Es geschah in einer Sommernacht
ihre Verletzungen noch heilten. Nach allem, was er in Erfahrung gebracht hatte, hatte sie Glück, überhaupt wieder gehen zu können.
Beim Gedanken daran, dass sie so knapp davongekommen war, brach ihm der kalte Schweiß aus.
„Was möchten Sie? Likör, Wein, einen Saft? Oder lieber Kaffee?“
„Einen Saft, bitte.“
Als er von der Hausbar zurückkam, saß Marina in einem Ohrensessel und strich mit der Handfläche über ihren Rock.
All seine Aufmerksamkeit gehörte sofort dieser Bewegung. Es war eine eher nervöse Geste. Sein Puls begann zu rasen, als er sich vorstellte, dass es anstatt ihrer seine Hand war, die ihren Schenkel berührte. Ihn von unten nach oben streichelte, über die feine Strumpfhose hinweg und unter ihren Rock. Oder vielleicht trug sie gar keine Strumpfhose? Vielleicht waren es Strümpfe und Strapse.
Ronan bekam eine Gänsehaut von der erotischen Kraft dieses Bildes. Fast spürte er Marinas weiche Haut tatsächlich unter seinen zitternden Fingern.
Er blieb stehen und kippte seinen Drink hinunter. Wie Feuer brannte er in seiner Kehle. So ging man eigentlich nicht mit einem achtzigjährigen Whiskey um.
Marina hatte keine Ahnung, wie sehr diese Geste ihre herrlich geschwungenen Beine betonte. Wie sehr sie ihre natürliche Sinnlichkeit unterstrich. Überhaupt hatte sie nichtdiegeringsteAhnung von derWirkung ihres Körpers! Er, Ronan, hatte es schon in der ersten Nacht bemerkt. Dieser Körper war der einer Göttin. Jede ihrer fantastischen Kurven, jede elegante Linie war unglaublich sexy. Aber sie tat so, als müsse sie sich verstecken.
Sogar jetzt, nachdem sie schon seit Tagen Kleider trug, die jeden Mann um denVerstand brachten, benahm sie sich, als wären es Kartoffelsäcke.
„Danke“, murmelte Marina, als er ihr das Glas reichte. Sie sah ihm nicht in die Augen, und wie immer passte sie auf, dass sie ihn nicht unnötig berührte. Offenbar fühlte sie sich in seiner Gegenwart immer noch nicht wohl.
Nicht wohl!
Er litt Qualen, seit sie bei ihm wohnte. Sein Körper schmerzte vor mühsamer Selbstbeherrschung. Es tat weh, eine Lust zu unterdrücken, die so stark war, dass er Angst hatte, bald zu explodieren.
Marina machte ihn verrückt.
Seufzend ließ er sich in einen Sessel fallen, der weit weg genug von ihrem stand, und stellte sein leeres Glas auf den Couchtisch.
„Ein wirklich schöner Raum“, bemerkte sie, während sie sich umschaute.
Aha, sie wollte also eine höfliche, belanglose Unterhaltung führen. Er biss die Zähne zusammen und fragte sich, wie lange sie es wohl noch schaffte, ihn nicht anzusehen. „Danke.“
„Sie haben wahrscheinlich einen Innenarchitekten beauftragt?“
„Nein. Zumindest keinen ausgebildeten. Meine Schwester hat es gemacht.“ Als Ronan seine Schwester erwähnte, ließ die verlangende Hitze in seinen Adern etwas nach. Stattdessen spürte er eine andere Form von Anspannung.
„Sie hat Talent.“ Marina meinte es ehrlich, das merkte man ihr an. Er hatte diesen Raum von Anfang an gemocht, mit seinem eleganten Schnitt und der unvergleichlichen Aussicht. Aber erst Cleo hatte ihn zu etwas Besonderem gemacht.
„Danke. Ich werde meiner Schwester sagen, dass es Ihnen gefällt.“
„Sie haben neulich erwähnt, dass sie in Perth lebt. Studiert sie dort?“
„Nein.“ Sein Ton klang überraschend harsch. Er sah, wie Marina zusammenzuckte. „Sie studiert im Moment nicht.“
„Ach so. Naja, es gibt bestimmt viel, was sie dort machen kann. Perth soll eine tolle Stadt sein.“
Sie nippte an ihrem Saft. Jetzt strich sie nicht mehr über ihren Rock, sondern spielte unsicher an ihrer perlenbesetzten Handtasche herum. Mist! Es war seine Schuld. Er hätte nicht gedacht, dass sie sich für Cleo interessieren könnte. Dabei hatte Cleo alles über sie wissen wollen, als sie das letzte Mal telefonierten. Sie hatte ihm sogar erlaubt, Marina alles zu erzählen, was Wakefield ihr angetan hatte. Sie glaubte, dass sie es wissen musste, damit ihr klar wurde, mit wem sie es zu tun hatte.
Ronan runzelte die Stirn. Er wollte Marina beschützen. So, wie du deine Schwester beschützt hast.
Seine Hände zitterten, als er daran dachte, wie er versagt hatte. Von der Schwere seiner Schuld wurde ihm beinahe übel.
Wie würde es sich erst anfühlen, wenn Wakefield Marina etwas antat? Hier im Haus war sie sicher vor dem Mistkerl, dafür würde er schon sorgen. Doch dann dachte er an all die Anrufe, die sein Personal abgewimmelt hatte. Wakefield versuchte seit Tagen, Marina zu
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