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Es gibt kein nächstes Mal

Es gibt kein nächstes Mal

Titel: Es gibt kein nächstes Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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vergangen war, als sie
ein leises Klopfen an ihrer Tür hörte.
    »Gem?« fragte sie und wischte sich die Augen an
dem Ärmel ihres Frotteebademantels trocken. Gemma war so früh gekommen, daß sie
noch keine Gelegenheit gehabt hatte, sich anzuziehen.
    »Ich bin es, Bob von unten«, sagte der
rötlichbraune Nachbar. »Kann ich irgend etwas für dich tun?«
    »Ja«, schrie Daisy die Tür an. »Zisch ab.«
     
    »Ich habe all meinen Kindern das Leben
verpfuscht!«
    Gemma hatte gewußt, daß an diesem Satz etwas
nicht stimmte, als Shirley ihr von Estellas letztem Anruf berichtet hatte, aber
sie war einfach nicht dahintergekommen, was es war. Natürlich würde man von
seinen beiden Kindern sprechen, wenn man nur zwei Kinder hatte, das hieß, wenn
man so etwas überhaupt sagte.
    Mir hast du das Leben nicht verpfuscht, dachte
Gemma plötzlich. Du hast einiges getan, wofür ich dich gehaßt habe, aber du
hast mir mein Leben nicht verpfuscht. Und Daisy hast du das Leben schon gar
nicht verpfuscht, ehe du dich umgebracht hast... warum also hast du diese
seltsamen Worte zu Shirley gesagt?
    Gemma sah aus dem Taxifenster auf die kleinen
Boote von Little Venice hinaus. Es war noch früh am Tag, doch in der Sonne war
es bereits heiß. Leute frühstückten auf Deck zwischen bemalten Töpfen mit
leuchtendroten Geranien. Der süßliche Geruch von gerösteten Kaffeebohnen wehte
durch das Taxifenster hinein, als sie an der Ampel losfuhren.
    Gemmas Mund war trocken, und sie war von dem
Krach mit Daisy erschöpft. Sie hoffte, Ralph würde sie mit einer Kanne frischen
Kaffees, der noch dampfte, an der Tür begrüßen. Sie war nicht sicher, ob er
wirklich verstanden hatte, was sie plante, als sie bei Tagesanbruch über seinen
schlafenden Körper gestiegen war und ihm zugeflüstert hatte, wohin sie
aufbrach.
    Dann überlegte sie es sich sofort wieder anders
und hoffte, er sei bereits gegangen. Sie wußte, daß das Team von Six Pack ihn zum Baseball und zu männlichen Vereinsriten erwartete. Sie war ganz
eindeutig nicht dazu eingeladen worden, was ihr nur recht war, da sie den Tag
für sich selbst brauchte. Sie wollte sich hinsetzen und sämtliche Briefe
gründlich durchlesen, noch einmal ganz von vorn anfangen und der Versuchung
widerstehen, sich das Telegramm mit seiner faszinierenden Nachricht als erstes
vorzunehmen. Sie wollte Antworten auf all ihre Fragen finden, ohne jemandem
etwas erklären zu müssen. Als das Taxi sie zu Hause absetzte, erwartete sie
bereits ungeduldig Ralphs Aufbruch, und das war ihr deutlich anzusehen.
    »Verurteilst du sie nicht etwas zu hart?« fragte
sie Ralph, nachdem Gemma ihm in knappen Worten erklärt hatte, was vorgefallen
war.
    »Du kennst Daisy nicht«, erwiderte Gemma
schroff.
    »Das ist wahr. Aber falls sie die anderen Briefe
doch nicht gelesen hat... und selbst wenn sie es getan hat... so wichtig ist
das doch nun auch wieder nicht, oder?«
    »Mir schon.«
    »Ich verstehe.«
    »Was soll denn das schon wieder heißen?« Sie
ging augenblicklich in die Defensive.
    »Gar nichts... hör zu, ich lasse dich jetzt
besser allein mit deiner Lektüre«, erbot er sich. »Ich rufe dich dann heute
abend an.«
    Gemma war schon wieder milder gestimmt.
Vielleicht war sie voreilig gewesen. Vielleicht war es tatsächlich nicht so
wichtig. Sie folgte Ralph an die Tür und schlang von hinten die Arme um ihn.
»Es tut mir leid«, flüsterte sie mit den Lippen an seinem Nacken.
    »Weshalb sollte dir etwas leid tun?« Er drehte
sich zu ihr um, nahm ihre Hände und sah ihr in die Augen.
    Sie hielt seinem Blick so lange wie möglich
stand. »Wir sehen uns dann später?« sagte sie.
    »Ja.« Er ging, ohne sich noch einmal umzudrehen
und zu winken.
     
    März 1952
    Liebe Shirl,
    es hat mir so leid für Dich getan, die
Neuigkeiten zu hören. Ich drückte Dir wirklich ganz fest die Daumen.
    Wir haben auch keine besonders gute Zeit hinter
uns. Laune verbringt viel Zeit mit seinen Freunden, und er kann nicht sehr gut
mit Geld haushalten. Jedesmal, wenn ich ihm sage, daß wir uns vorsehen müssen,
sagt er, das sei typisch für die Tochter eines Ladenbesitzers, und dann komme
ich mir schäbig vor. Er sagt, bald wird er eine Ausstellung machen, und er sagt
auch, daß wir dann so viel Geld haben werden, daß wir gar nicht wissen, was wir
damit anfangen sollen. Aber wann findet diese verdammte Ausstellung, von der
ständig soviel geredet wird, endlich statt, fragte ich ihn, und er sagt, ich
habe kein Vertrauen zu ihm und das sei nicht

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