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Es geschah in einer Regennacht

Es geschah in einer Regennacht

Titel: Es geschah in einer Regennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Villa den Aufpasser
macht, passt eher zu seiner Rolle.«
    »Du hast doch die Location
gesehen«, hielt Tim dagegen. »Riemer will einen Lichtschein bemerkt haben. Von
wo, bitte? Von der Straße, von der Rückfront, von der Seitenfront? Überall ist
dschungeldichte Hecke. Und dass der unbekannte Einbrecher Festbeleuchtung im
Haus macht, ist wohl nicht anzunehmen.«
    »Vielleicht«, sagte Gaby,
»passt der Einbruch zur Verehrer- und Aufpasser-Rolle. Teure Kunstwerke lassen
sich lukrativ verwerten bei der Firma Klemm & Klau. Unterstellen wir
mal, diese Angela braucht Geld. Um flüssig zu werden, lässt sie vom Verehrer
die Gemälde klauen und sahnt ab bei der Versicherung. Aber die Bilder sind ja
immer noch da. Natürlich kann sie die nicht wieder neben die Treppe hängen.
Doch bei Freund Riemer wären sie in guter Obhut.«
    »Tolle Idee, Pfote!«, sagte
Tim.
    »Und selbst wenn«, rief Karl.
»Dazu ist es nicht gekommen. Riemer hat nichts gestohlen. Er konnte nicht mal
sich selbst wegschleppen, geschweige denn die Gemälde.«
    »Alles konzentriert sich«,
stellte Tim fest, »auf die andere Person. Wer war dort zur falschen Zeit? Wer
hat Riemer niedergeschlagen? Waren sie vielleicht zu zweit und sind sich vor
Ort in die Wolle geraten? Oder hat ein irres Zusammentreffen von Umständen dazu
geführt, dass zwei Wege sich kreuzen, der von Riemer und der von dem andern.
Zur selben Zeit am selben Ort.«
    »Dann wäre ja doch der eine —
der Unbekannte — der Einbrecher.« Karl hielt an seiner Überzeugung fest. »Und
Riemer hat ihn überrascht. Und den Lichtschein, Tim, könnte er bemerkt haben,
der Riemer, weil ihn die Liebe nicht nur dazu treibt, als Aufpasser Angelas
Grundstück zu umrunden — nein, Riemer steigt auch heimlich über den Zaun, um
bei der Angeschmachteten an der Hauswand zu schnuppern.«
    Gaby kicherte. »Das wäre ein
Liebesbeweis der besonderen Art.«
    Tim beugte sich zu seiner
Freundin hinab und schnüffelte an ihrer Regenjacken-Schulter. »Ich bevorzuge
den direkten Kontakt.«
    Gaby wandte ihm das Gesicht zu,
und Tim konnte im Gehen ein Bussi oberhalb ihres linken Auges platzieren, wobei
ihm ein paar regenfeuchte Ponyfransen zwischen die Zähne gerieten. Aber das war
fast so gut wie ein Bussi auf den Mund.
    Sie erreichten die
U-Bahn-Station. Noch immer fiel sanfter Regen. Niemand war zu sehen. Auf der
anderen Straßenseite war eine kleine Grünanlage mit Büschen und einer Laterne
hinter Bäumen. Die Blätter glänzten feucht. Tim bemerkte einen umgerissenen
Abfallkorb. Der Inhalt war über den Boden verstreut.
    Karl blieb auf der obersten
Treppenstufe stehen. »Leute, was haltet ihr davon, wenn ich Angela mal kurz
anrufe. Ich meine, das bin ich ihr schuldig. Immerhin kennen wir uns, sie ist
immer nett zu mir und ich habe Wespe ihre Handy-Nummer gegeben.«
    »Der hat bestimmt inzwischen
angerufen«, vermutete Klößchen. »Und alles berichtet.«
    »Ich will ja nicht berichten«,
sagte Karl, »nur ein tröstendes Wort anbringen.«
    »Dann mal los!«, nickte Tim.
    Karl zog sein Handy unter der
blauen Jacke hervor.

8.
Freundinnen fürs Leben
     
    Schnierlhausen, knappe 100
Kilometer von der Millionenstadt entfernt, ist eine Landgemeinde, ein
ehemaliges Dorf, in dessen Nähe man vor wenigen Jahren eine Heilquelle entdeckt
hat. Seitdem versucht das Dorf, ein Kurort zu werden, aber das Bemühen steckt
noch in der Startphase.
    Angelas Freundin Beatrix Göbbel
war Lehrerin an der Grundschule in Schnierlhausen. Die beiden hatten einen
unterhaltsamen Nachmittag in Beatrix’ kleinem Haus verbracht, aber Angela war
auf eine seltsame Weise unruhig gewesen, ja, nervös. Auf Beatrix’ Frage tat
Angela das ab als den üblichen Stress des Lebens in der Großstadt. Mit den
Hühnern — jedenfalls ziemlich früh — war Angela dann schlafen gegangen.
    Jetzt saß sie im Gästezimmer
auf der Bettkante und hielt das Handy in der zitternden Hand.
    Eben hatte einer von der Kripo
sie angerufen, ein gewisser Inspektor Bienert — wie Wespe ja tatsächlich heißt
— und ihr mitgeteilt, was vorgefallen war.
    Eine Katastrophe! Grauenvoll!
    Es war warm im Gästezimmer und
Angela trug einen flauschigen Schlafanzug, aber sie fröstelte.
    Das kommt davon, dachte sie.
Das kommt davon. Geschieht mir recht.
    Sie wollte das Handy auf den
Nachttisch legen und zu Beatrix hinübergehen, doch das Gerät klingelte zum
zweiten Mal.
    Noch mal der Kriminalbeamte? Um
Himmels willen!
    Sie meldete sich mit schwacher
Stimme.
    »Guten Abend, Frau

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