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Es ist ja so einfach

Es ist ja so einfach

Titel: Es ist ja so einfach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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Rücksicht nehmen mußte. Sie erklärte uns unzweideutig, warum wir mit seiner Anwesenheit beehrt wurden.
    »Hier ist es so still, und man ist ungestört. Mir selbst hat ein schlichtes Leben immer gefallen, und zur Abwechslung habe ich auch Freude an primitiven Dingen. Mein Mann hatte einfach das Gefühl, er müsse einmal von seinen Geschäften ausspannen, und das ist in erstklassigen Häusern nicht möglich, weil da stets jemand auftaucht, den man kennt. Hier ist er sicher, ganz inkognito zu leben, und das entschädigt ihn für alles.«
    Ich versuchte zu zeigen, daß mir das Kompliment Freude mache, während sie fortfuhr: »Mein Mann ist ein Mensch, der sich ständig Sorgen machen muß, Miss Napier. In Geldsachen ist er überaus heikel, obwohl er das gar nicht nötig hat. Daran sind seine Nerven schuld, aber er hat sich ständig eingeredet, es gehe ihm finanziell schlecht. Neuerdings ist es damit so schlimm geworden, daß ich tatsächlich einen Teil seiner Post, Rechnungen und so weiter, seiner Sekretärin ausgehändigt habe. Das kann ich hier selbstverständlich nicht. Wie ist es hier übrigens mit der Postzustellung?«
    Ich erklärte ihr, daß wir Landzustellung von Thurston aus hätten, daß der Wagen täglich gegen elf Uhr eintreffe und die Post von hier gleich mitnähme.
    »Nun, für ein paar Wochen werde ich dann auch so damit fertig werden können. Wenn nur keine großen Rechnungen eintreffen! Vermutlich geht die ganze Post durch Ihre Hände?«
    »Ja. Das heißt, unser Assistent holt sie aus dem Briefkasten an der Straße und bringt sie direkt ins Haus, wo wir sie sortieren und den Gästen ausliefern. Es könnten ja, wenn wir die Post von anderen Leuten herbringen ließen, Nachlässigkeiten vorkommen.«
    Das klang großartig geschäftstüchtig, und ich erwähnte nicht, daß wir es erst am Vorabend so beschlossen hatten. Auf Mrs. Boyd machte es den geziemenden Eindruck.
    »Wie ich sehe, haben Sie geschickt organisiert« sagte sie. »Dieses Camp ist noch neu, nicht wahr? Ich vermute aber, daß Sie nicht zum erstenmal so ein Unternehmen haben?«
    »Nein, direkt nicht«, erwiderte ich wachsam, »aber mein Bruder und ich stehen beide schon seit Jahren im Geschäftsleben, und da geht es ja genauso zu, nicht wahr?«
    Das hörte sich gut an, und ich mußte mir ein Lächeln verkneifen beim Gedanken an die geringe Ähnlichkeit, die Zeltlager mit Zeitungsredaktionen haben. Einerlei — wir wollten doch nicht als Neulinge erscheinen, damit uns nachher jeder Ratschläge gab, wie man so ein Camp leiten muß.
    Alles Geschäftliche war mir allein überlassen. Trina und Peter waren nur charmant, und sobald sich irgendwo ein Anzeichen von Unfrieden oder Unfug bemerkbar machte, schickten sie die Beschwerdeführer zu mir mit dem beruhigenden Hinweis: »Miss Napier wird das schon regeln.« Mir wurde klar, daß ich fortan die Tüchtige zu spielen hatte, während sie die Charmanten mimten; ich hatte nichts dagegen. Nein, sie mimten gar nicht, denn weder Peter noch Trina legten es darauf an, andernfalls hätten sie nur den guten Eindruck verdorben. Jeder mochte sie leiden, und einer mußte ja die Autorität im Hintergrund sein. Wie die Entwicklung zeigte, mußte das eben sein.
    Unsere Absicht war es gewesen, nur fünfundzwanzig Zeltplätze und Auto-Wohnkabinen abzugeben, was wir bei den geringen Möglichkeiten zum Kochen und Duschen für ausreichend hielten. Diese Plätze waren auf dem ebenen Gelände dicht hinter dem Strand, aber jenseits des Baches, abgesteckt. Da wir dreimal soviel Mieter hätten haben können, gaben wir schließlich den vielen dringenden Bitten nach und vermieteten noch ein paar Plätze mehr.
    Die Zeltgäste erwiesen sich als ein sonderbares Sortiment. Nach sechs Jahren Journalismus, vieren davon als >Tante Maudie<, meinte ich, daß ich alles über meine Mitmenschen wüßte, und gehörte sogar zu den Leuten, die diktatorisch erklärt hatten, die Menschen seien überall gleich. Jetzt aber erfuhr ich, daß sie das beileibe nicht waren — auf keinen Fall beim Zelten.
    So fesselnd sie jedoch als Studienobjekte sein mochten, ich hatte nicht viel Zeit, sie zu beobachten, weil es eine Menge Arbeit gab. Unser Tag begann schon um fünf Uhr früh, ehe einer der Zeltgäste sichtbar wurde. Zu dieser ungemütlichen Zeit gingen Trina, Peter und ich, gestärkt durch eine Tasse Tee, die wir schweigend tranken — ich sogar etwas mürrisch, weil ich es nicht gewohnt war, früh aufzustehen — , unsere getrennten Wege, jeder mit

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