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Es grünt so grün

Es grünt so grün

Titel: Es grünt so grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ward Moore
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seiner Töchter auf dem Schreibtisch und seine respektvollen Bemerkungen über Frauen deuteten darauf hin, daß er nicht der Soldatentyp des Draufgängers war. Aber als er vor jener Mahagoni-Bar saß, fielen alle Hemmungen, alle Fesseln der Konvention, jegliche Selbstverleugnung und die ihm eingebläuten Repressionen rasch und vollständig von ihm ab. Er blaffte dem Barkeeper, der ihn zu kennen schien, seine Bestellungen zu, als spreche er zu einer Paradeformation undisziplinierter Truppen.
    General Thario trank nicht nur enorm, sondern brach auch alle Regeln, die meines Wissens je über das Trinken niedergelegt wurden. Er begann mit einem kleinen, stämmigen Glas, halb mit Cognac und halb mit Whisky gefüllt. Dann folgte ein großes Trinkglas – „zwölf volle Unzen … keiner von euren Acht-Unzen-Fingerhüten … keine Kinkerlitzchen“ – mit Sekt, in das der Barkeeper nach seinen Anweisungen und unter seinen kritischen Blicken zwei Meßbecher Rum schüttete. Dann wischte er die Lippen mit einem Taschentuch ab und machte sich mit ernster Miene über seine Mischung aus Benedictine und Tequila her. Je mehr er trank, desto länger, vollständiger und zusammenhängender wurden seine Sätze; sein Bauch ging zurück, seine Brust weitete sich, und zum ersten Mal bemerkte ich die Reihen mit Ordensbändchen, die seine Behauptung belegten, daß er kein Schreibtischsoldat sei.
    Er schlürfte gerade an einem Curaçao, der mit einem guten Schuß Apfelbranntwein gewürzt war, als er vorschlug, unser Abendessen herkommen zu lassen, anstatt diesen gemütlichen Fleck zu verlassen. „Wenn man es genau betrachtet, Mr. Weener – wissen Sie was, ich werde Sie Albert nennen, wenn Sie nichts dagegen haben …“
    Mit aller Herzlichkeit, zu der ich fähig war, sagte ich ihm, ich hätte nichts dagegen.
    „Wenn man es genau betrachtet, Albert, habe ich mein unglückseliges Leben zwei Künsten gewidmet: dem Militär und der Trinkerei. Wie Sie vielleicht bemerkt haben, haben die jämmerlichen Geschöpfe auf der falschen Seite einer Bar eine von zwei tadelnswerten Eigenschaften angenommen: Entweder behandeln sie das Trinken, als hätte das Vermischen von Flüssigkeiten den Zweck, den Schnickschnack eines französischen Küchenchefs zu imitieren – ein Spritzer Bittergetränk, etwas Orange, eine Olive, Kirsche oder Zwiebel, die man aus ihrem eigentlichen Platz in der Salatschüssel geholt hat, ein Kringel Zitronenschale, ein Minzezweig oder ein Zuckerstück und eine Pipette voll Whisky –, oder aber sie verfallen ins genaue Gegenteil und schlucken jeden Fusel, den man ihnen vorsetzt und der ihr stumpfsinniges Hirn verwirrt und ihren ohnehin unkritischen Geschmack noch weiter schrumpfen läßt. Jede dieser Verhaltensweisen sind meiner Natur und meiner Philosophie fremd. Ich glaube, die glücklichsten Mischungen von Schnäpsen sind die einfachen, die nur zwei Zutaten enthalten, von denen jede einzelne edel sein sollte – das heißt, auch für sich trinkbar.“
    Er hob ein frischgefülltes Glas, das Weinbrand und Arrak enthielt. „Ohne Zweifel haben Sie die Weltoffenheit meines Geschmacks bemerkt; ich decke die ganze Skala vom indischen Usquebaugh bis zum Sake ab, obwohl ich während des derzeitigen Konflikts aus einsichtigen patriotischen Gründen Wodka von meiner Liste gestrichen habe, und als Mann, der südlich der Mason-Dixon-Linie geboren wurde, überlasse ich den Gin den Schwarzen.“
    Ich muß zugeben, daß ich die Neigung verspürte, General Thario zu mögen, auch wenn mich seine Art zu trinken etwas stutzig machte, aber ich brannte darauf, über den Auftrag für Consolidated Pemmican zu sprechen. Jedesmal, wenn ich das Thema anschneiden wollte, winkte er mit großer Geste ab. „Das Essen“, stellte er fest, als die Kellner die Tabletts hereinbrachten. „Jawohl, kein Drink ist vollständig ohne ein bißchen Essen zur Garnierung. Essen in Maßen schätze ich; aber merken Sie sich meine Worte, Albert, der Mann, der eine Mahlzeit mit leerem Magen zu sich nimmt, gräbt sich sein Grab mit den eigenen Zähnen.“
    Wenn ich schon nicht übers Geschäft reden konnte, blieb mir nur die Hoffnung, daß seine Freundlichkeit erhalten blieb, bis ich ihn am nächsten Tag in seinem Büro wiedersah. Ich entspannte mich, soweit es mir möglich war, um ganz einfach seine Gesellschaft zu genießen. „Es mag Sie überrascht haben, Albert, daß ich mein Leben als unglückselig bezeichnet habe, aber das Adjektiv ist zutreffend. Abscheulich

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