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Es geschah in einer Regennacht

Es geschah in einer Regennacht

Titel: Es geschah in einer Regennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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»Allerdings nur ein bisschen.«
    Klößchen bezahlte und war
natürlich zu gutmütig, um die Beteiligung der anderen einzufordern. Aber Tim
nahm sich vor, die korrekte Abrechnung nachher nicht zu vergessen.
    Als sie sich der Einfahrt
näherten, kamen zwei Sanitäter mit einer Transportliege aus dem Haus. Das Licht
einer nahen Laterne beschien den Mann, der darauf festgeschnallt war.
    Bewusstlos, dachte Tim, und
bleich wie der Tod, aber keine sichtbare Verletzung. Hinter den Sanitätern kam
der Notarzt, der noch ziemlich jung war, mit seiner Tasche.
    »Um Himmels willen«, Karl schob
sich an Tim vorbei, »das ist Herr Riemer. Harald Riemer.«
    Tim entsann sich, dass Karl den
Namen im Zusammenhang mit dem Kunstverein erwähnt hatte.
    »Wie geht es ihm?«, wandte sich
Karl an den Arzt.
    Der zuckte nur die Achseln und
das wirkte nicht sehr ermutigend.
    Während das Notarztteam rasch
einstieg, meinte Karl: »Aber der Riemer ist doch nie und nimmer ein Einbrecher,
wie der Nuscheltyp behauptet hat.«
    »Wir brauchen Infos«, sagte Tim
und ging voran.
    Die Haustür stand offen. In der
Diele brannte Licht. Tim sah zwei Uniformierte und im Hintergrund Wespe.
Kommissar Glockners Assi trug sein übliches Räuberzivil, das entweder total
schräg oder zeitlos unmodisch war. In den letzten Monaten hatte er sich die
Haare wachsen lassen, die jetzt als Pferdeschwanz über den Kragen hingen. In
natura war er braunhaarig, aber vierteljährlich ließ er sich goldblond
einfärben. Die letzte Färbung lag lange zurück, deshalb war seine Haarpracht
jetzt zweifarbig. Das sah komisch aus.
    Bei Tims Anblick bedeckte er
das Gesicht mit den Händen.
    »Nachtdienst kann schrecklich
sein«, sprach er durch die Finger, »aber auch das lässt sich noch toppen —
durch dein Erscheinen. Warum liegst du nicht im Bett wie die anderen braven
Vierzehnjährigen auch?«
    »Erstens gibt es keine braven
Vierzehnjährigen. Außerdem sind wir herbeigeeilt, um dir zu helfen, Polyp, weil
du ja allein nicht klarkommst.«
    »Guten Abend, liebste Gaby«,
grinste Wespe, »ich werde nie begreifen, was du an ihm findest.«
    »Du kennst ihn ja nicht so gut
wie ich«, lachte Gaby.
    Wespe wandte sich an die
Uniformierten. »Bleibt in der Nähe, Männer, damit ihr sie rauswerfen könnt,
wenn ich’s für nötig befinde. Also, Karl, euer Antanzen habe ich dir zu
verdanken.«
    »Was kann ich dafür«, wehrte
sich Karl, »wenn dieser Nuscheltyp mich als Zwischenstation benutzt? Aber
gleich wirst du strahlen vor Freude, weil ich deine erste Infoquelle bin. Ich
weiß nämlich, wer hier wohnt. Und ich weiß, wer da soeben rausgetragen wurde.
Und ich weiß, welche soziale Beziehung zwischen den beiden besteht.«
    »Karl«, sagte Klößchen, »nimm
dir lieber einen Anwalt. Wespe glupscht so hinterhältig. Wenn du zu viel weißt
und das zugibst, reiht er dich gleich bei den Verdächtigen ein — falls er schon
welche hat außer dir.«
    »Bis jetzt habe ich herzlich
wenig«, sagte Wespe und knipste sein Grinsen aus. »Als wir eben ankamen, haben
wir Harald Riemer vorgefunden. Im Terrassenzimmer. Er war bei Bewusstsein. Aber
er kann sich nicht bewegen. Seine Wirbelsäule hat offensichtlich was
abgekriegt. Zwischendurch ist er mehrfach weggesackt, wurde aber immer wieder
wach und hat sogar eine Aussage gemacht.«
    »Nämlich?«, fragte Tim.
    »Er wohnt in der Nähe. Vorhin
ging er spazieren. Hier vorbei. Dabei bemerkte er einen Lichtschein hinter den
Fenstern, was aber eigentlich nicht sein konnte, weil — wie er wusste — die
Hausherrin heute und morgen verreist ist, eine gewisse Angela Parth, die er gut
kennt. Also sah er nach. Kommt mal mit.«
    Er schlurfte los ins
Terrassenzimmer, in das der Nachtwind durch die zertrümmerte Terrassentür
hereinwehte.
    »Er hat also«, sagte Tim,
»einen Einbrecher überrascht und ist dabei nur zweiter Sieger geworden.«
    »Du sagst es«, nickte Wespe.
»Riemer wurde hinterrücks niedergeschlagen. Vermutlich damit.« Wespe wies auf
ein kurzes Stemmeisen, das auf einem Sessel lag und noch mit dem Preisschild
versehen war.
    »Dieser Riemer sah aber selbst
wie ein Einbrecher aus«, meinte Klößchen. »So schwarz gekleidet. Und außerdem hatte
er Handschuhe an den Vorderhufen.«
    Tim betrachtete das Stemmeisen
aus der Nähe, ohne es zu berühren. »Wenn man damit zuschlägt, ist eine
Beerdigung fällig. Wie hat er das überstanden?«
    »Überstanden hat Riemer noch
gar nichts. Der Notarzt ist nicht sehr optimistisch. Damit meine ich

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