Es ist ja so einfach
klopfen, Liebes. Mit solchen Worten fordert man das Unheil geradezu heraus.«
Doch ich lachte über diesen Aberglauben. Ich Idiotin.
Das Wetter war unerhört schön gewesen. Im Januar hatte es nur ein oder zwei leichte Schauer gegeben, und die Tage waren ruhig und windstill. Zum Zelten ideal, während John Muir allerdings gesagt hatte, die Farmer begännen sich wegen der Trockenheit schon Sorgen zu machen. Wir jedenfalls gratulierten uns tagtäglich, daß wir den nie versiegenden Bach hatten, der das Camp erst möglich machte.
Endlich aber, zwei Tage nach der Party trat eine Wetteränderung ein. Frühmorgens sah der Himmel am Horizont seltsam aus. Andy meinte, es gäbe bestimmt bald Sturm. Den ganzen Vormittag war die Atmosphäre bedrohlich drückend, und unsere Gäste schienen sich nun doch einmal matt und erschöpft zu fühlen. Noch regnete es nicht, aber der Himmel war nun schwarz von tiefhängenden Wolken. Überall zogen die Leute ihre Zeltseile straffer, die Wohnwagenbesitzer nahmen ihre Markisen ab und brachten die Faltstühle und Tische in Sicherheit. Als es dämmerte, brach der Sturm los.
Anfangs donnerte es nur, dann strömte der Regen, nicht in Schauern, sondern als schwerer dichter Guß, mit einer Wucht, daß es — um eine abgedroschene Redensart zu gebrauchen — so schien, als habe >der Himmel seine Schleusen geöffnet<. Zum Glück waren wir rechtzeitig gewarnt, und die Klugen hatten sich entsprechend darauf vorbereitet. Die Zeltplätze lagen zwar größtenteils auf ebenem Grund dicht am Strand, doch in dem leichten Boden mußte das Wasser ja gut wegsickern, und so hatten wir keine Sorge, daß Zelte weggeschwemmt werden könnten.
Andy und Venedig hatten sich früh zur Ruhe begeben, und wir waren ihrem Beispiel gefolgt. Der Tag war wegen der schwülfeuchten Luft anstrengend gewesen und, so weit wir durch den Regenvorhang sehen konnten, legten sich auch die Gäste früh schlafen. Das Trommeln des Regens auf dem Dach, das Geräusch der überfließenden Rinnen und das Glucksen der kleinen Wasserläufe, die zum Strand hinabströmten, mußten mich früh eingeschläfert haben.
Es war ein fester Schlaf, denn erst um zwei Uhr erwachte ich, und gründlich, mit dem ängstlichen Gefühl, daß Unangenehmes geschehen sein mußte. Von draußen war verwirrender Lärm zu hören, Wortfetzen, laute Schreie und — ich wollte es nicht glauben — Hilferufe. Ich sprang auf und lief in den Korridor. Im selben Moment ging Peters Tür auf und er kam, Hose und Rock über den Schlafanzug streifend, heraus. »Was ist denn nur los, zum Deubel?« fragte er, da hörten wir schon lautes Bumsen an der Hintertür.
»Hallo, da drin! Wacht auf und kommt helfen! Das Camp ist überschwemmt!«
Peter rannte, um aufzumachen. Der Regen fiel noch gleichmäßig, wenn auch nicht mehr so massiv, doch wir hatten Vollmond, der, obgleich er durch Wolken verdeckt war, ein geisterhaftes Licht über alles warf.
»Gütiger Gott!« rief Peter, der einen Moment wie angefroren stehenblieb und geradeaus starrte.
Ich schob mich an ihm vorbei und blieb auch bestürzt stehen. Auf der Veranda sah ich einen erregten Mann, der, triefend naß, in einem fort wild redete. Es war einer der neuen Gäste, Newton, dessen Zeltplatz unserem Hause am nächsten lag. Ich bemerkte kaum sein durchnäßtes Zeug oder seine Füße in den so ungeeigneten Filzpantoffeln, die sich schon auflösten — sondern hatte nur Augen für das Camp, das, so weit wir in dem schwachen Licht zu erkennen vermochten, auf einer Wasserfläche zu schwimmen schien. An den Wohnwagen war das Wasser ein ganzes Stück emporgestiegen, und die Zelte schwankten und schaukelten.
»Aber was ist denn geschehen?« forschte ich atemlos. »Wo kommt das Wasser denn alles her?«
»Weiß ich nicht, jedenfalls ist’s da, und die Sachen von sämtlichen Leuten schwimmen herum!« rief Newton. »Eine schöne Sauerei!« Das war noch untertrieben, denn im Camp herrschte ein wüster Tumult. Jeder schien zu schreien, Warnungen, Ratschläge und Jammern. Wie kam es bloß, das das Wasser in dem leichten Sandboden nicht abzog? Kein Regen konnte doch so etwas anrichten! Einen Augenblick hatte ich die phantastische Vorstellung von einer riesigen Flutwelle.
Aber was nützte alles Wieso und Warum! In zwei Minuten hatte Peter seine Hosen hochgekrempelt, einen Ölrock vom Haken im Hauseingang ergriffen und war draußen, um zu helfen. Ich flitzte in mein Zimmer zurück, schlüpfte in ein Hemd, Strandhosen und einen alten
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