Es gibt kein nächstes Mal
wiedergutmachen konnte.
Ihre Liebe zu Oliver verursachte ihr körperliche
Schmerzen. Immer, wenn er in ihrer Nähe war, fühlte sie eine Art Anspannung in
ihrem Magen. Wenn sie neben ihm auf dem Sofa saß, verzehrte sie sich nach ihm.
Ihre Schenkel lechzten danach, gespreizt zu werden, und zwischen den Beinen
hatte sie ein hohles Gefühl und spürte eine Leere, die inständig darum flehte,
ausgefüllt zu werden.
Er brachte nie eine andere Frau mit nach Hause.
Er sprach nie von einer Freundin, obwohl seine Reminiszenzen an ferne Inseln
und britische Hoheitsgebiete, die er aufgesucht hatte, mit exotischen Frauen
gespickt waren. Ganz besonders genüßlich erzählte er von einer Ärztin, die ihm
auf den Bermudas den Blinddarm rausgenommen und ihm einen Heiratsantrag gemacht
hatte, als die Wirkung der Narkose nachließ. Gemma wußte, daß sie sich an
solchen Frauen nicht messen konnte, doch sie tröstete sich damit, daß er sich
entschieden hatte, mit ihr zusammenzuleben, und daß sie alles in allem sehr gut
miteinander auskamen.
Und dann war da auch noch dieser erste Blick
gewesen. Sie war ganz sicher, daß auch er es wahrgenommen hatte.
Sie behandelte ihn gut, sie hielt das Haus
sauber, und sie sammelte die Sonntagszeitungen auf, die er im vorderen Zimmer
verstreute. Diese Dinge wußte er zu schätzen. Sie erkannte es daran, wie er sie
anlächelte und ihr gelegentlich über den Kopf strich.
Als sie endlich beschloß, mit Kathy über ihr
Dilemma zu reden, einigten sie sich darauf, daß er Bindungsschwierigkeiten
haben mußte. Kathy glaubte außerdem, möglicherweise wolle er nicht, daß das
harmonische Verhältnis, das zwischen ihnen bestand, im letzten Trimester vor
den Abschlußprüfungen durch irgend etwas beeinträchtigt wurde. Vielleicht war
es zu kostbar, um es zu gefährden, erklärte sie Kathy, Sex, und insbesondere
der explosive, leidenschaftliche Sex, zu dem es zwischen ihnen zwangsläufig
kommen würde, könnte eine Ablenkung darstellen, und Oliver hatte schon oft
seine Absicht kundgetan, sein Studium mit einem guten Notenschnitt
abzuschließen. Sie gelangten zu der Schlußfolgerung, Gemma solle geduldig sein.
Nach den Abschlußprüfungen könnte sie sich, falls bis dahin immer noch nichts
passiert war, bedenkenlos auf ihn stürzen.
Im Bodleian ertappte sie sich manchmal dabei,
daß sie ins Leere starrte und sich ausmalte, mit Oliver zu schlafen: Er kam
herein, während sie aus einem der höheren Regale ein Buch auswählte. Plötzlich
spürte sie, wie ihre Beine gestreichelt wurden, während sie in der Bibliothek
auf einer Leiter stand, und sie glitt die Leiter hinunter in seine Arme, und
dann trug er sie hinaus, an den Reihen von Studentinnen vorbei, die mit
gesenkten Köpfen dasaßen und so taten, als sähen sie nichts. Sowie sie das
steinerne Treppenhaus dieses alten Gebäudes erreicht hatten, konnten sie sich
nicht länger zusammenreißen. Die kalten Steinstufen preßten sich in ihren
Rücken, und der Kopf fiel ihr in den Nacken, als er sie küßte und der Geruch
des Staubs von Jahrhunderten sich mit seinem Schweiß vermischte.
Sie mußte in eine Aura sexueller
Erwartungshaltung gehüllt gewesen sein, denn eines Tages und an allen
darauffolgenden Tagen fand sie jedesmal, wenn sie zum Mittagessen oder auf eine
Tasse Tee die Bibliothek verließ, bei ihrer Rückkehr eine einzelne rote Rose
und Nachrichten auf ihrem Schreibtisch vor. Das erste Mal hatte ihr Herz einen
Freudensprung gemacht, denn im ersten Moment gestattete sie es sich, zu
glauben... aber, argumentierte sie dann vernünftig, so etwas hätte Oliver
einfach nicht getan. Schließlich gab sich ein sehr nett aussehender Junge vom
Trinity als ihr Bewunderer zu erkennen. Sie bedankte sich bei ihm und sagte,
sie hätte zuviel zu tun, um auf einen Drink oder auch nur auf einen Kaffee in
sein College zu kommen, und sie bemühte sich, gegen die Tränen äußerster
Niedergeschlagenheit anzukämpfen, weil sich hiermit endgültig herausgestellt
hatte, daß der Absender wirklich nicht Oliver gewesen war.
In New York war ihr das Vergessen leichter
gefallen. In New York hatte sie nur ein einziges Mal einen Akzent aus Liverpool
gehört, und es war noch dazu eine Frauenstimme gewesen. Hier kam ihr diese seltsame
vokalische Betonung in der U-Bahn täglich zu Ohren.
Als sie beschlossen hatte, wieder nach Hause zu
gehen, war sie sicher gewesen, den Kummer und den Verlust längst überwunden zu
haben. Er war von einem neuen Kummer und einem anderen,
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