushilfskraft beinahe einen Radler gestreift. Tim fragte sich, ob sie einen
Führerschein zur Personenbeförderung besaß. Dazu erzählte die Frau pausenlos
von ihrem grippekranken Mann und dass er schwerer zu pflegen sei als ihre
hochbetagte bettlägerige Mutter, die ein echter Pflegefall war. Aber die Mama
sei geduldig, ihr Mann nur ungeduldig. Dann erreichten sie die Molchowstraße.
Vor besagtem Grundstück parkten ein Polizei- und ein Krankenwagen.
    »O je! Da ist was passiert«,
sagte die Taxifahrerin. »Ist das euer Zuhause?«
    Tim verneinte. »Aber wir sind
das Junior-Ermittlungs-Team der Kripo und unser Oskar gehört zu den besten
Fährtenhunden in der Stadt. Deshalb werden wir oft zum Tatort gerufen.«
    Zweifelnd sah die Frau ihn an.
    »Mein Freund übertreibt«,
erklärte Gaby.

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