Es gibt kein nächstes Mal
schlaksiger Junge von etwa zwölf Jahren
öffnete ihr die Tür. »Sind Sie Daisy?« fragte er. Seine Stimme war rauh, da er
gerade im Stimmbruch war.
»Ja.«
»Cal!« rief der Junge. Er wandte sich ab und
ließ sie vor der Tür stehen.
Cal trug schwarze Jeans und ein Hemd, in dem
sogar Daisy den neuesten Dreß von Manchester United erkannte. »Du bist uns ganz
herzlich willkommen«, sagte er und hielt ihr die Hand hin. Daisy schüttelte
sie.
»Du hast dir die Haare abschneiden lassen«,
bemerkte er liebenswürdig, als sie sich an ihm vorbei in den schmalen Flur
zwängte. Dann fügte er hinzu: »Es sieht prima aus.«
Daisy hob automatisch eine Hand zu ihrem Kopf.
Sie fühlte sich reichlich exponiert. Wenn sie gewußt hätte, daß er sie ins Haus
seiner Eltern eingeladen hatte, dann hätte sie nicht ausgerechnet ihr rotes
Kleid aus Knitterseide ausgewählt. Der katholische Kitsch an den Wänden entging
ihr keineswegs, und sie kam sich ein wenig nuttig vor, wie damals, als sie in
Rom Urlaub gemacht hatte und ihr von einem Geistlichen, der von Kopf bis Fuß in
Schwarz gekleidet war, der Eintritt in den Petersdom verwehrt worden war, da
sie nur ein ärmelloses T-Shirt und Shorts trug.
Cal führte sie in die Küche. Dort tauchte seine
Mutter aus dichten Dampfwolken auf. Sie war gerade dabei, einen riesigen Braten
von einem Backblech auf eine ovale Servierplatte zu befördern. Töpfe mit Gemüse
standen auf dem Herd. Eine Reihe von Schüsseln war bereit, um den Inhalt der
Töpfe aufzunehmen. Daisy ahnte instinktiv, daß man die Schüsseln eigens
ihretwegen rausgeholt hatte.
»Es freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte Cals
Mutter und wischte sich eine Hand an der Schürze ab. Sie lächelte und zeigte
dabei zwei ebenso perfekte Zahnreihen wie ihr Sohn.
»Mich freut es auch sehr, Ihre Bekanntschaft zu
machen«, erwiderte Daisy. »Ich dachte, ich würde es nur mit Leuten von der
Presse und vom Fernsehen zu tun haben«, sagte sie erleichtert, und als sie sah,
wie Mrs. Costelloes Gesicht lang wurde, fügte sie eilig hinzu: »Aber so ist es
mir ja viel lieber!«
Die Costelloes hatten fünf Kinder. Cal war der
Älteste, und dann waren da noch Desmond, der Junge, der ihr die Tür geöffnet
hatte, und Marie und Maeve, die Zwillinge, die fünfzehn waren und ständig
kicherten, und schließlich seine Schwester Nuala, die kürzlich ihren
Führerschein gemacht hatte. Für sie hatte Cal den Wagen gekauft, der vor der
Tür stand und von Joe, Nualas Verlobtem, der ebenfalls zum Mittagessen
erschienen war, offensichtlich sehr bewundert wurde, wogegen er Cals Mutter
großen Kummer bereitete.
»Innerhalb von einer Woche wird er gestohlen
werden«, sagte sie, nachdem sie sämtliche Sicherheitsrisiken ausgiebig erörtert
hatte.
»Mietet eine Garage«, mischte sich Cal
vermittelnd ein. »Ich übernehme die Kosten.«
»Ja, das ist die Lösung«, schloß sich Daisy an,
weil sie etwas Hilfreiches einwerfen wollte. »Das größte Problem am Autofahren
ist das Parken. Ich kann mich nie erinnern, wo ich meinen Wagen stehenlassen
habe. Meistens läuft es dann darauf hinaus, daß ich ein Taxi nehme.«
Cal sah sie an und lächelte. »Das Essen ist
übrigens köstlich«, sagte Daisy und schaufelte Rinderbraten und Sauce in ihren
Mund. »Es ist schon Ewigkeiten her, seit ich das letzte Mal an einem Sonntag
ein richtiges Mittagessen vorgesetzt bekommen habe. Wenn ich es mir recht
überlege«, fuhr sie fröhlich fort, »kann ich mich noch nicht einmal daran
erinnern, wann ich das letzte Mal eine ordentliche Mahlzeit zu mir genommen
habe. Vielleicht war es der Tintenfisch. Nein, das kann nicht sein... ich war
in Griechenland«, fügte sie hinzu, als ihr auffiel, daß alle sie anstarrten.
Die Zwillinge hielten sich bei ihrem Bemühen,
das Essen nicht über die ganze Tischdecke zu spucken, die Hände vor den Mund,
während sie erfolglos versuchten, ihr Gelächter zu unterdrücken.
»Dann leben Sie wohl allein?« fragte Cals Vater.
Daisy zögerte. »Ja, vermutlich könnte man das so
sagen.« Dann zuckte sie zusammen, als Mr. Costelloe plötzlich die Zwillinge
anschrie: »Verschwindet, wenn ihr euch nicht benehmen könnt!«
»Sie scheinen sich Ihrer Sache nicht ganz sicher
zu sein.« Er wandte sich mit einem äußerst einnehmenden Lächeln wieder an
Daisy. Sie konnte deutlich sehen, daß er früher einmal, und zwar vor gar nicht
allzu langer Zeit, fast so sexy gewesen war wie sein berühmter Sohn.
»Tja, die Sache ist die, daß ich jahrelang
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