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Es grünt so grün

Es grünt so grün

Titel: Es grünt so grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ward Moore
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warten, bis das Gras stirbt.“
    „Oder bis es auf ein unüberwindliches Objekt trifft“, ergänzte Miss Francis.
    Mein Glaube an unüberwindliche Objekte war irgendwie erschlittert. „Wie lange, glauben Sie, dauert es, bis das Gras stirbt?“ fragte ich.
    Sie betrachtete mich prüfend, als sei ich ein Kind, das eine absurde Frage gestellt hatte. „Möglicherweise tausend Jahre.“
    Meine Begeisterung war verflogen. Aber nachdem ich sie verlassen hatte, fiel mir ein, wie gewisse Menschen stets nach der schlechten Seite der Dinge Ausschau halten. Optimist zu sein, kostet nicht mehr, als Pessimist zu sein; die Sonne läßt die Blumen wachsen, nicht die Wolken; und wenn Miss Francis sich für die Meinung entschied, das Gras könnte tausend Jahre leben, dann war ich ebenso frei zu denken, es könnte nächste Woche sterben. Gestärkt durch diese Portion Alltagsphilosophie, die ebenso wertvoll war wie das in dicken Wälzern verstaute Zeug, schrieb ich mein Interview. Sorgsam hielt ich mich an alle Beschränkungen und Einengungen, die mir ein engstirniger Herausgeber aufgezwungen hatte. Wenn ich den Ablauf der Ereignisse vorwegnehmen darf, so erschien das Interview am nächsten Tag in fast erkennbarer Form unter der Schlagzeile: DAS ABNORME GRAS STIRBT BALD, SAGT SEINE SCHÖPFERIN.
     
    29.
     
    Die kleine Stadt Pomona war durch die Verlagerung vieler Firmen, die Los Angeles verlassen mußten, zu beachtlicher Größe angeschwollen. Normale Bürger, die keine schwerwiegenden Verpflichtungen hatten, als sie entwurzelt wurden, hatten nur den Gedanken, eine möglichst große Entfernung zwischen sich und ihren Verfolger zu bringen. Aber die hohen Beamten, die Industriellen, die Geschäftsleute und die Belegschaften großer Zeitungen blieben in der Nähe, wie kleine Jungen in der Nähe des Astlochs im Zaun um den Ballspielplatz bleiben, wenn der Platzwart sie von dort vertrieben hat.
    Der Intelligencer wurde über der Druckerei eines Lokalblatts untergebracht, das der Verdrängung mit heuchlerischen Versicherungen, was dies doch für eine große Ehre sei, zugestimmt hatte; von der Bezahlung war nicht die Rede. Unter den Namen der großen Zeitungen waren – in den kleinsten Lettern, die möglich waren – die Worte eingerückt: und Pomona Post-Telegram.
    So war die ganze Belegschaft samt aller Akten der Großstadt-Tageszeitung auf unzulänglichem Raum untergebracht. Kein Wunder, daß das Durcheinander alle Möglichkeiten normaler Routine ausschaltete. Hinzu kam, daß das Zusammenbrechen der Zugfahrpläne die Auslieferung der Post zu einem Glücksspiel werden ließ. Vielleicht kam es daher, daß ich erst nach der Rückkehr von meinem Interview mit Miss Francis, Wochen nach Fälligkeit, meine Schecks vom Weekly Ruminant und vom Honeycomb erhielt.
    Vielleicht war es die Atmosphäre der plötzlich aufblühenden Stadt, vielleicht lag es auch daran, daß ich gleichzeitig mein wöchentliches Gehalt bekam – jedenfalls nahm ich, von einem unergründlichen Impuls bewegt, die beiden Schecks mit zu einem Friseurladen, wo sich, vielleicht nicht ganz passend, eine bekannte Börsenmaklerfirma aus Los Angeles einquartiert hatte. Ich drängte die Schecks einem besorgt dreinblickenden Individuum – das zu schweigsam war, um mit dem Friseur verwechselt zu werden – auf und eilte mit den Worten „Kaufen Sie mir alle Aktien von Consolidated Pemmican and Allied Concentrates, die es dafür gibt“ hinaus, bevor nüchternes Nachdenken mich meine Meinung ändern ließ.
    Denn mit Gewißheit handelte es sich nicht um eine Investition, die mein kühles Urteil gutheißen würde, sondern um nichts anderes als eine unausgegorene Vorahnung, die mich dazu brachte, mich auf eine Spekulation einzulassen. Ich ging zu dem Schreibtisch zurück, den ich mit zehn anderen teilte, dachte voller Bedauern an die Sachen, die ich mit dem Geld hätte kaufen können, und schalt mich selbst für meine Voreiligkeit. Nur der ungewöhnliche Druck der Ereignisse konnte mich veranlaßt haben, einem so irrationalen Impuls nachzugeben.
    In der Zwischenzeit überschlugen sich die Ereignisse. Kaum waren die letzten Angestellten des Intelligencer ausgezogen, da hatten sich die beiden Zangenhälften des Unkrauts geschlossen und Millionenwerte unter sich begraben. Der Plan, das Gras zu bombardieren, der einige Wochen lang geruht hatte, konnte nicht länger verneint werden.
    Selbst seine glühendsten Vertreter gaben jetzt widerstrebend zu, daß normaler Sprengstoff wirkungslos

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