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Es interessiert mich nicht, aber das kann ich nicht beweisen. Roman

Es interessiert mich nicht, aber das kann ich nicht beweisen. Roman

Titel: Es interessiert mich nicht, aber das kann ich nicht beweisen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Spilker
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Arten von Rinde. Ab und zu bleibe ich mit der Hand an einem Ast hängen. Dann biege ich ihn und halte ihn beim Weitergehen fest, so lange ich kann. Das gilt noch nicht als »Stock in die Hand nehmen«. »Stock in die Hand nehmen« ist, wenn man sich bückt und einen toten Ast vom Weg aufhebt. Das ist verboten.
    Eine Voicemail vom Vermieter: »Ja, schönen guten Tag, Herr Troppelmann!« Seine Stimme klingt wie die eines Staubsaugervertreters kurz vor der Pensionierung. »Leider konnte ich Sie gestern nicht erreichen. Es gibt da ein kleines Problem mit Ihrem Vertrag. Bitte melden Sie sich doch bei mir, dringend!«
    Mit einem Liter Kaffee im Blut, aber immer noch nicht ganz wach, rufe ich ihn eine Stunde später zurück.
    »Guten Tag, Herr Troppelmann! Schön, dass Sie anrufen!« Er kommt sofort zur Sache. »Sie haben mir den Vertrag gar nicht zurückgeschickt.«
    »Ja, tut mir leid, ich bin noch nicht dazu gekommen, weil es dauernd etwas Dringenderes gab, das kennen Sie als Geschäftsmann ja sicher, aber …«
    »Gewiss, Herr Troppelmann, gewiss. Ich bin auch nicht davon ausgegangen, dass Sie kündigen wollen, nach unserem letzten Gespräch. Aber als Geschäftsmann werden Sie verstehen, dass ich einem anderen vorliegenden Angebot nachgehen muss, wenn es einen besseren Ertrag verspricht.«
    »Ja, aber wer hat denn Interesse, diesen, diesen …?«
    »Das darf ich Ihnen leider nicht sagen, Herr Troppelmann. Jedenfalls müssen Sie bedauerlicherweise davon ausgehen, dass Ihnen die Räume ab Januar nicht mehr zur Verfügung stehen.«
    »Ab Januar? Aber … das ist ziemlich plötzlich!«
    »Ja, tut mir leid, Herr Troppelmann, aber das hat der neue Mieter zur Bedingung gemacht, da kann ich Ihnen leider überhaupt nicht entgegenkommen. Ihr Vertrag läuft nun mal zum ersten Ersten aus, das wissen Sie ja.«
    Zum ersten Ersten. Wenn ich das schon höre. Es gibt keinen schrecklicheren Ausdruck in der deutschen Sprache. Der nächste Erste ist eigentlich immer mit irgendeinem Ultimatum verbunden. Und der erste Erste ist der König von all den Ersten. Die Preußen hätten sogar ihre Kriege zum nächsten Ersten erklärt, wenn das nicht von taktischem Nachteil gewesen wäre.
    »Die Details können Sie ja dann mit Herrn Schröter besprechen. Ich bin leider spät dran, muss in eine Besprechung. Einen schönen Tag noch, Herr Troppelmann!«

    Es läuft also alles wie geplant. Nur dass es eben nicht mein eigener Plan ist. Es ist Schröters, oder wer auch immer sich ausgedacht hat, dass wir da raus sollen. Über meinem Kopf bildet sich eine dunkle Wolke aus Wut. Der erste, der mir im Büro mit einem breiten Grinsen entgegenkommt, wird es gewesen sein.
    Vielleicht aber auch nicht. Es gibt keinen Grund für den Sieger, seinen Triumph auszukosten, denn wir haben uns nicht gewehrt. Ich habe mich nicht gewehrt. Ich bin ganz brav zur Schlachtbank gegangen. Er hat seinen Willen bekommen und kann sich uns gegenüber jetzt gnädig zeigen.
    Ich mache mir keine Illusionen über meinen zukünftigen Status in der Gruppe. Er wird von »unsichtbarer, im Hintergrund tätiger Organisator und manchmal Beschaffer von Aufträgen« auf »absolutes Arschloch« heruntergestuft werden. Ich brenne nicht eben darauf, das am eigenen Leib zu erleben. Ich könnte einfach zu Hause bleiben.
    Kosten? Ach ja, Kosten könnten bei unserem Rausschmiss auch entstehen. Abgesehen davon, dass ja schon Schulden da sind. Für die meisten werde ich wohl allein aufkommen müssen.
    Ich setze mich auf einen Stuhl und gehe die Liste der Aushilfstätigkeiten durch, mit denen ich früher Geld verdient habe, wenn es eng wurde. Es ist eine lange Liste, aber die meisten dieser Jobs gibt es gar nicht mehr.

    Als ich gegen Mittag im Büro ankomme, hat sich die Neuigkeit schon herumgesprochen. Dimitri und seine Kumpels arbeiten in voller Lautstärke, um ihren Protest auszudrücken. Einige rollen nur mit den Augen, als ich eintrete, andere stehen auf und gehen mir demonstrativ aus dem Weg. Mein Schreibtisch liegt umgeworfen auf der Seite. Ich schaue mich um. Die einzige Person im Raum, die ein Lächeln im Gesicht hat, ist Martin. Und dieses Lächeln ist alles andere als freundlich.
    Nach zehn Minuten bin ich wieder unten auf der Straße.

7
    Neunundneunzig ungeöffnete Mails. Einunddreißig Voicemails. Wieder klingelt es irgendwo. Dann piept es. Etwas macht »Pling«. Ein Wunder, dass niemand gegen die Tür bollert. Ich will allein sein, verdammt noch mal. Ich schalte das Handy aus, verschließe

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