Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es grünt so grün

Es grünt so grün

Titel: Es grünt so grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ward Moore
Vom Netzwerk:
mußte.
    Als ich Los Angeles verlassen hatte, hätte eine Karte des Downtown-Bezirks dem Profil einer Schüssel geähnelt. Jetzt war er eine Flasche, von der nur der enge Hals frei war. Das Unkraut hatte sich über Pasadena hergemacht und folgte der Biegung des Huntingdon Drive, während der andere Zangengriff im Süden sich an Soto Street entlang in die Boyle Heights vortastete. Nur unter großen Schwierigkeiten gelangte ich durch die Polizeiketten in den dem Untergang geweihten Bezirk.
    Wenn ich den öden Beverly Boulevard vor drei Tagen noch für einen traurigen Anblick gehalten hatte, was soll ich denn über meinen Eindruck vom Nervenzentrum der Stadt in seinen letzten Stunden sagen? Verlassene Autos standen in den Straßen an der Stelle, wo ihnen das Benzin ausgegangen war oder ein winziger technischer Fehler sie stillgelegt hatte. Tote Straßenbahnen standen wie das von der Kugel des Jägers gefällte Großwild dort, wo sie vom Ausfall des Stroms überrascht worden waren. Die hochragenden Gebäude strahlten Verlassenheit aus, als hätte die jetzt in ihnen herrschende Leere den Oberflächenglanz stumpf und ihr Aussehen trübe und farblos gemacht.
    Aber stellen Sie sich den Kontrast zwischen der sterben den Stadt und der Mauer lebendigen Grüns vor, das sich immer höher türmt, darauf vorbereitet, den verhängten Urteilsspruch auszuführen, dann wird das Opfer in der Gegenwart des Vollstreckers unbedeutend. Ich wurde an die Grube erinnert, in der Gootes starb, denn hier erhob sich mit Ausnahme einer kleinen Stelle das Gras wie das Innere eines Ofenrohrs, zum Himmel; aber mir widerfuhr weder die gleiche Verzweiflung noch die unerklärliche Hochstimmung wie vorher in den Hügeln, vielleicht, weil das Loch viel größer war oder weil sich das lebende Ding nicht unter meinen Füßen befand, um diese Empfindungen direkt zu vermitteln.
    Offenbar war es zu einigen Plünderungen gekommen, wohl weniger aus Habgier, als aus dem natürlichen Antrieb der menschlichen Natur heraus, zu stehlen und gesetzwidrig zu handeln, sobald die Wachsamkeit der Polizei nachläßt. Hier und da lagen Geschäfte zur Straße hin völlig offen, ihr Inhalt war überall verstreut. Aber solche Szenen waren überraschend selten; die Unmöglichkeit, Diebesgut oder sonstige Sachen wegzutransportieren, wirkte abschreckender als die Moral. Auf die eine oder andere Art, so heißt es, zahle sich Verbrechen eben nicht aus.
    Nur wenige Leute waren zu sehen, und diese wenigen waren scharf in zwei Kategorien unterteilt: die einen, die eindeutig auf Anschluß eines Geschäfts aus waren, rannten hektisch mit Papieren, Aktenmappen oder Wertgegenständen in den Händen umher; und die anderen, die offenbar kein Ziel hatten, dösten teilnahmslos vor sich hin, stolperten über Bordsteine, während sie dahinschlurften und warfen verstohlene Blicke auf den grünen Gletscher im Hintergrund.
    In der Redaktion befanden sich nur Leute der ersten Kategorie. Zum ersten Mal, so lange die Mitarbeiter zurückdenken konnten, hatte Le ffaçasé sein Büro verlassen. Immer noch ohne Kragen, die Schnupftabakdose in der Hand, kommandierte er napoleonisch den Umzug all der Gegenstände, ohne die eine Zeitung nicht weitermachen konnte. Er war beherrscht und sachlich, schien seine Augen überall zu haben und alles zu wissen, was im ganzen Gebäude vorging. Er gönnte mir weder einen Gruß, noch Vorwürfe, ja er schaute nicht einmal in meine Richtung, sondern spürte meine Anwesenheit irgendwie durch den Rücken, denn ohne sich umzudrehen sagte er: „Weener, wenn Sie mit Ihren merkwürdigen Wanderungen fertig sind, dann bringen Sie die beiden Aktenbündel mit den Zeichen E 1925 und E 1926 nach Pomona. Wenn Sie nur ein einziges Stückchen Papier verkramen – der Eintausch von tausend Weeners könnte es nicht ersetzen –, dann wird ihr jämmerlicher Körper an vier Traktoren gebunden, die in verschiedene Richtungen ziehen. Kommen Sie nicht hierher zurück, sondern versuchen Sie ein einziges Mal, die Schande Ihrer Geburt zu tilgen und gehen Sie raus, um diese Frau Francis zu interviewen. Bringen Sie eine Story zurück, die etwas Vernünftiges aussagt, komplett, kurz und bündig, oder begehen Sie die erste vernünftige Handlung Ihres Lebens mit einer Waffe Ihrer Wahl und stellen Sie sie dem Intelligencer in Rechnung!“
    „Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wo Miss Francis zu finden ist.“
    Er nahm eine Prise Schnupftabak, gab vier oder fünf an deren Leuten Anordnungen und fuhr

Weitere Kostenlose Bücher